HORROR: CH/A, 2011
Regie: Markus Welter
Darsteller: Sabrina Reiter, Melanie Winiger, Herbert Leiser, Martin Loos, Aaron Hitz
Acht junge Leute aus Zürich wollten nur auf der Alm ein paar lustige Schwammerln einwerfen und werden der Reihe nach von einem psychopathischen Vater-Tochter-Gespann massakriert. In 3D.
Viel mehr gibt es zu dieser Schweiz-Österreichischen Co-Produktion inhaltlich nicht mehr zu sagen.
ONE WAY TRIP 3D ist, wie das Presseheft nicht ohne Stolz vermerkt, der erste Schweizer Horrorfilm und einer der ersten europäischen 3D-Spielfilme überhaupt. So viel Pionierarbeit müsste man eigentlich kritiktechnisch honorieren. Ja, müsste man.
Denn mir taugt diese fast schon wahnsinnige Anything-Goes-Attitüde, mit der junge Film-Verrückte ihre Visionen zum Leben erwecken, meist unter massiver Selbstausbeutung und gegen jede betriebswirtschaftliche Vernunft, aus reiner Liebe zur Kunstform Film.
Deshalb fühle ich mich immer schlecht, als kleines Kritiker-Würstel, das selbst noch nie eine Kamera in der Hand gehalten hat, ein fertiges Werk zu verreißen. Aber manchmal geht es nicht anders. Aufmerksame Leser werden sich erinnern, dass auch hier bis vor kurzem ein böser Verriss zu lesen war. Mittlerweile habe ich meine Meinung teilweise revidiert. Aber der Reihe nach.
Beginnen wir mit den Pluspunkten: Der Film ist zweifellos professionell gemacht. Drehbuch, Kamera, Schnitt, Sounddesign und Schauspiel (Hallo Sabrina Reiter!) geben keinerlei Anlass zum Matschgern, wie der Wiener sagt. Auch das Stunts- und Effekte-Feuerwerk, das im Finale abgefackelt wird, muss sich vor wesentlich komfortabler budgetierten US-Produktionen keineswegs verstecken.
Und dass die erzählte Geschichte ähm - vertraut - klingt, auch daraus wollen wir dem Film keinen Strick drehen. Gibt es eigentlich einen Slasher, der nicht von jungen Menschen handelt, die irgendwohin aufs Land fahren?
Nein Freunde, das Problem dieser Produktion ist ein anderes. Es hat genau zwei Buchstaben: 3D.
„Dark, small, stroby, headache inducing, alienating. And expensive.“
Das ist 3D. Schrieb US-Kritikerpapst Roger Ebert in einem vielbeachtetem Blogeintrag mit dem Titel: „Why 3D doesn't work and never will. Case closed.“
Und er hat leider nicht ganz unrecht, der Herr Ebert. Zumindest bei der Pressevorführung war das Bild ist derartig dunkel, kontrastarm und verschwommen, dass es in den Augen schmerzte. Hat man uns Presse-Schnösel statt der 3D-Brillen versehentlich handelsübliche Sonnenbrillen ausgehändigt und diese zusätzlich mit Niveacreme eingeschmiert?
Farben waren praktisch keine mehr zu erkennen. Das tat umso mehr weh, als die Filmemacher im Presseinfo von der einzigartigen Schönheit der Gegend rund um Saignelégier mit den extrem hohen Nadelbäumen und dem durchwegs grünen Waldboden schwärmen, die "visuell ein fantastisches Setting für einen Horrorfilm ergeben".
Das tun sie auch – bloß war dieses Grün im Film nicht einmal mehr zu erahnen.
Und so weiter, und so fort. Mein Zorn war groß. Ich hob zu einer Tirade an und forderte, diese unausgereifte Technologie namens 3D auf den Misthaufen der Filmgeschichte zu entsorgen.
Die Antwort von Filmverleih, Drehbuchautoren und Produzenten ließ nicht lange auf sich warten. Man versicherte mir glaubhaft, dass die 3D-Technologie an sich funktioniere. Auch und gerade bei diesem Film.
Das Problem liege vielmehr in manchen Kinos, die es ärgerlicherweise mit der Projektion nicht so genau nehmen. Bei der Weltpremiere von ONE WAY TRIP in Zürich dauerte es zwei Stunden, bis die Projektoren optimal eingestellt waren. Gut möglich, dass manche Filmvorführer diese anstrengende Arbeit nicht mit der nötigen Sorgfalt erledigen. Und dann kann es passieren, dass der Zuseher nur noch schwarz sieht. Im Wortsinne.
Was den vorliegenden Film angeht: 3D mag ja in manchen Fällen funktionieren. Wenn man James Cameron heißt und das nötige Kleingeld hat, eine eigene, exakt an seine Zwecke angepasste Kamera-Technologie entwicklen zu lassen. Oder wenn man bei Pixar arbeitet, die Filme mit einer Rendering-Software zeichnet und das von Natur aus dunklere 3D-Bild mit ein paar Mouseklicks aufhellen kann.
3D funktioniert aber eher sub-optimal in einen Low Budget-Horrorfilm, der noch dazu großteils in der Nacht spielt. Auch wenn sich Produzenten und Regisseur größte Mühe gegeben haben, den Film stereoskopisch - also mit Augenmerk auf der räumlichen Platzierung von Requisiten, Schauspielern etc - zu drehen. Für mich hätte es good old 2D auch getan.
PS: Mittlerweile hatte ich Gelegenheit, in einem anderen Kino den Trailer in 3D zu sehen. Und siehe dar: Hier hat die Projektion funktioniert, und farbtechnisch lag alles im grünen Bereich. Lasst Euch also von meiner Suderei nicht abschrecken und schaut Euch den Film an. Und hoffen wir, dass das "Wie-stelle-ich-die-Projektoren-für-3D-richtig-ein"-Merkblatt, das der Filmverleih, iniitiert durch meine vernichtende Kritik, an die Kinos versendet hat, auch gelesen wird.
Starttermin in A: 23.09.2011.
Inhaltlich und formal gibt's am ersten Schweizer Horrorfilm (der lässige Sennentuntschi kam etwas später) wenig auszusetzen: Okay, er ist weder wahnsinnig spannend noch sonderlich innovativ, aber solide mainstreamige Slasher-Unterhaltung wird garantiert. Ob die Entscheidung, den Film in 3D zu drehen, wirklich eine geniale Blitzidee war, muss jeder für sich selbst beantworten. Meine Meinung dazu ist mittlerweile hinlänglich bekannt ;-)