FILMTIPPS.at - Die Fundgrube für außergewöhnliche Filme

www.filmtipps.at
GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Qualcosa striscia nel buio

Qualcosa striscia nel buio

OT: Something Creeping in the Dark
GIALLO: Italien, 1971
Regie: Mario Colucci
Darsteller: Farley Granger, Lucia Bosé, Giacomo Rossi-Stuart, Stelvio Rossi

STORY:

Oh wie ich es liebe, Inhaltsangaben zu handlungswirren Filmen zu schreiben. Weil so ganz schlau bin ich aus den Geschehnissen jener finsteren Gewitternacht, in welcher der Zufall ein Dutzend Leute ins abgeschiedene Haus der jüngst verstorbenen Lady Marlowe führt, nicht geworden. Entweder hat für ein tieferes Verständnis mein Horizont nicht gereicht - oder das Konzept von Regisseur und Drehbuchautor Mario Colucci... Auf alle Fälle weilt die zufällige, bunt gemischte Besuchergruppe beim Hahnenschrei nicht mehr vollständig unter den Lebenden und die unheimliche Fotografie der entschlafenen Lady kichert sich einen...

KRITIK:

QUALCOSA STRISCIA NEL BUIO, auch SOMETHING CREEPING IN THE DARK genannt. Übrigens nicht verwandt oder verschwägert mit DER PHANTOMKILLER SCHLÄGT ZU, wie in der ofdb, bzw. bei Trebbin fälschlicherweise behauptet wird. Doch haben wir hier einen weiteren Giallo aus den frühen Siebzigern, der dank des italienischen Cinekult-Labels endlich zu DVD-Ehren kommt und somit den Klauen der Vergessenheit entrissen werden konnte.

Also alles angerichtet für ein gelbes Filmfest? Gut, der famose Trailer macht schon mal Lust auf mehr. Das Wendecover auch: Ein gialloeskes Artwork ist prächtiger als das andere. Farley (COCKTAIL FÜR EINE LEICHE, aber auch SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL) Granger spielt mit. Stelvio (THE HANGING WOMAN) Rosi und Giacomo Rossi Stuart ebenfalls. Diese Herren und noch einige weitere Personen wie die charismatische Lucia Bosé verschlägt es in finsterer Nacht ins trügerische Refugium eines unheimlichen Landhauses. Farley Granger gibt ein melancholisches Klavierstück zum Besten, welche in eine erste morbid-entrückte Traumsequenz mündet. Es folgt eine Seance, die durchaus gespenstisch wirkt.

Und trotzdem ist QUALCOSA STRISCIA NEL BUIO leider alles andere als ein Fest und definitiv nicht die verschollene Genreperle, auf die der Giallo-Fan noch gewartet hat. Eine extrem wirre Handlung inklusive einem unerträglichen Hang zur (inhaltsleeren) Geschwätzigkeit machen nämlich einen dicken Strich durch die Rechnung. Der Film plätschert so träge zwischen seinen Thriller-Elementen und diversen übernatürlichen Einlagen dahin, dass er schon in der ersten halben Stunde Gefahr läuft, das Interesse des Zuschauers komplett zu verspielen.

Zumal Regisseur Colucci sich offenbar nie so recht entscheiden konnte, was sein QUALCOSA STRISCIA NEL BUIO eigentlich sein möchte: Giallo oder Spukhausfilm? Im Endeffekt ist QUALCOSA STRISCIA NEL BUIO ein unter brutalen Längen leidendes Zwischending, dessen rare Mord- und Spannungsszenen auffallend unspektakulär von statten gehen.

Hier und da ein gespenstischer Moment. Im letzten Drittel die psychedelische Sequenz als gialloeske Pflichtkür. Dann als Leitmotiv die Fotografie der verstorbenen Hausherrin; eine Art übernatürliche Verbeugung vor dem Bildnis LAURA aus Premingers Film Noir-Klassiker. Alles schön und gut, nur allein die Zutaten harmonieren nicht. Gegen Ende lässt der Film mehr Fragen offen als dass er Antworten gibt. Das Verwirrspiel basiert allerdings nicht auf Raffinesse oder gar einer lässiger "Scheiß-auf-die-Logik"-Psychotronik - das wäre ja zu verkraften gewesen-, sondern einzig und allein auf der offenkundigen Konzeptlosigkeit des Drehbuchs; mehr schlecht als recht zusammengebastelt vom Regisseur selbst. 

