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Midnight Special

Midnight Special

DRAMA / SCI-FI: USA, 2016
Regie: Jeff Nichols
Darsteller: Michael Shannon, Jaeden Lieberher, Adam Driver, Kirsten Dunst, Sam Shepard

STORY:

Ein schwarzer 72er Chevrolet Chevelle rast durch die Nacht, die Autobahn von Texas nach Louisiana entlang. Die Scheinwerfer sind ausgeschalten, der Fahrer trägt ein Nachtsichtgerät. Die landesweiten Nachrichten berichten von einer Entführung: Ein achtjähriger Junge wird vermisst, die Hintergründe sind rätselhaft. Der Junge sitzt auf der Rückbank und trägt einen Augenschutz. Bald stellt sich heraus, dass der Junge nicht entführt, sondern gerettet wurde. Aber erzähl das mal dem FBI, das den Jungen jagt, als hinge das Überleben der Menschheit von ihm ab ...

KRITIK:

Lauf filmstarts.de wollte Regisseur Jeff Nichols eine Verfolgungsjagd drehen, einen Film über Typen, die in einem schnellen Wagen über Nebenstraßen durch den amerikanischen Süden brettern - nachts und mit ausgeschalteten Scheinwerfern.

Schon die Einstiegsszene ist auf eine subtile Weise unglaublich spannend und unheimlich. Und sie ist nur ein Vorgeschmack auf das, was da noch kommen wird. Für diese ganz spezielle, schwer fassbare Atmosphäre aus Schönheit, Schrecken und Suspense kennen die Amerikaner das schöne Wort "eerie".

Mit gerade einmal drei Filmen - TAKE SHELTER, MUD und jetzt MIDNIGHT SPECIAL hat sich Jeff Nichols einen Namen als Spezialist für ungewöhnliche, aber in der Realität geerdete Genre-Filme gemacht. Manche Kritiker gingen gar so weit, den 37-Jährigen zum neuen Steven Spielberg auszurufen. Dazu fehlt seinen Werken allerdings die eine oder andere Null hinter dem Einspielergebnis.

In Wahrheit sind Nichols Filme ein absolutes Minderheitenprogramm: Für die Multiplex-Crowd ist dieses Sci-Fi-Drama viel zu ruhig und subtil. Und fürs Programmkino wohl zu plakativ. Genre-Kino eben. Und wenn Jeff Nichols in Interviews frevelhafte Sätze wie "I think plot is very overrated" sagt, steigt die Mehrheit völlig aus. Das war auch bei der Vorstellung im Gartenbaukino - an dieser Stelle ein Dankeschön, dass ihr solchen Filmen eine Chance gebt - deutlich zu spüren. Beim Rausgehen schnappte ich die Wortfetzen "plätschert so dahin" und "richtig unbefriedigendes Ende" auf.

Schon erstaunlich, wie unterschiedlich Wahrnehmungen sein können. Mich hat dieser kleine, unglaublich atmosphärische Film, der dank Warner Brothers so klein gar nicht mehr ist, nämlich voll und ganz verschlungen.

Einen wirklich guten Film spüre ich - wortwörtlich. Gänsehaut, Kribbeln in den Beinen, und - fast ein bisschen peinlich, das hinzuschreiben - feuchte Augen am Ende. Es ist nämlich so, dass der Film nicht nur in den übersinnlichen, sondern auch in den "irdischen" - sprich - dramatischen Parts funktioniert. Und wie. Maßgeblichen Anteil daran hat natürlich der fantastische Cast: Michael Shannon gehört zum Stamminventar in Jeff Nichols Filmen. Sam Shepard gibt einen sinistren Sektenanführer. Adam Driver ist perfekt besetzt als FBI-Nerd. Und da war noch Kirsten Dunst in ihrer besten Rolle seit - lasst mich nachdenken - MELANCHOLIA.

Midnight Special Bild 1
Midnight Special Bild 2
Midnight Special Bild 3
Midnight Special Bild 4
Midnight Special Bild 5
Midnight Special Bild 6
Midnight Special Bild 7
FAZIT:

Ein Genre-Film, der in keine Schublade passt: Familiendrama, Paranoia-Thriller, liebevolle und ausgesprochen spannende Hommage an das Science Fiction-Kino der frühen Achtziger Jahre. 
Ab 23.6.2016 auf DVD/Blu-ray.

