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Rashomon - Das Lustwäldchen

Rashomon - Das Lustwäldchen

OT: Rashomon
DRAMA: JAPAN, 1950
Regie: Akira Kurosawa
Darsteller: Toshiro Mifune, Machiko Kyo, Masayuki Mori, Takashi Shimura

STORY:

Im feudalen Japan suchen drei Männer unter dem bereits teilweise zerfallenen Torbogen Rashomon Zuflucht vor einem heftigen Wolkenbruch. Zwei davon, ein Priester und ein Holzfäller, kommen gerade von einer Gerichtsverhandlung, die die beiden sichtlich verstört hat. Der dritte, ein Knecht, drängt seine neue Bekanntschaft darauf zu erzählen, was vorgefallen ist, um sich die Zeit bis zum Ende des Regens zu vertreiben: Ein hoher Samurai wurde, nachdem er die Vergewaltigung seiner Frau mit ansehen musste, von einem berüchtigten Banditen ermordet.

KRITIK:

Wer an dieser Stelle aufgrund des dämlichen, irreführenden deutschen Titels immer noch mit einem Anime voller großbusiger Mädchen in knappen Outfits oder Artverwandtem rechnet, dem zerstöre ich spätestens hier jegliche Hoffnungen. Bei "Rashomon" handelt es sich um jenen Film, durch den der japanischen Regie-Legende Akira Kurosawa erstmalig ein breites westliches Echo zu Teil wurde. Zahlreiche renommierte Filmpreise, darunter der Goldene Löwe, waren die Folge.

Kurosawa bedient sich im Zuge seiner Inszenierung ungewöhnlicher narrativer Methoden, "Rashomon" wird durch drei Handlungsebenen getragen: die Begegnung der drei Männer, die Verhandlung vor Gericht und der Tathergang selbst, der aus unterschiedlichen Perspektiven der Involvierten erzählt wird. Vor Gericht treten die Beteiligten nach einander auf und schildern ihre Version der Geschichte, wobei auch der ermordete Samurai durch ein Medium zu Wort kommt. Jede dieser Aussagen ist durch den speziellen Charakter des jeweiligen Erzählers gefärbt und in sich schlüssig, divergiert jedoch in wichtigen Punkten und schließt die jeweils anderen aus.

Jeder der Drei nimmt es für sich in Anspruch, den Tod des Samurai herbeigeführt zu haben. Dieser Umstand spiegelt den strengen Ehrenkodex der japanischen Gesellschaft wieder, wonach der Gesichtsverlust schwerer wiegt als die Verurteilung wegen einer Straftat.

Das Gericht, beziehungsweise der Richter bleiben für den Zuseher unsichtbar, die Beteiligten wenden sich direkt dem Zuschauer zu, der somit in die Rolle des Richters gedrängt wird. So sieht man sich mit den unterschiedlichen Versionen konfrontiert und "darf" nun, dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung entsprechend, für sich selbst ein Urteil fällen.

Auch wenn "Rashomon" dadurch wie ein Krimi wirkt und auch diverse Elemente dieses Genres aufweist, handelt es sich jedoch um keinen. Kurosawa liefert weder eine "einzig richtige" Auflösung, noch lässt er einen unstrittigen Tathergang rekonstruieren. Dem Regisseur geht es vielmehr darum, die Existenz einer Objektivität der Wahrheit zu verneinen, je nach Perspektive, Person und deren eigenen Interessen, stellen sich die Geschehnisse unterschiedlich dar. Dies führt zu einer subjektiven Verfälschung der Realität, was unter dem Namen "Rashomon-Effekt" Eingang in den Diskurs verschiedener Wissenschaften gefunden hat.

Der Film überzeugt nicht nur auf narrativer Ebene, erweist er sich auch visuell aus damaliger Sicht bahnbrechend. In der Person von Kazuo Miyagawa hatte Kurosawa einen ebenso kompetenten, wie experimentierfreudigen Kameramann an seiner Seite. Eigentlich unverständlich warum das die einzige Zusammenarbeit der beiden blieb. Weiters konnte der Regisseur auf eine Riege großartiger Schauspieler zählen, allen voran, der von mir bereits an anderer Stelle hochgelobte Toshiro Mifune als skrupeloser Bandit.

Rashomon - Das Lustwäldchen Bild 1
Rashomon - Das Lustwäldchen Bild 2
Rashomon - Das Lustwäldchen Bild 3
Rashomon - Das Lustwäldchen Bild 4
Rashomon - Das Lustwäldchen Bild 5
FAZIT:

Auch wenn "Rashomon" auf den ersten Blick, im Gegensatz zu "Yojimbo" oder "Die sieben Samurai", die durchaus als zeitlos angesehen werden können, durch seine aus der Sicht aktueller Sehgewohnheiten, gekünstelte Bildsprache, für eine junge Generation überfordernd wirken könnte, handelt es sich um einen der wichtigsten Klassiker der Filmgeschichte. Kurosawas Erörterung einer relativen Wahrheit, die auch Fragen der Moral im menschlichen Handeln thematisiert, besticht durch eine spannende und dichte Inszenierung. Da der Film legal im Internet Archive zum kostenlosen Download erhältlich ist, gibt es keine Ausrede "Rashomon" nicht in seiner Sammlung zu haben.

WERTUNG: 9 von 10 unauffindbaren Damendolchen
Gastreview von Matthias
Dein Kommentar >>
Andreas | 13.06.2011 10:55
Naja, ganz großartig. Mehr gibt's dazu nicht zu sagen.

(Ein Tip noch. Als moderne Variante von Rashomon sei Kokuhaku (Confessions) empfohlen: filmtipps.at/kritiken/Confessions_Kokuhaku/ )
Andreas | 13.06.2011 10:57
Eine Analyse zur Rolle der Frau in Rashomon wäre natürlich auch mal interessant, denke ich mir immer.
Matthias | 13.06.2011 18:17
In der Tat, nicht nur in Rashomon, könnte man auch auf das Gesamtwerk Kurosawas ausweiten.
>> antworten
Nico | 13.06.2011 00:38
9/10, ist das n Scherz??? ;)
Ralph | 20.06.2011 14:50
Ich finde das auch nicht lustig. ;-)
>> antworten