Schade. Der psychedelische Trailer war so vielversprechend. 

Qualcosa striscia nel buio Bild 1
Qualcosa striscia nel buio Bild 2
Qualcosa striscia nel buio Bild 3
Qualcosa striscia nel buio Bild 4
Qualcosa striscia nel buio Bild 5
Qualcosa striscia nel buio Bild 6
FAZIT:

Zu keiner Zeit kann sich der Film entscheiden, ob er nun Giallo oder Spukhausflick sein möchte. Im Endeffekt ist QUALCOSA STRISCIA NEL BUIO nur ein mit Längen behaftetes, konfuses Zwischending, dessen raren Mord- und Spannungsszenen weitgehend unspektakulär von statten gehen. Trotz Genre-erprobter Besetzung und dem einen oder anderen gelungenen gespenstischen oder gialloesken Moment: In diesem Film harmonieren Haunted House und italienischer Thriller ungefähr so gut wie Kriegsdienstverweigerung und John Rambo. Damit ist diese Ausgrabung aus der Giallo-Blütezeit - trotz seines psychedelischen Sahne-Trailers - leider zu einer eher enttäuschenden Angelegenheit verkommen. 

WERTUNG: 3 von 10 spontanen Seancen
TEXT © Christian Ade
Dein Kommentar >>
Udo Rotenberg | 02.01.2013 15:15
Mir gefällt eure Seite sehr gut, weshalb es
vielleicht etwas unglücklich ist, sich mit einer
"Kritik an der Kritik" einzuführen, aber ich möchte
hier eine Lanze für "Qualcosa striscia nel buio"
brechen und hoffe ihr veröffentlicht meine
gegensätzliche Meinung.

Böse könnte ich jetzt sagen, dass es in der Review
einen wahren Satz gibt "Entweder hat für ein
tieferes Verständnis mein Horizont nicht gereicht",
aber das wird natürlich sofort verworfen, denn es
kann nur am Regisseur und Drehbuchautor liegen,
logisch.
Was allerdings an der Story verwirrend sein soll,
kann ich auch der Review nicht entnehmen. Klar
strukturiert wird der Film immer wieder von
Fantasien unterbrochen, bei denen es nie ganz
deutlich wird, ob sie vielleicht doch Realität sind.
Danach nimmt "Qualcosa striscia nel buio" jedesmal
den Handlungsfaden wieder auf. Klar, was die
Protagonisten hier von sich geben, verdient keine
wissenschaftliche Würdigung, aber sagt viel über sie
selbst aus, denn besondere Sympathieträger gibt es
hier nicht. Dafür aber eine stimmige Atmosphäre und
ein in sich geschlossenes Konzept (der malerische
Vergleich mit Rambo und Kriegsdienstverweigerung
kann sicherlich für einige Lacher sorgen, passt
meiner Meinung nach aber überhaupt nicht), die den
Freund einer gruselig, morbiden Stimmung zu fesseln
vermögen. Das am Ende mehr Fragen als Antworten
übrig bleiben, macht aus meiner Sicht dessen
Qualität aus. Das hat nichts mit mangelnder
Entscheidungsfreudigkeit oder gar Unfähigkeit der
Macher zu tun (wie der Autor ganz selbstverständlich
annimmt), sondern damit, dass hier ständig die Waage
zwischen Realität und Übernatürlichem gehalten wird.
Gerade das keine Antworten gegeben werden und das
nicht irgendein Monster oder Schattenwesen
konkretisiert wird, wie es im jüngeren Filmen üblich
geworden ist, hat mir an diesem Film gefallen. Für
Freunde klarer Ansagen mag ein solche geheimnisvoll
bleibende Inszenierung eine Qual sein, aber doch
nicht für einen Giallo-Liebhaber

