OT: Svetlonoc
HORROR: SK, 2022
Regie: Tereza Nvotová
Darsteller: Natalia Germani, Eva Mores, Juliana Olhová
Eine Erbschaftsangelegenheit führt die junge Frau, Sarlota heißt sie, zurück in ihr Heimatdorf in den slowakischen Karpaten. Die Stimmung ist feindselig. Fassungslos erkennt Sarlota, dass man sie für tot gehalten hatte und der Hexerei beschuldigt.
.. und ähnlich fassungslos muss auch Regisseurin Tereza Nvotová gewesen sein. In einem Interview erzählt sie, dass ihr die Idee zu NIGHTSIREN durch ein Anthropologiebuch kam, wonach sich in slowakischen Bergdörfern neben dem Katholizismus bis heute hartnäckig ein Hexenglaube hält.
Die Slowakei war bislang ein weißer Fleck auf meiner filmischen Landkarte - wenn wir von Eli Roths berüchtigtem Tortur Porn HOSTEL absehen, der zwar im Nachbarland spielt, aber nicht dort gedreht wurde.
NIGHTSIREN ist der zweite Spielfilm der slowakischen Schauspielerin und Regisseurin Tereza Nvotová. Als Folk-Horror-Film aus der Slowakei hat der Film eine erfolgreiche Festival-Tournee mit einigen Auszeichnungen hinter sich, unter anderm "Bester Film" in Locarno 2022.
Und er ist tatsächlich sehr gut. Klar, die Vergleiche mit MIDSOMMAR und THE VVITCH liegen auf der Hand (Robert Eggers' Film nennt die Regisseurin auch als Inspiration), und doch ist NIGHTSIREN ein sehr eigenständiges Werk. Anders als THE VVITCH, der ja bewusst eine "unaufgeklärte" Perspektive einnimmt und das Übersinnliche feiert, bleibt NIGHTSIREN auf dem Boden der Tatsachen. Die Images des Hexenhorrorfilms - unerklärbare Tiertode, brennende Scheiterhaufen, nächtliches Nackttanzen im Wald - werden dennoch durchzelebriert.
NIGHTSIREN ist ein erfreulich visueller Film, der aus dem bestimmt alles andere als astronomischem Budget das Maximum an Wirkung herausholt. Und Filme, die zum Großteil in einem finsteren, undurchdringlichen ANTICHRIST-Wald spielen, haben bei mir sowieso einen Stein im Brett.
Dass das ganze Hexending - no na - eine Mischung aus Rückständigkeit und durch "Brauchtum" normalisierte Misogynie ist, ist sowieso von Anfang an klar. Die Männer im Dorf kommen erwartungsgemäß nicht besonders gut weg. Aber es sind die Frauen, die die Täter decken, die sich passiv in die Opferrolle einfügen, die physische und psychische Gewalt stumm ertragen und so die Verhältnisse perpetuieren: "Ihn verlassen? Was ändert das? Es sind doch alle so."
Die slowakische Regisseurin Tereza Nvotová holt die - visuell beeindruckenden - Bilder des Folk Horrors in die Gegenwart eines abgelegenen Bergdorfes und lässt sie mit brutaler Männergewalt kollidieren. THE VVITCH meets STRAW DOGS, wenn man so will. Ein kleiner, großer Genre-Film aus dem Nachbarland, der eigentlich ein Drama ist.
Gibt's auf Prime oder auf DVD.