OT: R.O.T.O.R.
TRASH: USA, 1989
Regie: Cullen Blaine
Darsteller: Margaret Trigg, Richard Gesswein, Jayne Smith, James Cole
Polizist und Wissenschaftler Barry Coldyron hat eine Kampfmaschine erschaffen. Den R.O.T.O.R. (Robotic Officer Tactical Operation Research, was auch immer das bedeuten mag), der auf Amerikas Straßen für Recht und Ordnung sorgen soll. Leider nimmt R.O.T.O.R. das Gesetz ein bisschen ganz zu ernst und beginnt einen mörderischen Feldzug gegen Temposünder.
Ach, du heilige Scheiße, was habe ich mir da bloß eingebrockt, waren schon meine Gedanken, während der Vorspann von R.O.T.O.R. noch so vor sich hin flimmerte. Mir war einfach mal wieder nach einem richtig schäbigen Film, einfach um nach einem harten Arbeitstag ein bisschen zu entspannen. Wie passend, dass ich kürzlich eine schöne Lieferung aus den Vereinigten Staaten bekommen hatte, mit zwei Filmboxen von Mills Creek Entertainment - ein Verleih, der es sich auf die Fahne geschrieben hat, den letzten Rest der Lizenzreste-Rampe, also den Schmodder den nicht mal Best Entertainment mehr vertreiben würde, auf DVDs zu pressen und in 50er Packs für wenig Kohle feilzubieten. Auf einer dieser DVDs war denn auch R.O.T.O.R. drauf, von dem ich vorher noch nichts gehört hatte. Aber, „Killerroboter-Polizisten“ klingt schön nach Robocop/Terminator-Plagiat und das schien mir schäbig genug für meine kleine Entspannungsübung.
Und, was soll ich sagen - schäbig wollte ich's haben, schäbig habe ich‘s bekommen. Damit meine ich jetzt nicht mal die optische Qualität der ganzen Chose. Als Videoenthusiast bin ich ja eh einiges gewohnt und muss jedes Mal die Sonnenbrille aufsetzen, wenn ich eine Blu-ray einlege, aber so was richtig, richtig schäbiges wie R.O.T.O.R. ist mir schon lange nicht mehr untergekommen. Ich vermute mal spontan, dass Mills Creek die DVD einfach von irgendeinem abgewichsten, total durchgenudelten Verleihtape gemastert hat, das die Leutchen da hinterm Sofa gefunden haben. Aber gut, ich will mich gar nicht beschweren. Bei dem Preis kann man locker von einem geschenkten Gaul sprechen und einen glasklaren Transfer hätte der Film eh nicht verdient.
Es ist eher schon ein kleines Wunder, dass er es überhaupt zu einer DVD-Veröffentlichung geschafft hat. Noch verwunderlicher ist es allerdings, dass Regisseur Cullen Blaine bis heute für Film und Fernsehen arbeitet und in den 90ern unter anderem Regie bei einer Folge von HEY! ARNOLD führte. Das lässt den Schluss zu, dass er entweder auf Mitleidsbasis engagiert wird oder zwischen R.O.T.O.R. und heute mal ein Buch übers Filmemachen zur Hand genommen haben muss. Denn anno 1987 hatte er davon noch keine Ahnung.
Das fängt schon mal damit an, dass es geschlagene 45 Minuten dauert, bis wir den titelgebenden R.O.T.O.R. überhaupt zu sehen bekommen - eine kleine Tanzeinlage des noch unfertigen Endo Skeletts, das sogar Tai Chi beherrscht, mal abgesehen. Stattdessen ist erstmal exzessive Figurenentwicklung angesagt. Schließlich müssen wir den Schöpfer des R.O.T.O.R.s kennenlernen und der ist ein echt heißer Typ. Nicht nur Streifenpolizist bei der Highway Patrol, sondern auch gleich Wissenschaftler und Entwickler des R.O.T.O.R.. Freizeitmäßig hängt er auf seiner Ranch ab, serviert seinem Pferd Kaffee (!), knabbert dabei gemütlich eine Möhre (!!) und sprengt alte Bäume auf seinem Grundstück mit Sprengstoff-Lassos weg (!!!). Da fällt schon kaum noch auf, dass die Kaffeemaschine schon läuft, bevor Coldyron überhaupt seine Socken und Cowboystiefel anhat.
Anschließend dürfen wir die Fahrt auf die Arbeit in - zumindest gefühlter - Echtzeit miterleben. Wenigstens untermalt mit lässiger 80er Discomucke, die jedoch gegen die gepflegte Langeweile dieser Sequenz auch nicht hilft. Völlig ereignislos geht's dann auch gefühlte Stunden weiter. Denn was braucht der Mensch? Exposition! Deshalb lernen wir, neben einer kruden Mischung aus Nummer 5 und einem Dalek mit Polizeimütze - immerhin für das geschätzt sehr niedrige Budget doch ordentlich gearbeitet, die Kiste -, einen ungeduldigen Senator, eine absolute Weichbirne im Doktorkittel und Coldyrons Frau oder Freundin oder Escort oder so kennen. Mit der geht er schließlich noch ausgiebig essen und plaudert und... so genau kann ich's gar nicht mehr sagen, denn irgendwo an dieser Stelle muss ich kurz weggenickt sein.