Gruß Udo
Chris | 02.01.2013 17:47
Hallo, Udo!
Konstruktive Meinungen sind hier immer willkommen! Von daher
danke für deinen Kommentar. Und nachdem ich meine Review eben
noch einmal durchgelesen habe, muss ich auch gleich Abbitte
leisten. Manche Sätze sind wirklich etwas unglücklich gewählt und
lesen sich doch recht arrogant und despektierlich gegenüber dem
Werk und seinen Machern; was so eigentlich nicht beabsichtigt war.
Deine diesbezüglichen Seitenhiebe sind also durchaus berechtigt
und ich gelobe in Zukunft Besserung. Nun aber zur Sache: In
Sachen Film bin ich eigentlich alles andere als ein Logikfanatiker
und bei mir müssen keineswegs alle Unklarheiten spätestens zum
Abspann beseitigt sein. Im Gegenteil: Ich stehe eigentlich auf
solche kleine (große), vertrackte (mysteriöse) Rätsel, Labyrinthe und
(Alp-)Traumwandlereien in Filmen. Aus diesem Grunde liebe ich
auch Sachen wie INFERNO, SPUREN AUF DEM MOND, PICKNICK AM
VALENTINSTAG, TRAGIC CEREMONY, LET?S SCARE JESSICA TO
DEATH, PERFUME OF THE LADY IN BLACK, LISA AND THE DEVIL und,
und, und... Ich würde sogar einen Rambo drauf verwetten, lieber
Udo, dass unsere Filmgeschmäcker gar nicht so verschieden sind,
wie du vielleicht glauben magst. Leider hat der mysteriöse Funke
von QUALCOSA STRISCIA NEL BUIO zumindest bei mir nicht oder
nur ansatzweise gezündet. Nichts per se gegen filmische
Langsamkeit; aber der Einstieg war extrem langwierig und nicht
besonders fesselnd. Zumal kaum eine der Figuren (oder ihre
Abgründe) wirklich mein Interesse geweckt hat. Wenn dann einmal
eine mysteriöse Atmosphäre aufgebaut wurde, wurde sie sogleich
wieder durch lange (und eher uninteressante) Dialogsequenzen
heruntergekühlt. Die wenigen Morde waren in meinen Augen eher
bieder inszeniert; auch in puncto ?Traumsequenz? hatten wir schon
viel Rauschhafteres gesehen; sh. LIZARD IN A WOMAN?S SKIN.Dem
Spiel mit Realität und Übersinnlichem fehlte nach meinem
Geschmack die raffinierte Note; zwischen den Ebenen wurde eher
willkürlich hin- und hergesprungen. Hat mich alles irgendwie an
den kürzlich erschienenen SCHREIE IN DER NACHT erinnert. Mit
dem bin ich allerdings auch noch nicht so richtig warm geworden,
finde ihn allerdings etwas stimmiger und allein der Figuren wegen
interessanter als QUALCOSA... ? Aber wie gesagt, dies ist nur meine
Meinung (die nächstes Mal auch wieder etwas bescheidener als in
dieser Review vorgetragen wird ;) und nicht die allgemeingültige.
Von daher bin ich (und sicherlich auch unsere Leser) für andere
Sichtweisen wie nun eben deine immer dankbar. : )
Gruß Chris
Chris | 02.01.2013 17:50
PS: Bitte nicht von den hier und da unpassenden Fragezeichen in
meiner Antwort verwirren lassen. Mein Rechner hat nur wieder
ungefragt ein paar Apostrophe in Fragezeichen verwandelt. Sorry!
Udo Rotenberg | 04.01.2013 09:53
Das wir ähnliche Filmvorlieben hegen, habe ich mir
schon gedacht. Allein die Beschäftigung mit einem
seltenen Werk wie "Qualcosa striscia nel buio" macht
das schon deutlich, von deinen anderen Beispielen
ganz abgesehen. Nun, bei mir hat der Film gewirkt,
bin ich regelrecht davon begeistert, dass er es
nicht nötig hat, wie fast alle modernen Genre-
Vertreter irgendeine idiotische Lösung anzubieten
oder ein Monster auf die Zuschauer loszulassen.
Alles bleibt im Ungewissen bei einer gelungenen
Mischung aus Gesellschaftssatire und Gruselfilm,

Gruß Udo
>> antworten