MUSIKDOKU: A, 2012
Regie: Mirjam Unger
Darsteller: Eva Jantschitsch, Clara Luzia, Teresa Rotschopf, Vera Kropf
Gustav, Clara Luzia, Teresa Rotschopf, Luise Pop: Vier österreichische Musikerinnen, die FM4-Moderatorin Mirjam Unger eineinhalb Jahre lang mit der Kamera begleitet hat. Das Ergebnis ist eine Musikdoku als persönliches Portrait von vier unterschiedlichen Frauen zwischen Studioaufnahmen, Proben, Tourneen, Backstage-Parties und - ja, Windelwechseln.
Beinahe-Popstar, glamouröse Bühnen-Persona, selbstbestimmte Songwriterin und liebevolle Mutter - wie bringt man - nein, frau - all diese Widersprüche unter einen Hut?
Teresa Rotschopf - ehemalige Sängerin der Electro-Popband Bunny Lake, und Gustav alias Eva Jantschitsch schaffen das im Film ganz easy. Nicht, dass ich die Belastbarkeit und Multitasking-Fähigkeit dieser starken Frauen auch nur eine Sekunde lang anzweifeln möchte - aber muss der Rock 'n' Roll nicht öfters mal Pause machen, wenn das Baby zum Beispiel Hunger hat oder eine neue Windel braucht? Als - ich geb's ja zu - manchmal durchaus auch überforderter Vater erscheint mir diese scheinbar völlig problemlose Doppelrolle Musikerin/Mutter doch ein wenig - nun ja - utopisch.
Aber das ist schon der einzige kleine Vorwurf, den ich Mirjam Ungers Musikdoku machen kann.
Der Film ist in jeder seiner 98 Minuten Laufzeit höchst sehenswert - vielleicht gerade wegen seiner weiblichen Perspektive. Ein männlicher Regisseur, noch dazu mit einem musikaffinen Background, hätte seine Protagonisten wohl am liebsten bei endlosen Musikfachsimpeleien gefilmt - ein Hobby, dem meiner Beobachtung nach ausschließlich Männer frönen. Nerdiger Musik-Geek-Speak kommt in diesem Film praktisch keiner vor. Stattdessen interessiert sich Mirjam Unger für die Menschen hinter den Bühnenpersönlichkeiten.
"Die, die es ehrlich machen, sind nackt auf der Bühne", sagt Eva Jantschitsch. Das ist selbstredend metaphorisch gemeint. Trotzdem verblüfft es, wie viel Persönliches, Intimes die Musikerinnen von sich preisgeben. Wenn Clara Luzia von finanziellen und gesundheitlichen Problemen erzählt und Luise Pop alias Vera Kropf Unsicherheiten und Verletzlichkeiten zeigt, die nicht so recht zur Riot-Girl-Attitüde ihrer Band passen, bekommt der Film eine tragische Note, die ich von einer Musik-Doku nicht unbedingt erwartet hätte.
Filmisch gibt's auch keinerlei Anlass zur Klage: Dezente, aber wirkungsvolle visuelle Spielereien peppen die zahlreichen Live-Aufnahmen auf. Die Schnitte werden schnell und dynamisch gesetzt, und die Musik wird nicht zerredet, sondern begleitet die Erzählung.
Alles in allem also eine höchst interessante und gelungene Musik-Doku aus weiblicher Perspektive - sollte man(n) sich unbedingt ansehen.
Lest bitte nochmal den letzten Absatz.