OT: L'uomo, l'orgoglio, la vendetta
ITALO-WESTERN/TRAGöDIE: I/D, 1967
Regie: Luigi Bazzoni
Darsteller: Franco Nero ,Tina Aumont, Klaus Kinski
José, ein Soldat der spanischen Armee, verliebt sich in die attraktive Zigeunerin Carmen. Als er sie allerdings mit seinem Vorgesetzten erwischt, kommt es zum Duell. Der Kommandant stirbt und José muss mit Carmen in die Berge fliehen. Dort schließt er sich den Räubern an, für die auch Carmen arbeitet. Doch ihre Liebe steht unter keinem guten Stern...
Und wo bleibt Django? Ich habe bewusst die tatsächlichen Namen gewählt, die auch im Original zu hören sind. Erst in der (west)deutschen Synchro wurden aus José Django und aus Carmen die Mexikanerin Chonchita.
Und nicht nur das. Rainer Brandt labert sich durch den Film, bis die Schwarte kracht. "Pass auf, dass du nicht in die Stacheln fällst, sonst kriegst du hinten 'nen Bart."
Tatsächlich aber ist der Film eine lupenreine Verfilmung von Prosper Mérimées Carmen. Und nur so ergibt die Geschichte auch Sinn, zumal sie in Andalusien und nicht in Mexiko spielt. Dort - also in Andalusien - wurde sie auch gedreht. Allerdings wurden dort auch die meisten Italo-Western gedreht. Was dann natürlich sehr schnell für Irritation sorgt.
Wohin so etwas führt, zeigt vielleicht folgende Anekdote: Im Zuge von DJANGO UNCHAINED zeigten wir in unserem Filmclub eine sorgsam ausgesuchte Italo-Western-Reihe. Darunter auch MIT DJANGO KAM DER TOD. Das Kino war gut gefüllt, wir alle warteten gespannt. Doch statt Leidenschaft in staubiger Hitze stapfte da ein Mann mit einem Sarg durch den Schlamm. Das hektische Gespräch mit unserem Clubvorstand - nennen wir ihn der Einfachheit halber mal Chef - will ich der Nachwelt nicht vorenthalten.
"Chef, das ist der falsche Film."
"Wieso? Das ist Django?"
"Ja, Aber den wollen wir doch nicht zeigen!"
"Wir wollen nicht Django zeigen?"
"Äh. Doch, schon. Aber nicht heute!"
"Kapier ich nicht"
"Es gibt viele Djangos. Den hier zeigen wir ein andermal!"
"Und welchen zeigen wir dann heute?"
"Mit Django kam der Tod"
"Und das ist nicht Django?"
"Nein, das ist Carmen"
"Was?"
"Vergiß es. Liegt im Vorführraum noch Django? Also der richtige?"
"Ist das nicht der richtige?"
(Ich geb's auf.) "Nein. Äh, ja, doch. Aber nicht für heute."
Die Suche im Vorführraum war dann leider auf die Schnelle erfolglos. Vermutlich war es besser so. Denn zum einen hätten wir damit auch den Vorführer überzeugen müssen, dass er den falschen Django zeigt. Zum anderen wollte wohl auch die Mehrheit des Publikums einfach DJANGO sehen. Wir haben erst gar nicht versucht, den Fehler zu erklären.
Tatsächlich lag er in einer Ecke im Vorführraum, lediglich beschriftet mit der Aufschrift "Tod". Vielleicht war das sogar Absicht, denn dieses Wort ist vermutlich der einzige Teil des (west)deutschen Titels, der zutrifft. Und das erklärt vielleicht auch manche Enttäuschung.
Denn als Django verspricht der Film etwas, was er gar nicht einlösen kann. Eigentlich ist das nicht mal ein Italo-Western, sondern mehr die Erinnerung an einen solchen. Der Postkutschenüberfall ist noch am ehesten ein Element, das vertraut ist. Andererseits ist es im Film auch das Element, das am wenigsten funktioniert.
Dafür jedoch schuf Luigi Bazzoni einen weiteren kleinen Geniestreich seines gerade mal fünf Filme umfassenden Oevres. Ein Film voller Leidenschaft, eine große Tragödie stürzt da auf den Zuschauer von der Leinwand ein.
Franco Nero und Tina Aumont spielen das Liebespaar, das nicht ohne und nicht miteinander kann, absolut glaubwürdig. Ob Carmen José tatsächlich liebt, weiß der Zuschauer ebensowenig wie José. Aber das ist auch nicht entscheidend. Ihr würde man die Welt zu Füßen legen. Luigi Bazzonis Bruder und Kameramann Camillo findet dafür den passenden, visuellen Rahmen. Er verhüllt sie, umrahmt und setzt Schatten über ihren Körper, leuchtet aber ihre großen Augen aus. Mit ihr steht und fällt der Film.
Mit der Blu-Ray aus dem Hause Koch Media kann man sich davon auch in HD-Auflösung überzeugen. Die bietet - neben der bereits erwähnten Brandt-Synchro - auch die Synchronisation aus der damaligen DDR. Vorteil: Anders als im Westen nahm man dem Film dort ernst. Carmen ist Carmen, Spanien ist Spanien. Und er lief ungekürzt. So besteht die Möglichkeit, Bazzonis Tragödie in deutscher Sprache ziemlich authentisch zu erleben.
Und Brandts Schnodderschnauze? Die kann man ja in bierseliger Runde immer noch genießen:"Kinder, wo sind wir hingeraten. Ich komm mir ja vor hier, ich weiß gar nicht, was habe ich eigentlich?" Fragen?
Von Django keine Spur, dafür von Liebe, Leidenschaft und Tod. Luigi Bazzoni zeigt seine Carmen im Italo-Western-Look. Das ist vewirrend und authentisch zugleich. Und Tina Aumont verdreht allen den Kopf. Davon kann man sich nun auch im Heimkino überzeugen. Seit 2.5.2014 gibt es die Blu-Ray als Teil der Franco-Nero-Collection von Koch Media.