OT: Diminished Capacity
KOMÖDIE: USA, 2008
Regie: Terry Kinney
Darsteller: Alan Alda, Tom Aldredge, Carolyn Baeumler, Dylan Baker, Jimmy Bennett, Matthew Broderick
Journalist Cooper leidet unter zeitweiligen Gedächtnis-Aussetzern und nimmt sich eine Auszeit vom Job. Er zieht sich zu seiner Familie in die ländliche Idylle seines Heimatortes zurück und hofft, dort Ruhe zu finden. Dort nimmt sein Leben eine rasante Wendung. Erst läuft ihm seine einstige High-School-Liebe über den Weg, dann gräbt sein Onkel eine alte Baseball-Sammelkarte aus und bei einem ungeplanten Besuch einer Sammlerbörse stellt sich heraus, dass die Karte ein Vermögen wert ist. Doch ein findiger Geschäftemacher luchst seinem verwirrten Onkel die Karte für ein Trinkgeld ab und zum ersten Mal in seinem Leben wächst Cooper über sich hinaus und lässt nichts unversucht, die Karte und die Liebe zurückzuholen. (Koch Media)
KRITIK:Na, wenn das mal nichts ist - ein Film über Sammelkarten. Da kann ich doch glatt mitreden, immerhin bin auch ich vor langer, langer Zeit diesem Hobby erlegen - und wehe jetzt sagt einer Pokemon -, fröne dieser Freizeitbeschäftigung aber schon lange nicht mehr. Überbleibsel jener Zeit ist ein Teil meiner Sammlung, der munter vor sich... herumgesammelt wird, wenn auch passiv, sicher und weich verpackt in jenem unersetzbaren und hochgeschätzten Polypropylen das auch meine - um ein vielfaches gewaltigere - Comicsammlung schützt - ja, ich bin ein Vollzeitgeek, aber ich steh dazu. In meinem kellerlichen Verlies - äh, Gemach - herrscht darum eine große Regel und hier zitiere ich einfach mal Brodie aus dem - meiner Meinung nach arg unterschätzten - Smith-Knaller MALLRATS: "Don't touch, let ye be touched!"
Wer sich nun fragt, was drauf war auf der von mir gesammelten Pappe, es handelte sich um Basketballkarten. Klar, nicht der Amerikaner liebstes Sammelobjekt - nämlich die Baseballkarte... irgendwie stehen die da mehr drauf, vermutlich weil die Spieler alle weiß sind, aber ich will den Amis ja jetzt nichts vorwerfen, was am Ende gar nicht stimmt, immerhin hat Lincoln ja gewonnen und so - aber im Prinzip gehts ums gleiche, ich kann also mitreden. Mal abgesehen davon, dass sich das Sammeln irgendwelcher sportlicher Karten im Grunde auch nicht vom Sammeln bunter Bildheftchen oder Puppen - äh, Actionfiguren natürlich - unterscheidet.
Doch genug davon. Immerhin ist MEMORIES TO GO kein Film über Baseballkarten. Eher schon ein Film über EINE Baseballkarte. Doch auch das trifft den Charakter des Films nur ungenügend, denn letzten Endes ist diese Karte nur ein vorgeschobenes Motiv, der Aufhänger. Denn DIMINISHED CAPACITY - so der Originaltitel - ist weit mehr also das, ein Film über Freundschaft, moralische Werte und die Würde und Unwürde des Altwerdens. Eine Komödie also, mit deutlich leisen Tönen, hintergründig und dennoch mit der nötigen Prise Humor.
Um ein solches Projekt auf die Beine zu bringen, benötigt man neben einem gut geschriebenen Drehbuch - gut, ich gebe zu, das sollte jeder Film schon mal aufweisen, but you get the point, don't you? - vor allem auch einen Regisseur, der es vermag, die geschriebenen Worte, die Geschichte in den richtigen Bildern einzufangen, die benötigte Atmosphäre zu erzeugen und es gleichzeitig versteht, die Komik durch die geschickte Inszenierung entstehen zu lassen.
