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Nordwand

Nordwand

DRAMA/ACTION: D, 2008
Regie: Philipp Stölzl
Darsteller: Benno Fürmann, Florian Lukas, Johanna Wokalek, Georg Friedrich, Simon Schwarz, Ulrich Tukur, Erwin Steinhauer, Petra Morzé

STORY:

Einer der zahlreichen gescheiterten Erstbesteigungsversuche der Eiger-Nordwand...

KRITIK:

Der Bergsteigerfilm. Ich verbinde dieses Genre ja eher mit sinnfreier aber in meinen Augen rasend spannender Action a la Cliffhanger oder Vertical Limit. Oder wenn schon als poetisch-philosophische Meditation wie Am Limit.

Aber ich hab gelesen es handelt sich hierbei um ein typisch deutsches Genre. Der Kampf wackerer Held (Mann) gegen unberechenbare, zickige Natur (Fr... nein, das schreib ich jetzt nicht ;-). Da kommen all diese alten Erinnerungen an die gestählten Körper der Leni Riefenstahl gepaart mit Geierwallyschen Heimatfilmattitüden auf einmal hoch. Die ich aber allesamt glücklicherweise niemals gesehen hab und so eine unbelastete Grundneugier mitbringen konnte.

Das Thema ist ja wahrlich nicht uninteressant: Wie die Politik versucht sportliche Leistung für ihre Zwecke zu instrumentalisieren. Dafür braucht es ja fast keine Nazizeit, da genügt schon ein Wolfgang Schüssel der vor laufender Kamera einen unwilligen Benjamin Raich umarmen will.

Dennoch ist der Ansatz als "period piece" nicht uninteressant. Vor allem nicht für uns Österreicher, weil der Film im Jahr 1936 spielt, kurz vor dem Anschluss, in der Zeit des Austrofaschismus, eine Epoche die es nicht allzu oft ins Kino schafft und noch weniger aufgearbeitet ist.

Da eine Koproduktion spielen - neben den nicht minder klischeehaft gezeichneten Schweizern als überkorrekte Langweiler, die zum Lachen in den Keller gehen - gleich ein ganzer Haufen ebenso vielschichtig dargestellter Österreicher wichtige (Neben-)Rollen, die aber immerhin ein wenig Einblick in die damalige Gesellschaft gewähren.

Da sind der göttliche Simon Schwarz und der noch göttlichere Georg Friedrich, die als österreichische Seilschaft in Konkurrenz zu unseren unpolitischen deutschen Kletterhelden Benno Führmann und Florian Lukas ("Heil Hitler!" - "Servus!") stehen und sich dabei von ihrer Schokoladenseite präsentieren. Zwei primitive Sauproleten, Deutschtümmler und Mitläufer, die nicht mehr nach Österreich zurück dürfen, weil sie Mitglieder der NSDAP sind; "Aber der Schuschnigg macht's eh nimmer lang".

Als Gegenpol fungiert Erwin Steinhauer als Vernunftmensch, der die Geschehnisse aus weiserer Sicht kommentiert und dabei natürlich mit seinem Dummchen von Ehefrau (Petra Morzé), den nazitreuen Bergsteigern und Journalisten (Ulrich Tukur) aneckt.

Als moralisches Zentrum dient dem Film aber zweifellos Johanna Wokalek, als aufstrebende Journalistin, Love Interest von Benno Führmann und einzig erfundene Figur in dieser wahren Begebenheit, die erst eine wahre Tragödie erfahren muss, um sich dieser Mechanismen zu entziehen.

Aber Schluss mit all dieser Pseudopolitisierung, die Frage ist doch eher ob dieser Film zu unterhalten weiß. Oh ja, das tut er tatsächlich. Die langsam entwickelte Handlung, die behutsame Einführung der Charaktere, der komplexe Zugang zu dem Thema über Zeitportrait, Sportgeschichte und Medienkritik vermag ordentlich mitzureißen.

Und wirklich großartig sind die Bergszenen. Angefangen von der gekonnten Darstellung des Eigers, der mit seinen 3970 Höhenmetern, schon von der Weite mehr als nur bedrohlich und unbezwingbar wirkt. Aber auch die Kletterszenen selbst sind naturalistisch und spektakulär. Das hat nichts von Plastikfelsen in irgendwelchen billigen 60er-Jahr-Sci-Fi-Serien.

Man spürt förmlich jeden Windstoß, verfällt dem Höhenrausch, zittert vor Kälte und versucht sich seine blutleer-erfrorenen Finger mit verbliebenem schwachen Hauch aufzutauen, während man aus Höheangst fast aus dem Kinositz kippt.

Einzig das Ende fällt ein bisschen quälend aus. Kommt mir jetzt fast wie ein Spoiler vor, aber es wissen eh alle, dass das nicht geklappt hat damals. Und wie das eben nicht geklappt hat, müssen wir in einer sehr schmerzlichen letzten halben Stunde erfahren...

Nordwand Bild 1
Nordwand Bild 2
Nordwand Bild 3
Nordwand Bild 4
Nordwand Bild 5
Nordwand Bild 6
FAZIT:

Ein großartiger, europäischer Genrefilm, der mit mitreißender Geschichte und atemberaubenden Bergszenen aufwartet. Da stören auch die zum Großteil sehr eindimensionalen Figuren nicht allzu sehr. Hut ab!!!

WERTUNG: 8 von 10 völlig veralteten Kletterseilen
TEXT © Ralph Zlabinger
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