THRILLER: USA, 2006
Regie: Michael Mann
Darsteller: Colin Farrell, Jamie Foxx, Li Gong
Nach zwanzigjähriger TV-Abstinenz kehren Crockett und Tubbs auf die Kinoleinwand zurück. Und wie. Nach "gelungenem" Auftakt in einem Drogenclub schleusen sich die beiden Antihelden bei einen Drogenkartell ein. Dabei verliebt sich Crockett in Isabelle, der Freundin und rechten Hand des Drogenbosses Arcangel de Jesus Montoya (was für ein Name!). Was sich für den Ermittlungserfolg der Undercover-Aktion als eher wenig förderlich erweist ...
KRITIK:
Hach, wie ich Widersprüche liebe. Dieser Film strotzt davon. Miami Vice hat Mörderkohle verschlungen und macht - der Digitalkamera sei Dank - einen auf Low Budget-Ästhetik. Der Film bemüht sich um Realismus und ist dennoch in jeder Sekunde larger than life: Schicke Anzüge, schnelle Autos, schnittige Schnellboote und schöne Frauen, wohin das Auge blickt. Und trotz Designer-Glamour satt hält Colin Farrell die schauerlichste Rotzbremse der jüngeren Filmgeschichte in die Kamera.
Ach ja, die Kamera. "Digital ist besser" heißt es ja. Da muss ich den Urhebern dieses Zitats - einer Jugendbewegung namens Tocotronic - ganz heftig widersprechen. Vielleicht ist das ja ein persönliches Problem. Aber mit diesen zugegeben sehr ästhetischen, aber stets ein wenig unscharfen, farbreduzierten Digitalkamera-Bildern werde ich einfach nicht warm. Da kann mir Michael Mann noch so stimmungsvolle Aufnahmen von winzigen Privatflugzeugen vor weißen Wolkenbergen vorsetzten, oder von High Tech-Booten, die vor glitzernden Skyline Miamis über die Wellen flitzen.
Aber halt, ich schweife ab. Miami Vice ist natürlich sehenswert. Ein 150 Millionen Dollar-Mittelfinger ans Blockbuster-Publikum ist das. Wer sich - wie die jungen Buben in der Reihe vor mir - kindische CGI-Kraftprotzerei, rasende Schnitte und blöde Sprüche erwartet, wird den Kinosaal eher unbefriedigt verlassen. Action im herkömmlichen Sinn gibt's nämlich erst ganz am Schluss - die hat's aber wirklich in sich. Der Rest sind 120 Minuten amerikanisches Kunst-Kino im düster-stylishen Thriller-Gewand. Ganz und gar nicht übel - auch wenn sich die erwartete große Gänsehaut leider doch nicht eingestellt hat.
Nur über den Abspann-Song "In the Air Tonite" müssen wir noch mal reden.
War zwar nur eine Coverversion - die es aber trotzdem geschafft hat,
diese längst verdrängte akustische Massenvernichtungswaffe von einem Eigthies-Grind-Lied
aus den Tiefen meines Unterbewußtseins hervorzuholen, um mir wieder im Gehörgang herum zu spuken.
Phil Collins ist der Antichrist!
Ist das der erste Action-Blockbuster für ein Publikum, das keine Action-Blockbuster mag? Jedenfalls eine mehr als gelungene Stilübung in Sachen düsteres Cop-Movie, die so manche Unstimmigkeit souverän im Kugelhagel eines wahnwitzigen Showdowns auflöst.