HORROR: USA, 2010
Regie: Kevin Smith
Darsteller: Melissa Leo, Ronnie Connell, John Goodman, Nicholas Braun
"Anal Penetration - Eternal Damnation." Wer solche Reime schmiedet, mit dem kann nicht gut Kirschen essen sein. Das müssen drei Jugendliche am eigenen Leib erleben. Ein Internet-Date verspricht schnellen, anonymen Sex. Doch statt im Bett einer reiferen Dame landen unsere drei Möchtegern-Stecher im Vorhof der Hölle: Eine fundamentalistische Christensekte meint es nämlich ernst mit ihrer Mission, die Welt von Sünde, Schmutz und Unmoral zu befreien. Und sie hält sich nicht lange mit schönen Sonntagsreden auf, sondern schreitet messerwetzend zur Tat: In einen Käfig gepfercht, zittern Travis, Billy-Ray und Randy ihrer Hinrichtung entgegen. Special Agent John Goodman und seine schwerbewaffnete Spezialeinheit kommen keine Sekunde zu früh. Doch der Einsatz läuft fatal aus dem Ruder ...
Zu meiner grenzenloser Enttäuschung hat ja Kevin Smith kürzlich seinen Rückzug aus dem Filmgeschäft bekannt gegeben. Doch bevor es soweit ist, ließ er noch diesen kleinen, fiesen, unabhängig produzierten Horror-Film auf die Fangemeinde los. Angelehnt an die Umtriebe der real existierende Westboro Baptist Church, die sich mit Slogans wie "God hates Fags" wichtig macht, setzt Smith zu einem Rundumschlag gegen die amerikanische christliche Rechte an. Und macht dabei keine Gefangenen.
Auch wenn RED STATE mehr von einer bizarren Groteske als von einem "ernsten" Horror-Film hat, bleibt ein flaues Gefühl in der Magengrube zurück: Die Darstellung fundamentalistische Gedanken- und Vorstellungswelten wirkt unangenehm glaubwürdig und realistisch.
Viel davon geht auf das Konto des von Michael Parks ("Death Proof") verkörperte Pastor Cooper, der hier wirklich eine höllische Performance abzieht: Der Mann hat Charme, Charisma, eine immense Redegabe und ist zu 100% von der Richtigkeit seiner absurden Thesen überzeugt. So ticken sie vermutlich wirklich, die christlichen Taliban mit der Bibel in der Linken und der Rifle in der Rechten.
Mit seinen Anleihen beim Terror-Kino der Seventies und auch bei den Torture-Porns der Nullerjahre fährt RED STATE ziemlich heftige Geschütze auf. Doch Kevin Smith wäre nicht Kevin Smith, wenn sein Film nicht mit zotigem Humor, treffsicheren Onelinern und durchaus originellen Twists durchzogen wäre.
Spätestens wenn John Goodman als schießwüiges SWAT-Frontschwein die Szenerie betritt, nimmt der Film die Abzweigung in Richtung Groteske - aber ohne an Wucht und Verstörungsfaktor zu verlieren. Okay, zugegeben, Kevin Smith ist kein zweiter Rob Zombie - dessen unheimlicher THE DEVIL'S REJECTS mir mehrmals in den Sinn gekommen ist. Aber trotz einiger formaler Schwächen verdient Kevin Smiths Abstecher ins garstige Fach des Hardcore-Horrors Respekt.
Nerd-Komödienspezialist Kevin Smith kann auch anders: RED STATE ist ein überraschend garstiger und kompromissloser Abstecher ins Horror-Fach, der der amerikanischen christlichen Rechten ans Bein pinkelt.