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Nocturnal Animals

Nocturnal Animals

DRAMA/THRILLER: USA, 2016
Regie: Tom Ford
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Amy Adams, Michael Shannon, Aaron Taylor-Johnson, Karl Glusman

STORY:

Ein Mercedes-Oldtimer unterwegs Richtung Süden. Texas. Finstere Nacht. Keine Menschenseele weit und breit. "Kein Empfang", mault die Teenager-Tochter am Rücksitz. "Kein Handy, keine Menschen. Das ist das Schöne an Westtexas", antwortet der Vater. Eine fatale Fehleinschätzung. Ein schwarzes Muscle-Car taucht plötzlich im Rückspiegel auf, kommt näher und drängt den Mercedes von der Straße ab. Drei junge Rednecks entsteigen dem Wagen, verhöhnen die Familie, bedrohen sie. Der Mann muss machtlos zusehen, wie Frau und Tochter entführt werden. Er selbst bleibt verletzt in der Wüste zurück ...

KRITIK:

... und das ist erst der Anfang eines verstörenden Roman-Entwurfs, den der erfolglose Schriftsteller Edward (Jake Gyllenhaal) seiner Ex-Frau Susan geschickt hat. Susan (Amy Adams), eine begüterte, aber unglückliche Kunst-Kuratorin, verliert sich immer tiefer im Sog des Buches. Bald schwankt der Boden unter ihren Füßen ob der Parallelen, die sie zwischen ihrem Leben und dem abgründigen Roman-Plot entdeckt.

Wir sind mittendrin im zweiten Film von Tom Ford, seines Zeichens Mode-Gott, Stilikone und autodidaktischer Filmregisseur. A SINGLE MAN (2009) hat mich damals auf so vielen Ebenen berührt, mit seiner Schönheit betört und seiner emotionalen Wucht überfahren, dass ich lange brauchte, um wieder halbwegs in die Realität zurückzufinden.

NOCTURNAL ANIMALS ist kein SINGLE MAN 2. Wiewohl viele Elemente, die Tom Fords Debut unverwechselbar machten, erneut ins Spiel kommen. Erwartungsgemäß wird Stilisierung wieder übergroß geschrieben. Und ebenso erwartungsgemäß steht wieder der Style-over-Substance-Vorwurf im Raum. Ich will darauf gar nicht näher eingehen. Falls jemand meine Pamphlete hier schon länger verfolgt, wird er/sie wissen, dass mir Dramatik und Schönheit im Kino alles und "Tiefgang", "Message" und Logik immer weniger bedeutet.

NOCTURNAL ANIMALS sind eigentlich zwei Filme in einem: Die Geschichte der ausgebrannten, an chronischer Schlaflosigkeit leidenden Galeristin Susan, von Amy Adams erwartbar souverän gespielt, ist ein urbanes Drama um Leere und Entfremdung vor kalten, aber glamourös glitzernden Bling-Bling-Oberflächenwelten.

Im harten Kontrast dazu steht die Roman-im-Film-Handlung, ein sauspannender, knochenharter Backwood-Thriller mit Schauplatz Texas, wo Tom Ford den inneren Sam Peckinpah von der Leine lässt. Zu meinem nicht geringen Erstaunen funktioniert der harte Thriller-Part, als hätte Ford nie etwas anderes getan, als aufgelöste, keuchende, schwitzende, blutende Männer unter gleißender Wüstensonne zu filmen. Ein möglicherweise überambitioniertes, aber faszinierendes Film-Experiment, das zwischen Glamour und Gewaltexzess, Traum und Realität, Fiktion und Erinnerung gleichzeitig betört und für Beklemmung sorgt.

Nocturnal Animals Bild 1
Nocturnal Animals Bild 2
Nocturnal Animals Bild 3
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Nocturnal Animals Bild 5
Nocturnal Animals Bild 6
FAZIT:

In seiner zweiten Regiearbeit lässt Modegott Tom Ford eine Frau im Sog des brutalen Romans ihres Ex-Manns versinken. Eisige Upperclass-Satire und knochenharter Noir-Thriller in einem. Ein Film, der gleichermaßen betört wie verstört. Tom Ford beschert uns im eh schon ziemlich superen Kinojahr 2016 noch ein Last-Minute-Highlight.

WERTUNG: 8 von 10 Cowboy-Hüte
Dein Kommentar >>
Martin Zopick | 05.11.2019 17:42
Der zweite Film von Tom Ford und der ist gar nicht mal so schlecht. Über weite Strecken spannend. Nur über das Ende kann man sich genüsslich streiten über Gesehenes oder Angedeutetes. Es gibt viele symbolträchtige Querverbindungen zwischen den zwei Handlungsebenen, auf denen die Geschichte erzählt wird. Außerdem noch Mutter ? Tochter Probleme sowie nette Klischees.
Wohlhabende Galeristin Susan (Amy Adams) hat alles und ist doch unglücklich. Ihr Ehemann, ein Beau, betrügt sie. Ihr Ex Tony (Jake Gyllenhaal) schickt ihr das Manuskript seines ersten Romans, der den Titel des Films trägt. Susan liest ihn und wir erleben die Szenen voller Gewalt: Tony und seine Familie werden von drei gewaltbereiten Jungs angegriffen, Frau und Tochter vergewaltigt und erschlagen. Diese Schiene ist durchaus beängstigend, die ausbrechende Brutalität überzeugt. Es sind Ray, Lou und Turk. Man kann sie nachtaktive ?Tiere? nennen. Mit Hilfe von Detektive Bobby Andes (Michael Shannon) werden diese Tiere ausfindig gemacht und illegal zur Strecke gebracht. Tony schwankt zwischen Rache und Bestrafung, dem totkranken Andes ist der Verlust seiner Lizenz egal. Soweit, so gut, so spannend! Doch die Finalrunde bleibt irgendwie offen. Man sieht nicht alles so genau. Man ahnt, dass Tony erblindet (?), aber kommt er um oder nicht? Eine Mail von ihm vereinbart ein Wiedersehen mit Susan. Kommt er oder kommt er nicht? Auf alle Fälle kein zuckersüßes Happy End: Susan wartet, vergießt ein paar Tränchen, grübelt?Hat vielleicht sogar Erkenntnisse: war ihr Mann Hutton (Armie Hammer) doch ein Arschloch? Die Zuschauer dürfen diskutieren. Spannende Unterhaltung mit klasse Schauspielern und einem diskussionsfördernden Schluss.
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