OT: Konketsuji Rika
SEXPLOITATION: J, 1972
Regie: Kô NAKAHIRA
Darsteller: Rika Aoki, Emiko Azuma, Kazuko Nagamoto, Fumiki Satô
Rika ist das Kind einer Japanerin, die von zwei GIs vergewaltigt wurde. Als sie zur Jugendlichen herangewachsen ist, wird sie vom Freund ihrer Mutter vergewaltigt, worauf hin sie von zu Hause abhaut. Rika wird die Anführerin einer Mädchengang, doch nachdem sie in eine Besserungsanstalt eingewiesen wurde, werden ihre Mädchen von fiesen Kerlen entführt und sollen als billige Sexsklavinnen nach Vietnam gebracht werden, um sich dort an GIs zu verkaufen. Rika kann aus der Anstalt fliehen und versucht den Transport der Mädchen zu verhindern. Als das nicht gelingt, übt sie Rache an den Hintermännern.
Mit KONKETSUJI RIKA versuchten die renommierten TOHO-Studios in den 70ern Jahren etwas vom Exploitation-Kuchen abzubekommen. Sowohl die Nikkatsu als auch die Toei Studios feierten Erfolge mit ihren Mädchenbanden-Filmen. Nikkatsu hatte die STRAY CAT ROCK-Filme - in der die unvergleichliche Meiko Kaji ihre Karriere startete - und Toei hatte seine DELIQUENT GIRL BOSS-Reihe. Gleichzeitig feierte Toei einige enorme Erfolge mit ihren Pinky Violence-Filmen, die ein großes Publikum fanden und das brutalere Äquivalent zu Nikkatus Roman Pornos waren. Wer ein bisschen mehr zu den Hintergründen erfahren möchte, dem lege ich meinen kleinen Text PINK UND GEMEIN: TOEIS PINKY VIOLENCE-FILME ans Herz.
Toho jedenfalls versuchte mit KONKETSUJI RIKA ein ähnliches Franchise aufzubauen, wie es die Konkurrenten bereits geschafft hatten. Das ist sogar ganz gut gelungen, denn aus KONKETSUJI RIKA wurde eine Trilogie. Und das obwohl der Epigone fürs Nikkatsu-Publikum eigentlich zu brutal, fürs Toei-Stammpublikum aber zu zahm gewesen sein dürfte. Und in der Tat, verglichen mit den Grausamkeiten aus ZERO WOMAN - RED HANDCUFFS oder FEMALE YAKUZA TALE, wirkt RICA (so der weniger schön klingende internationale Verleihtitel) fast wie ein Film fürs Nachmittagsprogramm. Und das obwohl es trotzdem noch heiß hergeht.
Dazu hat Regissuer Kô NAKAHIRA so ziemlich alles an Genre-Elementen in seinen Film gepackt, was die Konkurrenz bei Toei auch gerne in ihren Filmen zeigt. Es gibt sogar mehrere Szenen in denen Rika in einem schäbigen und herrlich kitschig zusammengezimmerten Tanzlokal-Set eine Gesangseinlage zum Besten gibt. Dazu kommen Catfights, Messerstechereien, Schlägereien, grundlose Entkleidungen und Vergewaltigungen.
Das bunte Potpourri wird von einer Geschichte getragen, die sich gar nicht einfach wiedergeben lässt. Es passiert ständig etwas neues, fast am laufenden Band werden neue Figuren eingeführt, alte dafür entsorgt und wenn man glaubt die Geschichte steuert auf ihr Ende entgegen, nimmt sie wieder eine Abzweigung und zerfasert den Plot weiter. Manches, wie etwa der soziale Abstieg von Rikas Mutter, kommt sehr unerwartet, wodurch die Handlung leider etwas aufgebläht wirkt. Da ist es umso erstaunlicher, dass sich am Ende doch alles auflöst und alle Handlungsstränge zur Auflösung gebracht werden. KONKETSUJI RIKA erfordert also eine gesteigerte Aufmerksamkeit, was gerade für unerfahrene Japanoploitation-Zuseher etwas anstrengend sein könnte.
Ein Problem ist nämlich, dass nicht jeder Handlungsstrang gleich spannend ist, was zu Längen im Mittelteil führt. Zu einem Teil werden die allerdings durch einige unfreiwillig komische Einlagen abgeschwächt. Die Idee eine Japanerin mit brauner Farbe zu bemalen, ihr eine schlechte Afroperücke aufzusetzen und sie dann als Mischling zu verkaufen, ist einer dieser irrwitzigen Einfälle, die man sich nur wohl in den 70ern oder in Japan erlauben durfte.
NAKAHIRAs Inszenierung ist durchaus routiniert, er schafft es aber zu keiner Zeit Akzente zu setzen. Als hätte er die Pinky Violence/Girl Boss-Checkliste abgehakt, liefert er mehr oder weniger genau das, was man erwartet. Nicht mehr und nicht weniger. Die künstlerische Gestaltung und Kreativität eines Norifumi SUZUKI oder Shunya ITO sucht man hier vergebens. Andererseits erfüllt das alles seinen Zweck, und in diesem Fall ist mir routiniert-bieder lieber als kreativ, aber nicht gekonnt.
Rika Aoki indes hat außer in den drei RIKA-Filmen und GAKUSEI YAKUZA nicht weiter als Schauspielerin gearbeitet - jedenfalls sind keine weiteren Einträge in der IMDb gelistet, was nichts heißen muss, aber ich wüsste jetzt auch nicht wo ich sie sonst noch gesehen haben könnte. In den Kampfszenen ist Rika Aoki eher schwach, es fehlt ihr an der Eleganz einer Meiko Kaji oder der Kaltblütigkeit einer Miki Sugimoto. Dennoch ist gerade ihre exotische Optik eine interessante Abwechslung und hat man sich erstmal an ihr Spiel gewöhnt, ist das gar nicht schlecht.
Tohos Versuch sich am von Nikkatsu und vor allem Toei beherrschten Markt der Girl Boss- und Pinky Violence-Filme zu beteiligen, krankt vor allem an der eher traditionell-gediegenen Ausrichtung des Studios. Die Toho Studios verstanden sich nicht so sehr auf Sex und Gewalt oder gar sexuelle Gewalt weshalb ihr Beitrag KONKETSUJI RIKA zahmer daher kommt als die Kollegen aus dem Hause Toei. Zwar gibt es auch hier zahlreiche Vergewaltigungen, diese sind allerdings relativ harmlos gehalten und Folter gibt es gar keine – interessanterweise wird im zwei Jahre später erschienene LADY SNOWBLOOD 2: LOVE SONG OF VENGEANCE gefoltert bis zum Abwinken. Die Girl Boss-Elemente im Rahmen von Bandenkämpfen stehen eher im Vordergrund und sind mitunter äußerst blutig. Die Inszenierung ist routiniert, vielleicht etwas zu routiniert und orientiert sich an ihren Vorbildern, anstatt etwas Neues hinzuzufügen. So schafft es Regisseur Kô NAKAHIRA nicht immer, die weit verzweigte Geschichte spannend einzufangen. Alles in allem ist KONKETSUJI RIKA aber ein netter Beitrag zum Genre. Eine gute Dosis Sexploitation für Sonntags Nachmittag.