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Nostalghia

Nostalghia

DRAMA: I/SU, 1983
Regie: Andrej Tarkowski
Darsteller: Oleg Yankovskiy, Erland Josephson, Domiziana Giordano, Patrizia Terreno

STORY:

Ein russischer Dichter begibt sich fern seiner Heimat auf die Spuren eines russischen Komponisten aus dem 19. Jahrhundert. Doch die Sehnsucht nach seiner alten Heimat lässt für ihn die Arbeit an dem Projekt mehr und mehr in den Hintergrund rücken. Je stärker die Sehnsucht wird, desto mehr fühlt er sich von seiner Umwelt missverstanden und zu einem Mann, den alle für "verrückt" halten, hingezogen. Doch Erlösung wird er auch bei ihm nicht finden...

KRITIK:

"Wie kann ein Mensch normal, vollwertig leben, wenn er sich von seinen Wurzeln losgerissen hat? Auf Russisch ist ‚Nostalghia’ eine Krankheit, eine lebensgefährliche Krankheit".
Andrej Tarkowski

Besser als der Meister selbst hätte man die Essenz von "Nostalghia" wohl kaum zusammenfassen können. Nosthalgia ist das Porträt eines Entwurzelten, der an seiner Sehnsucht und seinem Heimweh mehr und mehr zerbricht.

Bedenkt man Tarkowskis eigenes Schicksal und den Umstand, dass "Nostalghia" der erste Film, den er außerhalb seiner Heimat drehte, ist, bekommt das Werk noch einen zusätzlichen, leicht bitteren Beigeschmack.

Zwar war Tarkowski durch Filme wie "Solaris" und "Stalker" zu internationalen Ruhm gelangt, doch in seiner Heimat hatte er immer noch mit fehlender Annerkennung und mit den Behörden zu kämpfen. Dadurch sah er sich gezwungen "Nostalghia", mit relativ wenig Geld in Italien zu drehen. Auch wenn sich für ihn durch die Emigration, zumindest in künstlerischer Hinsicht, viele Vorteile boten, so sollte er sich in der Fremde nie wirklich wohl fühlen. Wie die Hauptfigur aus Nostalghia, die zudem noch den gleichen Vornamen trägt, so wird auch Tarkowski in der Fremde seine Sehnsucht nach Russland nie ganz abschütteln können.

Der Film selbst wartet mit einer melancholischen, surrealen Atmosphäre auf und lässt sich mit der Erzählung seiner Geschichte Zeit. Mehr und mehr vermischen sich Traum und Realität, Visionen mit Wirklichkeit, Vergangenheit mit Gegenwart.

Neben Heimweh und das Bildnis das man über Russen im Ausland hat und wie es überhaupt entstehen konnte, geht es um Religion und die altbekannte Frage ob die Verrückten normal oder die Normalen verrückt sind. Der Film hinterfragt vieles, angefangen vom reaktionären Frauenbild, das in bestimmten Kreisen der katholischen Kirche noch immer gang und gebe ist, und versucht zudem gesellschaftliche Missstände aufzuzeigen.

"Nostalghia" ist Arthouse at his best, ein Werk das den Ruf eines "Kunstwerks" vorausseilt. Und als solches wurde der Film nach Erscheinen auch richtiggehend in den einschlägigen Feuilletons abgefeiert und erfuhr einige überaus interessante Interpretationen. Wer sich dafür interessiert, kann gerne die Suchmaschine seines Vertrauens zu Rate ziehen.

Ich möchte dem Film, der mit einer stolzen Laufzeit von über zwei Stunden aufwartet, jetzt auch nicht mal den Kunstwerk-Charakter absprechen (könnte ich ja auch gar nicht), aber trotzdem wirkt das Werk in gewisser Weise in der heutigen Zeit schon etwas veraltet. Was damit zusammenhängt, dass es solche kompromisslose, schwierige Werke, die man sich erarbeiten muss, immer seltener gibt.

Alles in allem ist "Nostalghia" ein düsteres, pessimistisches Werk. Trotz, oder gerade wegen seiner malerischen Bilder und Naturkulissen. Es sind vor allem die starken, gemäldeartigen Bilder, mit denen der Film auftrumpft. Und die dem Zuseher länger in Erinnerung bleiben.

