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Red to Kill

Red to Kill

OT: Ruo sha
CAT III-SCHOCKER: HK, 1994
Regie: Billy Tang
Darsteller: Lily Chung, Money Lo, Ben Ng, Bobby Yip

STORY:

Nach dem Tod ihres Vaters kommt die geistig auf dem Stand eines Kindes gebliebene Ming, die leidenschaftlich gerne tanzt, in eine Sozialeinrichtung für Behinderte. Sie freundet sich mit der Sozialarbeiterin Lok an, von der sie ermutigt wird, an einem hausinternen Tanzwettbewerb teilzunehmen. In einem wunderschönen, roten Kleid tanzt Ming vor der Heimbelegschaft. Niemand ahnt, dass Chan, der scheinbar so freundliche Leiter der Behindertenwerkstatt, in Wahrheit jener perverse Frauenmörder und Serienvergewaltiger ist, der gerade die Stadt unsicher macht. Und dass ausgerechnet die Farbe Rot seine dunkle, perverse Seite entfesselt ...

KRITIK:

In Österreich veröffentlicht in einer Reihe mit solch berüchtigten CAT III-Schockern wie EBOLA SYNDROME oder perversen Japan-Sickos wie die erste ALL NIGHT LONG-Trilogie entpuppt sich auch der extrem perfide Vergewaltigungsthriller RED TO KILL als Tobak für Hartgesottene.

Eine Texttafel vor den Opening Credits klärt den Zuschauer darüber auf, dass sich der Film als Mahnmal für geistig behinderte Menschen verstanden wissen will, die in Sozialeinrichtungen sexuell mißbraucht werden. Man wolle auf den Mißstand hinweisen, dass die Täter meist davonkommen, weil ihre Opfer vor Gericht oft als nicht glaubwürdig eingestuft werden. Ob dies nun ein aufrichtiges Anliegen ist oder lediglich der scheinheilige Versuch, das eigene Gewissen zu beruhigen, weil Tang und Co. hier im Grunde einen Exploitationflick mit geistig behinderten Figuren abliefern - sei einmal dahingestellt.

Andererseits verwendet RED TO KILL für einen Film seiner Kategorie überraschend viel Laufzeit darauf, rührige, dramatische oder tragische Momente zu kreieren. Doch auch hier stellt sich die Frage, ob Tang nun bestrebt war, das Ambiente einer Behindertenwerkstatt einigermaßen gefühlvoll nachzuzeichnen oder ob dies lediglich zynische Ouvertüre ist, um das was er später seiner zurückgebliebenen Hauptprotagonistin Ming aufbürdet, noch perverser wirken zu lassen.

Ungeachtet dessen sind die bittersüßen Momente für meinen Geschmack ohnehin zu dick aufgetragen: So hat unsere geistig auf einem kindlichen Stand gebliebene Heldin Ming den Wunsch, Tänzerin in Belgien (!) zu werden. So erhalten die geistig behinderten Heimbewohner erst die Akzeptanz der Nachbarschaft, als sie gemeinsam einen Pädophilen stellen. Tang arbeitet mit viel zu plumpen, zu naiven Klischees, um die ausdrücklich erklärte Sozialkritik tatsächlich glaubwürdig erscheinen zu lassen. Einerseits wird die Figur Ming in der ersten Filmhälfte recht effektiv zur Verkörperung reinster, kindlicher Unschuld stilisiert; andererseits -(SPOILER VORAUS!)- wartet ausgerechnet auf diese Figur in der zweiten Filmhälfte ein unerbittliches, detailliert beschriebenes Martyrium, das sie nicht nur brechen, sondern ganz und gar vernichten wird. (SPOILER ENDE)

Texttafeln mit guten Absichtserklärungen hin oder her. Wir sollten nicht vergessen, dass mit RED TO KILL kein Sozial- oder Vergewaltigungsdrama im Player rotiert, sondern ein brutaler Hongkong-Reißer der Category III. Als solcher dürfte die Zielgruppe ohnehin klar abgesteckt sein: Leute, die Filmen wie THE UNTOLD STORY, DR. LAMB oder THE KILLER SNAKES etwas abgewinnen können und/oder eine Vorliebe für finstere, sleazige Extrem-Thriller hegen, dürfen sich angesprochen fühlen.