Von der Regel, spätestens nach 20 Minuten in den zweiten Akt überzugehen, haben dem Empfinden nach also weder Blaine noch sein Schreibpartner Budd Lewis etwas gehört. Den ganzen Schmodder hätte man in maximal 10 Minuten abhandeln können, ohne irgendwelche wichtigen Informationen raus zu streichen. Zumal vieles von dem Klatteradatsch eh uninteressant ist, schließlich ist R.O.T.O.R. nichts anderes als ein offensichtliches dreistes ROBOCOP-Plagiat. Wen interessiert da schon Coldyrons bessere Hälfte, zumal die für die Handlung völlig unwichtig ist - hätte der R.O.T.O.R. sie irgendwann weggeknallt… äh, abgeknallt und den Wissenschaftler/Polizisten/Vigilanten damit wütend gemacht, hätte ich‘s noch verstanden. Aber so pennt ihm die Alte einfach im Schoß weg und taucht dann nicht mehr auf. Im Endeffekt bleibt also der erste Teil des Films, auch wenn es den einen oder anderen Lacher gibt - besagte Range-Sequenz zum Beispiel - vor allem eine große Schnarchnummer.
Dazu muss ich allerdings fairerweise anmerken, dass eine kleine Recherche bei den deutschen Kollegen von Filmflausen ergeben hat, dass die deutsche Fassung mit Rainer Brandt verdächtigen Dialogen daherkommt die einen mittelschweren Fall von Wahnsinn beim Dialogbuchautor vermuten lassen. Es scheint mir daher, dass die Synchronfassung der dialogtechnisch eher biederen US-Fassung in Sachen Spaß überlegen ist.
Richtig unterhaltsam wird es denn erst, wenn R.O.T.O.R. die Kontrolle über sich selbst übernimmt und in die große weite Welt hinausläuft. Oder sollte ich sagen: fährt. Denn innerhalb der kurzen Zeit in der R.O.T.O.R. fertig gestellt wurde, wusste man sich nicht besser zu helfen, als ihn in die Karikatur eines Motoradpolizisten zu verwandeln. Pilotenbrille und Pornoschnauzer inklusive. Wenn er sich etwa, vermutlich um seine Kaltschnäuzigkeit zu beweisen, durch eine fein aufgestellte Reihe Stühle schiebt - die warum auch immer im Parkhaus des Polizeireviers stehen - oder seinen "Was war vor kurzem an dieser Stelle"-Sensor benutzt, dann kann man entweder anfangen zu weinen oder losprusten. Wer bis hierher durchgehalten hat, der fängt wohl am ehesten an zu prusten, denn endlich zeigt R.O.T.O.R. wozu er fähig ist. Und das ist jetzt auf den Film bezogen, denn Muskelhemd zerreißende Kraftprotze, Karate-Hinterwälder in viel zu engen Hosen und anabolikageschwängerte Bodybuilderinnen sind nur ein paar der hirnzerschmelzenden Fantastereien, die der Film in der zweiten Hälfte zu bieten hat.
Dabei schöpft sich der Unterhaltungswert voll und ganz aus dem puren Unvermögen aller Beteiligten. Regie, Drehbuch, Beleuchtung, Schauspieler. Lediglich die Spezialeffekte sind für eine Produktion dieser Preisklasse recht hochwertig. Es gibt eine schöne Explosion, Nummer 5 lebt und das R.O.T.O.R. -Design ist gar nicht ganz so übel wie man glauben könnte. Eigentlich ganz lässig sogar und der Schnauzer gehörte in den 80ern ja eh dazu. Auf schauspielerischer Seite haben wir von Totalausfall bis städtischer Theaterkurs alles dabei. Seinen Text so aufsagen, dass er nicht auswendig gelernt klingt, kann keiner der Beteiligten. Wer hätte aber auch erwartet, dass sich richtige Schauspieler für eine drittklassige Robocop-Kopie hergeben? Eben.
In diesem Sinne: "Remember what I said at R.O.T.O.R.'s christening? First prototype of a future battalion, on the battlefield highways of the future. He'll be the judge, jury, and executioner."
Im Endeffekt ist R.O.T.O.R. leider ein eher zweischneidiges Schwert. Zum einen ist bereits das Setting feinstes Trashmaterial und neben der platten Handlung, schauspielerischer Unfähigkeit und depperten Ideen jenseits des Wahnsinns müsste der Unterhaltungsfaktor eigentlich explodieren wie eins der berüchtigten Sprengstoff-Lassos.
Auf der anderen Seite jedoch ist die erste dreiviertel Stunde äußerst dröge und zieht sich, bis auf wenige Ausnahmen, wie Kaugummi. Wie bereits geschrieben, kann das in der deutschen Fassung schon ganz anders wirken, denn wir alle wissen ja, welche Bereicherung eine ordentliche deutsche Synchronisation aus den wilden Tagen des Kinos sein kann. Gerade in der US-Fassung ist jedoch bis auf einige Ausnahmen vor allem viel tote Hose.
Das ist besonders schade, da gerade die Verfolgungsjagd, trotz technischem Unvermögen und ergo viel trashigen Momenten, einen ordentlich Schub besitzt, was vor allem auch dem lässigen Soundtrack zu verdanken ist.
Mehr davon und weniger Geplapper und sinnlose Autofahrten zu Beginn und R.O.T.O.R. wäre ein Anwärter auf einen Platz in der ewigen Ruhmeshalle des Trash. So aber fällt es mir schwer eine Empfehlung auszusprechen. Wer die Mills Creek DVD-Box günstig schießt, sollte definitiv einen Blick riskieren. Extra dafür kaufen, lohnt auch bei 10 Dollar nicht wirklich. Am ehesten würde ich vielleicht dazu raten sich die deutsche Videofassung zu besorgen, das allerdings ohne Gewähr, da ich nur die amerikanische Version kenne.
Alles in allem haben wir also einen schleppenden Anfang, ein trashig-vergnüglichen zweiten Teil und viele verrückte Ideen. Macht also auch auf der Punkteskala Halbe/Halbe.