WERTUNG: 8 von 10 Straßensperren
Dein Kommentar >>
Catrin | 26.12.2016 21:59
Super Film - hab ihn auch" gespürt". ? Danke für den Tipp!
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Thorsten | 01.09.2016 23:33
Ich mag Filme, die einem nicht ständig das Gefühl vermitteln, das man für dumm gehalten wird und einen nicht ständig bei der Hand nehmen um zu erklären, was man da gerade sieht. Midnight Special ist so einer dieser leider viel zu seltenen Film und scheint sich oft kaum die Mühe zu machen, überhaupt irgendetwas zu erklären. Dennoch schafft er es irgendwie, dass man dennoch versteht, worum es geht. Das spricht meiner Meinung nach für Jeff Nichols und erklärt vielleicht auch, warum seine Filme Minderheitenprogramm sind. Die meisten Menschen, und ich habe das Gefühl, dass es mit jeder Generation schlimmer wird, sind leider nicht in der Lage, sich voll auf einen Film zu konzentrieren und müssen immer wieder neu in die Handlung eingeführt und bespaßt werden, da ihre Aufmerksamkeitsspanne nicht für die volle Länge des Films reicht.
Harald | 02.09.2016 08:06
Ich lese da fast ein bisschen zuviel Kulturpessimismus raus ("mit jeder Generation schlimmer"). Aber du hast völlig recht, die Aufmerksamkeitsschwelle sinkt, und ohne restlose Erklärungen/Auflösungen ist die Mehrheit unzufrieden und vergibt höchstens 5 Punkte auf IMDB. Dieses Risiko geht kein Regisseur mehr ein. Der neueste Trend ist ja, in den Dialogen zu kommentieren, was gerade zu sehen ist. Zuletzt bei LIGHTS OUT: Die Frau zeigt Fotos von ihrer Mutter in der Psychiatrie, und der Mann kommentiert: "Ah, deine Mutter war in der Psychiatrie.". Oder ganz krass auch bei SUICIDE SQUAD, wo so ziemlich jede Aktion dialogmäßig erklärt wird, als liefe ein Audiokommentar. Das mag aber auch damit zu tun haben, dass das Zielpublikum immer jünger wird.
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Simm | 14.08.2016 21:14
Wird jetzt alles was die 80er zurückholt automatisch in den Himmel gelobt?
Nimmt man dem Film, wie auch zb Stranger Things, dieses 80erDing.... dann bleibt nur pures Mittelmaß.
Atmosphärisch dicht, wie Monika sagt, ist er. Technisch gut usw. Aber das sind heutzutage fast alle Filme. Wenn am Ende nur Grütze rauskommt, dann ist es auch Grütze. LOST....
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Monika | 25.04.2016 12:49
Danke für den Tipp. Der wär mir voll entgangen, trotzdem ich ein riesen Fan des halben Casts bin und beim Gedanken an Take Shalter nach wie vor eine Gänsehaut aufziehe.
Schon lange nicht mehr einen atmosphärisch so dichten Film gesehen. Packend vom einem der besten Openings überhaupt bis zum Ende. Und das, obwohl sich einem der Sinn hinter all dem und die Motive vieler der Protagonisten ja nie wirklich erschließen.
Großartige Bilder. Fantastischer Score. Die schauspielerischen Leistungen sind sowieso allesamt zum Niederkien, inklusive dem genial gecasteten Buben.
Einziges Minus: Die Visualisierung von eh schon wissen gegen Ende fand ich persönlich sehr überflüssig. Der Film hätte auch ohne dem funktioniert bzw. hätte besser funktioniert.
P.S.: Was genau ist peinlich dran, wenn man drüber schreibt, dass man bei einem Film feuchte Augen gekriegt hat? ;-)
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Ralph | 19.04.2016 22:19
Ich bin überzeugt, Harald, aber eines muss ich dir altem Serienbanausen schon sagen. Kirsten Dunsts letzte beste Rolle war natürlich in der zweiten Staffel von Fargo. Fargo, Harald, die Serie. Schau dir die an. Unpackbar gut. Und genau dein Geschmack, würde ich sagen. :)
Harald | 19.04.2016 23:32
Danke, danke!
Es gibt eh immer wieder Serien, die sich unfassbar gut anhören. Vinyl soll so ein Fall sein, Top of the Lake, The Leftovers etc. Und dann finde ich nie die Zeit.
Immerhin, True Detective hab ich geschafft.
Johannes | 20.04.2016 05:41
Was heißt keine Zeit, Harald? Dank den Videothekenvernichtern Netflix und Co. kannst du dir doch die Folgen im Kino anschauen, während du auf den Film wartest. Und danach geht's auf dem Klo weiter..
:D ;)
Monika | 25.04.2016 12:52
Also Vinyl kannst du dir am ehesten sparen. Dabei hab ich mich schon lang nicht mehr so auf eine Serie gefreut. Aber zumindest die 1. Staffel scheitert - auf sehr hohem Niveau natürlich. Und Top of the Lake brauchst du wirklich nicht allzuviel Zeit. Und es ist jede einzelne Minute sowas von wert.
Roman | 29.08.2016 04:04
Vinyl fand ich nicht doll, überbewertet, wird halt auch toll promotet, die Kohle muss ja wieder rein..

aber Fargo ist wirklich top! Die würde ich in meine Serien-Top 10 aufnehmen
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