HORROR-MÄRCHEN: USA/CAN, 2011
Regie: Catherine Hardwicke
Darsteller: Amanda Seyfried, Gary Oldman, Shiloh Fernandez, Billy Burke, Julie Christie, Virginia Madsen
Die Bewohner des mittelalterlichen (?) Dorfs Daggerhorn müssen sich seit Menschengedenken mit einem Wolf herumschlagen, der zu Vollmond die unschöne Angewohnheit hat, Menschen anzufallen. Diesmal hat es die Schwester der Dorfschönheit Valerie (Amanda Seyfried) erwischt, die einen einfachen Holzfäller liebt und mit einem Jungen aus wohlhabendem Hause zwangsverheiratet werden soll. Während im Dorf die Inquisition in Gestalt von Gary Oldman wütet und der Werwolf erneut zuschlägt, muss sich Valerie entscheiden
KRITIK:Womit fangen wir an? Am besten mit Zahlen, Daten und Fakten. Red Riding Hood ist der neue Film von Regisseurin Catherine Hardwicke, die mit ihrem Sundance-prämierten Debut THIRTEEN einen interessanten Beitrag zum Thema adoleszente Selbstfindung und teenage angst vorlegte.
Wesentlich mehr Beachtung erfuhr allerdings ihr letzter Film, dessen Titel hier nicht mehr ausgesprochen werden darf, weil ich für die wohlwollende Rezension jenes Werks schon mehr als genug verarscht wurde.
RED RIDING HOOD also. Lose basierend auf dem Rotkäppchen-Märchen der Gebrüder Grimm erzählt Hardwicke eine Geschichte von Emanzipation und weiblicher Selbstermächtigung im Umfeld von religiösem Wahn und mittelalterlicher Finsternis. Zumindest in der Theorie.
In Wahrheit ist RED RIDING HOOD ein auf die Zielgruppe des Films, dessen Titel hier nicht mehr ausgesprochen werden darf, hingetrimmtes Etwas von einem Fantasy-Film, das sein durchaus vorhandenes Potential leider weitgehend verschenkt. Viel zu harmlos, zahnlos, kuschelig und keimfrei kommt die Geschichte vom verliebten Mädchen und dem bösen Werwolf daher. Auch wenn sich in der Theorie durchaus existentielle Dramen und Tragödien abspielen, schafft es Hardwicke kaum, den Zuseher emotional in den finsteren Märchenwald hineinzuziehen. Das ist bemerkenswert. Denn im Film, dessen Namen hier nicht mehr ausgesprochen werden darf, gelang es der Regisseurin durchaus, juveniles Begehren und verzehrende Sehnsucht in eine zielgruppengerechte Genre-Geschichte zu verpacken.
Und trotzdem ist RED RIDING HOOD kein schlechter Film.
Die Schauspielerriege wird von Namen wie Billy Burke, Virginia Madsen und vor allem Gary Oldman geschmückt. Der Mann hat sichtlich Spaß am Overacting und reißt den Film an sich, sobald seine Figur, ein gockelhafter Gotteskrieger mit Hang zu theatralischen Auftritten auf der Leinwand erscheint.
Mit seiner mehr poppigen als gotischen Ausstattung ist RED RIDING HOOD auch recht hübsch anzusehen, wie die putzige Hello Kitty-Variante eines Tim Burton-Films. Das klingt vielleicht ein bisschen bizarr, hat aber seine Reize.
Vielleicht interpretiere ich ja zuviel hinein, aber die Szenen, in denen Amanda Seyfried mit ihrem roten Cape fotogen durch verschneite Wald- und Wiesenlandschaften spaziert, haben mich in ihrer atmosphärischen Wirkung an den Giallo-Meilenstein THE RED QUEEN KILLS SEVEN TIMES erinnert. Und der Name der Hauptfigur - Valerie - ist sicher auch kein Zufall. Zumindest rede ich mir das ein, als erklärter Fan dieser Valerie.
Und kann ein Film schlecht sein, der Musik von Fever Ray und The Big Pink einsetzt? Letztere Band hat mein Lieblingsalbum von 2009 veröffentlicht und damit auch diesen Film gerettet. In buchstäblich letzter Minute.
Okay, Tim Burton, Terry Gilliam oder Neil Jordan hätten aus RED RIDING HOOD, der die Geschichte vom Rotkäppchen mädchenzimmerkompatibel neu erzählt, einen wirklich guten Film gemacht. Unter der Regie von Catherine Hardwicke kam leider nicht viel mehr heraus als ein aufgehübschtes Popmärchen, in dem sich schöne Menschen in schönen Kostümen und schönen Kulissen mit einem Werwolf herumschlagen. Schöne Musik gibts natürlich auch, und der hypnotische Schluss-Song "Crystal Visions" von The Big Pink hat mir tatsächlich den Film gerettet.