OT: Limitless
THRILLERDRAMA: USA, 2011
Regie: Neil Burger
Darsteller: Bradley Cooper, Robert De Niro, Abbie Cornish, Anna Friel
Eddie Mora ist wohl das was man in konservativeren Kreisen eine Zecke nennt. Unrasiert und ungepflegt, seine Kreativität für abgehobene Ideen und Literatur nutzend, anstatt zur Entwicklung von Computerchips oder Konstruktion von Brücken. Als Schreibhemmungen seine literarischen Ambitionen gefährden und ihn auch noch seine Freundin verlässt, trifft er zufällig auf seinen Exschwager, seines Zeichens Drogendealer. Der gibt ihm eine Pille, die sein Leben verändern wird ...
KRITIK:Limitless ist ein Film, der ebensoviel Licht wie Schatten wirft. Auf der einen Seite haben wir es mit einem ausnehmend cleveren und vergnüglichen Kinoszenario der Sorte "Normalsterblicher, eher loserhafter Bürger mutiert zum Superhelden" zu tun. Nur, dass diesmal eben keine übermenschlichen Kräfte, sondern ein übermenschlicher Geist unseren Helden auf seiner Reise beseelt.
Er ist motiviert, geordnet, nutzt sein Hirnpotential voll aus, und kann so aus seinem lebenslang bewusst und unterbewusst gesammelten Wissen schöpfen und Verknüpfungen erstellen. Das hat zur Folge, dass der Aktienkurse vorhersagen kann, sein Buch in drei Tagen schreibt, in jeder Situation den richtigen Spruch auf der Lippe hat, Sprachen und Instrumente im Nu lernt und Supermodels flachlegen kann. Der coolste Intellektuelle seit Good Will Hunting.
Und es bereitet viel Freude ihm dabei zuzusehen. Er ist eindeutig eine Identifikationsfigur, ein Archetyp des amerikanischen Kinos, eine Figur, wie wir sie von Hollywood erwarten, ein kleiner Mann, der auf einmal über sich hinauswächst.
Auf der anderen Seite ist Limitless aber, wenn man drei Sekunden darüber nachdenkt, und das geht sich schon während des Filmes aus, weil er einem Zeit zum Atmen lässt, und das möchte ich durchaus als Kompliment verstanden wissen, ein furchtbares und letztlich unplausibles Chaos, wo schlampigerweise Erzählstränge angefangen werden, die im Nichts enden und höchst fragwürdige charakterliche Entwicklungen vor sich gehen.
Wieso ist Protagonist Eddie in manchen Situationen so schlau, und in anderen so nachlässig? Wieso wird aus dem verkappten Künstler auf einmal ein Wallstreethai? Wieso ist er so unvorsichtig mit seiner Gabe? Wieso trägt er sie so mir nichts dir nichts an die Öffentlichkeit? Wieso schafft er oder versucht er nicht bei all seiner Schlauheit nicht herauszubekommen woher die Droge kommt, welche Gefahren da lauern?
Er stürzt sich einfach völlig unüberlegt in sein neues Leben. Das ist nur menschlich, nicht wahr? Aber wieso ist der sonst so übermenschliche Hauptcharakter gerade in solchen Szenen doch so menschlich? Ja, ich weiß es eh, sie wollen eine spannende, nicht zu hochtrabende Geschichte erzählen. Das schnelle Geld an der Wall Street ist natürlich verlockender als Genforschung oder eine neue Perspektive in der Philosophie.
Der Film befriedigt die transzendenten Bedürfnisse, er bietet Eskapismus, aber letztlich doch viel bodenständiger als Filme, wo die Helden körperliche Superkräfte haben. Er ist clever genug um die etwas anspruchsvolleren Zuseher zu unterhalten und oberflächlich genug um die weniger anspruchsvollen Zuseher nicht zu verschrecken.
Es mangelt jedoch an charakterlicher und philosophischer Tiefe. Bestes Beispiel, der Umgang mit dem Thema Drogen. Eigentlich verherrlicht der Film diese. Die durchaus vorhandenen körperlichen Gefahren der Substanz werden durch den Fokus der Inszenierung gekonnt heruntergespielt und umschifft, die psychische Abhängigkeit nicht einmal erwähnt. Höchstens das Thema Besorgungskriminalität spielt eine Rolle, aber auch nur um ein paar Actionszenen einzubauen.
Insgesamt ist Ohne Limit also ein durchaus interessanter Film, dem aber etwas mehr Ambition als zu unterhalten nicht geschadet hätte. Trotzdem finde ich, dass man Regisseur Neil Burger auf dem Radar behalten sollte. Mit Limitless und beiden kleinen vorangegangenen Juwelen The Illusionist und The Lucky Ones kristallisiert sich schon heraus, dass dieser Mann visuelles Talent in Kombination mit der Gabe gute Geschichten mit ein wenig Anspruch zu erzählen besitzt. Ob man von einem neuen David Fincher sprechen kann, weiß ich nicht, aber die Philosophie der beiden scheint immerhin ähnlich zu sein: Unterhaltungskino auf höchstem Niveau zu kreieren.