THRILLER: USA, 2014
Regie: Dan Gilroy
Darsteller: Jake Gyllenhaal, Rene Russo, Riz Ahmed, Bill Paxton
Die Geschäfte laufen auszeichnet für Lou Bloom (Jake Gyllenhaal): Mit seiner Videokamera ist er stets als Erster am Ort des Geschehenes. Er versorgt lokale TV-Sender mit dem, was man im "Keine-Zeitung-keine-Ahnung"-Zeitalter für Nachrichten hält: Brände, Unfälle, Messerstechereien, Überfälle, diese Kategorie. Auf der Jagd nach den spektakulärsten Bildern überschreitet er bald jede moralische Grenze und geht sprichwörtlich über Leichen ...
Sie haben seit Jahrzehnten Hochkonjunktur im Kino: Die einsamen, ausgebrannten, manischen, getriebenen Asphaltcowboys, die nächtens rastlos durch die Straßenschluchten cruisen. Wir denken natürlich zu allererst an Robert de Niro in TAXI DRIVER, an Ryan Gosling in DRIVE oder auch kürzlich an Tom Hardy in NO TURNING BACK.
In diese schöne Tradition reiht sich nun auch Jake Gyllenhaal ein. Mit dem kleinen Unterschied, dass sein Nightcrawler - was wie der Titel eines 80-er-Slashers klingt, ist eine abschätzige Bezeichnung für Reporter, die nächtelang am Polizeifunk hängen und zu Tatorten rasen - eher wenig Identifikationspotential zulässt. Diese Figur einen Unsympathler zu nennen wäre noch eine gelinde Untertreibung. Auf eine bizarre Art und Weise hat mich Jake Gyllenhaals Figur an Karl-Heinz Grassers psychopathischen Zwillingsbruder aus der Gosse erinnert, mit seinen gegelten Haaren, seinem übersteigerten Ego und seinen neoliberalen Selbstoptimierungs-Schleimsprüchen.
Der Film ist natürlich grandios. Schlag nach unter nachtschwarzer Neo-Noir-Thriller mit Schauplatz urbaner Asphalt-Dschungel. Dem Kameramann gelingen einige wirklich eindringliche Bilder. Die Spannung bleibt durchgängig im roten Bereich. Die erwartete Medienschelte mag zwar einen Hauch zu plakativ ausgefallen sein, berechtigt ist sie auf alle Fälle. Und Jake Gyllenhaals Performance ist sowieso creepy as hell.
NIGHTCRAWLER ist leider ein Vertreter aus einer langsam aussterbenden Gattung: Seit einigen Jahren schon kommt Hollywoods mittleres Produktions-Segment schwer unter Druck. Während auf der einen Seite pompöse Superhelden-Spektakel ständig neue Box-Office-Rekorde aufstellen und im Horrorfach ultrabillige "Found Footage"-Experimente die Kassen klingeln lassen, haben es inhaltlich avancierte Filme mit mittleren Budgets (10-20 Millionen) immer schwerer. Meist lassen sich solche Werke nur noch durch das persönliche Engagement eines zugkräftigen Stars realisieren. Ein Beispiel war das abgründige Entführungsdrama PRISONERS, ebenfalls mit Jake Gyllenhaal. Oder eben auch NIGHTCRAWLER. Dringende Empfehlung, jetzt im Kino.
"Wer mich sieht, hat den schlimmsten Tag seines Lebens." So spricht Lou Bloom, seines Zeichens rasender Reporter, der auf der Jagd nach spektakulären Bildern über Leichen geht. Abgründiger Noir-Thriller mit einem zum Fürchten guten Jake Gyllenhaal, jetzt im Kino.