Gerade bei einem solch bildgewaltigen Film ist es natürlich fatal, wenn die Bildqualität der VHS oder DVD nicht wirklich gut ist. Da das Werk aber schon älter ist, ist genau dies dem Film wiederfahren. So mussten Fans lange Zeit auf Importe und ähnliches zugreifen. Und erlebten trotzdem oft böse Überraschungen.

Deshalb sorgte die Ankündigung von Alamode, den Film neu rauszubringen schon mal für ein wenig Vorfreude. Also hab ich mir schnell die DVD unter dem Nagel gerissen und mir mein Bild gemacht. Was soll ich sagen: Ich wurde nicht enttäuscht.

Das Bild hat anfangs zwar noch mit einigen Schmutzstreifen und Staubpartikeln zu kämpfen, wird aber im Laufe des Films immer besser. Mal abgesehen von Kleinigkeiten gibt es an der Bildqualität nicht wirklich etwas auszusetzen, es ist relativ scharf, pixelt nicht und selbst in den dunklen Szenen hat man keine Probleme etwas zu erkennen. Der Ton wurde eigens auf Deutsch neu synchronisiert. Grundsätzlich ist die Synchro jetzt nicht die schlechteste, hat allerdings einen recht eigenartigen, unnatürlich klingenden Nachhall. Und die italienische Originaltonspur (Deutsche Untertitel sind einblendbar) rauscht streckenweise recht stark.

Die Version von Alamonde dürfte trotz kleinerer Mängel so ziemlich die Beste sein, die zur Zeit am Markt zu kriegen ist. Und als Zuckerl hat Alamode auch noch die knapp 90-Minütige Dokumentation "Meeting Andrei Tarkovsky" von Dmitry Trakovsky draufgepackt. Fans von Tarkowski (und solche die es noch werden wollen) können also ohne große Bedenken zugreifen.

Nostalghia Bild 1
Nostalghia Bild 2
Nostalghia Bild 3
Nostalghia Bild 4
Nostalghia Bild 5
Nostalghia Bild 6
FAZIT:

Nostalghia zählt sicher zu den persönlichsten Werken des russischen Ausnahmeregisseurs Andrej Tarkowski. Und gleichzeitig ist Nostalghia auch sein erstes im Ausland gedrehtes Werk. Nosthalgia ist ein melancholischer, leicht surrealer Film, der vor allem durch seine opulenten Bilder und die dichte Atmosphäre überzeugen kann.
Alamode hat den Filmklassiker nun neu aufgelegt, in verbesserter Bild- und Tonqualität und die Dokumentation "Meeting Andrei Tarkovsky" gleich mit draufgepackt.

WERTUNG: 9 von 10 auf brennende Kerzen fallende Vogelfedern
TEXT © Gerti
Dein Kommentar >>
lalilulelo | 15.04.2011 19:28
danke!
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Andreas | 19.06.2010 15:41
Visuell zählt das wohl zu den besten Filmen, die ich jemals gesehen habe. Derartig Grossartiges muss einem erst mal unter die Augen kommen.

Storymäßig kann ich mit Fug und Recht behaupten, vermutlich nicht mal 10% aller Symbolik entschlüsseln zu können. Dies macht aber auch den Film sehr anstrengend. Ich empfehle, ihn (sehr!) ausgeschlafen zu betrachten.

Allein für die Bilder verdient dieser Film schon 8 von 10 sepiagefärbten Szenerien.
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Ralph | 25.05.2010 17:23
Hab ich mal im Kino unter Sternen gesehen. Tarkovsky's Werke schweben auf solch erhabenen Höhen, dass man danach 99,9% aller anderen Filme nicht mehr ernst nehmen kann. Dieser Typ war einfach ein Genie, der Rest ist da nur Schall und Rauch. Danke für die tolle Kritik.
Gerti | 26.05.2010 16:39
Freut mich, dass die Kritik dir gefallen hat. Das Vergnügen mir den Film auf der großen Leinwand anzusehen hatte ich leider noch nicht :-(
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