Im Gegensatz zu manch anderem Sicko-Import aus Fernost verzichtet RED TO KILL - der so heißt, weil die Mordlust des Triebtäters durch die Farbe Rot aktiviert wird - auf allzu aberwitzige Gore-Einlagen, spart aber nicht mit ungemütlichen, brutalen Szenen, die sich vor allem bei den breit ausgewalzten Vergewaltigungen und im hypergewalttätigen Showdown finden.

Wenn das muskelstrotzende Kraftpaket Ben Ng in der Rolle des durch ein Kindheitstrauma gestörten Heimleiters Chan über seine weiblichen Opfer herfällt, sorgt das schon für ein unangenehmes Gefühl in der Magengrube. Dabei spielt Ng, der hier ganz im Stile eines Anthony Wong in der Rolle des schändenden, sabbernden und irre grinsenden Psychopathen aufgeht, zwar roh und urgewaltig, bewegt sich dabei aber immer hauchdünn auf dem schmalen Grat zum Overacting. Am Ende, wenn er mit frisch rasierten Schädel vollends zum trieb- und irrsinnsgesteuerten Berserker ("Zu Tode fick ich dich!") mutiert und sich in diesem Zustand weder von einem geblendeten Auge noch von zwei zersplitterten Neonröhren in seinem Brustkorb mehr zügeln lässt, wechselt sein Spiel ständig von "Übertrieben" über "Beängstigend" zu "Barbarisch" und wieder zurück.

Dass ein Film, der in einem schattenhaften, blaufilterfarbigen Großstadtpurgatorium wie diesem abseitig gezeichneten Hongkong spielt, dessen finsterste Ecken in heruntergekommenen Treppenhäusern mit flackernden Neonlicht und kaputten Fahrstühlen zu finden sind, wo eine Behindertenwerkstatt bei Nacht die Hölle ist und ein Vergewaltigungsopfer mit Seife und Rasierklinge duschen geht, nicht happy endet, war abzusehen. Für RED TO KILL hat Regisseur Tang dann doch ein Schlussbild der absoluten Hoffnungslosigkeit gewählt.

Red to Kill Bild 1
Red to Kill Bild 2
Red to Kill Bild 3
Red to Kill Bild 4
Red to Kill Bild 5
Red to Kill Bild 6
FAZIT:

Wenn Frauen rot tragen, sieht auch der gestörte Serienvergewaltiger rot...- RED TO KILL ist ein perfider Vergewaltigungsthriller, der im Umfeld eines Behindertenheims in einem besonders düsteren Teil Hongkongs spielt. Mit einer Texttafel vor Filmbeginn beteuern die Macher zwar ihre Absicht, auf soziale und juristische Mißstände hinweisen und das öffentliche Bewußtsein aufrütteln zu wollen; inwiefern der mit einem besonders niederträchtigen Psychopathen und fiesen Vergewaltigungsszenen ausgestatteten CAT III-Schocker diesem Anspruch tatsächlich gerecht wird, ist nicht so klar ersichtlich. Auf jeden Fall hat Billy Tang einen harten wie ungemütlichen Extrem-Thriller geliefert. Die durchaus vorhandenen dramatischen Elemente wirken zwar naiv; das Schlussbild drückt jedoch die pure Hoffnungslosigkeit aus. Ein Film für die UNTOLD STORY-Zielgruppe. Doch mehr als einmal möchte man sich den wohl nicht antun ...

WERTUNG: 6 von 10 rote Kleider
TEXT © Christian Ade
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