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Nosferatu

Nosferatu

HORROR: USA, 2024
Regie: Robert Eggers
Darsteller: Bill Skarsgård, Nicholas Hoult, Lily-Rose Depp, Aaron Taylor-Johnson, Emma Corrin, Ralph Ineson, Simon McBurney, Willem Dafoe

STORY:

Deutschland, 1838: Der junge, frisch vermählte Anwalt Thomas Hutter (Nicholas Hoult) bekommt ein Angebot, das er nicht ablehnen kann: Eine Reise ins ferne Transsylvanien, wo ein mysteriöser Graf, der angeblich "mit einem Fuß im Grab" steht, einen Grundstückskauf vertraglich besiegeln will. Elen (Lily-Rose Depp) fleht ihren Mann an, zu Hause zu bleiben, wird sie doch seit geraumer Zeit von entsetzlichen Albträumen gepeinigt. Hutter, der die Zustände seiner Frau einer tiefen "Melancholie" zuschreibt, tritt die Reise dennoch an. Und bereut sie spätestens, als er dem - Achtung, Spoiler :-)  - untoten, blutsaugenden Grafen leibhaftig gegenüber steht.

KRITIK:

Freitag Abend nach Weihnachten: Robert Eggers' NOSFERATU wird als Preview im Gartenbaukino gezeigt, und gefühlt halb Wien hat sich um Kinokarten angestellt. Ich bin ja ganz und gar kein Freund von großen Menschenmassen. Und doch freue ich mich, dass Robert Eggers' Herzensprojekt, ein Remake von Friedrich Wilhelm Murnaus NOSFERATU, auf sichtlich großes Interesse stößt. Ein Happy End für den Regisseur, der Jahre lang um das Projekt kämpfen musste und nach dem desaströsen finanziellen Flop von THE NORTHMAN wohl selbst nicht mehr daran geglaubt hatte.

Der Saal füllt sich, das Licht geht aus, und nach den Produktionsfirma-Logos und Titel-Credits (in dekorativen Fake-Nostalgie-Fonts) beginnt der Film gleich einmal mit einem Jump Scare, der sich gewaschen hat. NOSFERATU 2024 will gleichermaßen eine würdige Verneigung vor Murnaus wegweisenden Stummfilmklassiker sein, als auch effektvolles Gothic-Horrorkino auf der Höhe der Zeit, das sich mit Filmen TERRIFIER um die Gunst des zahlenden Publikums matchen muss. Vor allem aber ist es ein Robert-Eggers-Film. Seit THE VVITCH (2015) und THE LIGHTHOUSE (2019) gilt der 41-jährige amerikanische Filmregisseur und Drehbuchautor als einer der eigenwilligsten Genre-Auteure seiner Generation.

NOSFERATU hat in den USA das Box Office gewaltig gerockt und Kritiker zu wahren Freudenstürmen hingerissen. "A masterpiece of unholy terror" urteilte das Online-Magazin The Daily Beast. Sagen wir mal so: Ich tu mir ein bisserl schwer, in die kollektive Euphorie und Jubelstimmung einzustimmen: So erwartbar großartig die gotischen Bilderwelten, die Eggers auf die Leinwand zaubert, auch sein mögen, hat der Film leider seine Längen und Leerläufe, die man nicht wegdiskutieren kann. Sorry, aber ich fand den mindestens 30 Minuten zu lang. Dabei bin ich eigentlich kein Überlängen-Gegner, ganz im Gegenteil. 2023 war ja das Jahr der großen Überlängenfilme. TAR, THE FABELMANS, BABYLON, THE KILLERS OF THE FLOWER MOON, NAPOLEON, jeden einzelnen davon fand ich großartig.

NOSFERATU hat im Grunde recht wenig zu erzählen. Eggers ist meiner bescheidenen Meinung nach auch weniger Storyteller als vielmehr akribischer Formalist und visueller Überwältigungskünstler. Als solcher zieht er natürlich alle Register. Schon die Ankunft des verunsicherten Anwalts im tief verschneiten, quasi-mittelalterlichen Rumänien ist ein visuelles Fest - und sollte natürlich im Kino genossen werden.

Ein Hinweis an dieser Stelle: Jene Fraktion, die Filme hauptberuflich auf vermeintliche ideologische Verfehlungen abklopft, wird die Darstellung der musizierenden, tanzenden und abergläubische Rituale zelebrierenden Gypsys vermutlich hochgradig "problematisch" finden. Aber das nur nebenbei. Warum das Kino von Robert Eggers, das das Mythische und Archaische zelebriert, keine aufgeklärte Kunstform sein will, und warum das völlig in Ordnung ist, könnt ihr gerne in meiner Rezension von THE VVITCH nachlesen.

Zur Hochform läuft der Film dann auf, als der Untote die sinnbildliche Pest über die fiktionale Stadt Wisborg bringt - mit 2000 echten Ratten, Feuer und entstellten Leichen, wohin das Auge blickt. Schade nur, dass Eggers seinen hypnotischen filmischen Flow immer wieder mit schwerfälligen und unspannenden Dialogszenen ausbremst. Wie schon gesagt: 30 Minuten Laufzeit weniger, und das wäre ein großartiger, super-spannender Horrorfilm geworden.

Die Schauspieler wollen wir noch kurz erwähnen: Wie sich Johnny Depps Tocher Lily-Rose mit verdrehten Augen und zuckenden Gliedmaßen in schönster POSSESSION-Manier durch die halbe Laufzeit outriert, das kann man durchaus als Tour de Force bezeichnen. Willem Dafoe darf natürlich auch nicht fehlen. Sehr nett fand ich den britischen Theater-Mimen Simon McBurney, der hier als Herr Knock den inneren Ozzy Osbourne von der Leine lässt und eine arme Taube einen Kopf kürzer macht. "Devour!"
Den Vogel abgeschossen hat aber Bill Skarsgård, der mit seinem gigantomanischen Schnurrbar aussieht wie der transsylvanische Bruder von Drahdiwaberl-Mastermind Stefan Weber (RIP). Dem hätte der Film sicher gefallen.

Nosferatu Bild 1
Nosferatu Bild 2
Nosferatu Bild 3
Nosferatu Bild 4
Nosferatu Bild 5
Nosferatu Bild 6
FAZIT:

Erwartbar überwältigende gotische Bilderwelten, unnötig schwerfällige Dialoge und Leerlauf. Robert Eggers' sehnsüchtig erwartetes NOSFERATU-Remake ist natürlich ein Pflichtfilm, aber die ganz große Euphorie will sich nicht einstellen. Für mich bleibt THE VVITCH der beste Eggers.
In diesem Sinne: "He is coming!"

WERTUNG: 7/10
Dein Kommentar >>
Sydney Sweeneys Euter | 20.01.2025 22:56
Ja, aber den völlig langweiligen The Northman habt ihr besser bewertet. Mal wieder nicht nachzuvollziehen.
Harald | 21.01.2025 11:13
Oida, dein depperter Nickname. Muss das sein?
>> antworten
desiderii marginis | 17.01.2025 22:13
nichts neues im westen ... es fehlt das gewisse etwas

btw. es fließt kein tropfen blut

.... THE VVITCH der beste Eggers. YES !!!
>> antworten