OT: Furia à Bahia pour OSS 117
EUROSPY: FRANKREICH/ITAL, 1965
Regie: André Hunebelle
Darsteller: Frederick Stafford, Mylène Demongeot, Raymond Pellegrin
In Brasilien sterben bei einer Reihe von Selbstmordanschlägen mehrere Politiker und Militärs von hohem Rang. Seltsam dabei ist, dass die Attentäter zuvor unbescholtene Bürger waren. Frankreich schickt seinen besten Mann, OSS 117 alias Hubert Bonisseur de la Bath nach Rio. Der findet bald eine Spur zu einer paramilitärischen, faschistischen Organisation, die den ganzen Kontinent erobern will
KRITIK:Unter all den James-Bond-Epigonen der 60er-Jahre ist die OSS-Reihe die vermutlich erfolgreichste, in jedem Fall aber die langlebigste. Bereits 1956 und damit lange vor Sean Connerys erstem Auftritt ermittelte Ivan Desny im Dienste des französischen Geheimdienstes, danach waren Michel Piccoli und Kerwin Mathews in der Titelrolle zu sehen. Natürlich nahm die Reihe aber erst richtig Fahrt auf, als 007 die Welt eroberte und Fantomas-Regisseur André Hunebelle den Filmen ab 1963 mehr Esprit und Humor gab.
Anders als ein Großteil der europäischen Konkurrenz leistete sich die OSS-Reihe den Luxus teurer außereuropäischer Drehorte. In PULVERFASS BAHIA präsentiert sich nun Frederick Stafford vor den Postkartenmotiven Brasiliens: de la Bath trifft seinen Informanten auf dem Zuckerhut, flaniert an der Copacabana, speist elegant auf dem Corcovado mit Blick auf Rio in der Abenddämmerung, findet ein geheimes Versteck im Amazonas-Urwald und rettet seine Herzdame aus den Wasserfällen des Iguaçu. OSS 117 macht dabei in allen Szenen eine gute Figur, auch wenn die Guten und Bösen schon mal im Sekundentakt die Seiten wechseln oder der bloße Versuch, ein halbwegs brauchbares alkoholisches Getränk in einem Luxusrestaurant zu bestellen, auf surreale Art scheitert.
PULVERFASS BAHIA ist dabei natürlich ein Kind seiner Zeit. De la Bath kann durchaus mit einigen der dümmsten Anmachsprüche punkten und seine Gegner mit sensationell einfachen Methoden ausschalten. Aus heutiger Sicht wirkt der zur Schau gestellte Anachronismus entweder herzerfrischend abgebrüht oder unfreiwillig komisch. Letzteres dürfte der Grund gewesen sein, den eigentlich 1970 eingemotteten Agenten in jüngster Zeit wiederzubeleben - und obwohl weder Konzept oder Drehweise besonders verändert wurde und sogar die schlechten Rückprojektionen der 60erJahre eine Renaissance feiern, sind die neuen OSS-Abenteuer CAIRO, NEST OF SPIES und zuletzt LOST IN RIO absolut großartige Filmkomödien und ihrem einstigen Vorbild James Bond in Punkto Style, Eleganz, Filmästhetik und Wiedererkennungswert inzwischen weit überlegen.
Ein Eurospy aus dem Lehrbuch: OSS 117 in Rio zwischen Sambakarneval, Zuckerhut und einer Nazi-Armee. Wenn er nicht gerade vor einer Rückprojektion ins Lenkrad greift oder vor einem Standfoto Ski fährt, darf man mitzählen, wie oft die anwesenden Damen die Kleider wechseln.