Terry Kinney der sich bisher im Film- und Fernsehgeschäft eher als Schauspieler durchgeschlagen hat - unter anderem dürfte er zumindest teilweise bekannt sein für seine Rollen in Law & Order und CSI: NY oder dem ein oder anderen Fernsehfilmchen - und mit DIMINISHED CAPACITY seine erste Regiearbeit - in Spielfilmgefilden - abliefert, beweist durchaus ein gewisses Talent hierfür. Man sieht dem Film an, dass es sich um das Debu Kinneys handelt, dennoch versteht er es mit einigem Geschick die Tragik der gesamten Situation stets präsent zu halten, jedoch derart subtil, dass trotz allem eine durchaus positive Stimmung erhalten bleibt. Ganz großes Filmgolf ist das jedoch leider auch nicht, denn ganz so heiter wie das Ganze, auch ob der vordergründigen Geschichte um die Baseballkarte sowie den teilweise abgedrehten Charakteren, sein könnte, ist es leider nicht. Wo schon das Drehbuch bei einiger Charakterentwicklung leider versagt, steuert Kinney seinen Teil dazu bei, denn das richtige Timing in - besonders situations- - komischen Szenen, nein dafür hat er leider (noch?) kein Gespür. So kommt es, dass einiges an Potential, das MEMORIES TO GO durchaus hat - leider ungenützt in einer Schutzhülle im Ordner eines Sammlers in dessen Schrank verweilt - um mal mit filmbezogenen Metaphern zu arbeiten, nech.
Das Drehbuch, ich habe es bereits erwähnt, verpasst leider bereits in der Theorie einige Chancen. So bieten zum einen durchaus viele Charaktere wunderbare Vorlagen und komisches wie auch wahrlich tragisches Potential. Auch hier wieder ungenutzt. Nehmen wir zum Beispiel Coopers Arbeitskollegen Stan. Dessen kräftige Statur und durchaus auch angedeutete Neigung zu gewalttätiger Konfliktlösung hätte vor allem im Finale für einiges an actionreicher Komik sorgen können. Charlottes alkoholkranker Bruder Donny auf der anderen Seite, der in gewisser Weise, ein weiteres tragisches Element einbringen sollte, durch seine oberflächlich destruktive Art und sein negatives Auftreten lassen ihn jedoch zu einem Charakter verkommen, für den man es noch nicht einmal schafft so etwas wie wirkliche Abscheu aufzubringen.
Ein weiterer großer Fauxpas ist das Finale, das zwar in einer durchaus ordentlichen Szene gipfelt, dessen großer Kampf zwischen Cooper und dem Mint-Mint-Man jedoch zu weit hergeholt, zu abwegig erscheint und sich ob seiner übertriebenen Gewalt und der unverständlichen Reaktion der Umherstehenden - immerhin Coopers Freunde - leider selbst ein Bein stellt.
Aber, immer nur Negatives schreiben ist doch auch langweilig, gar wenn der Film den es zu besprechen gilt, eine durchaus positive Botschaft zu vermitteln möchte. So muss ich einige durchaus unterhaltsame Einfälle erwähnen; so zum Beispiel die Gedichte die Rollie mit Hilfe der Fische im See seines Grundstücks schreibt - da fällt mir doch spontan das Theorem der endlos tippenden Affen ein, das ja besagt, dass 1000 Affen die 1000 Jahre lang auf 1000 Schreibmaschinen tippen irgendwann Shakespeares Werke zu Stande bringen. Auch die Art und Weise auf die Cooper von seiner Freundin abserviert wird ist zwar nicht neu aber dennoch durchaus unterhaltsam.
Vor der Kamera kann MEMORIES TO GO immerhin mit Matthew Broderick aufwarten, der ja im Prinzip Jedem bekannt sein dürfte und in Hollywood zwar nicht wirklich zur Elite zählt - ist ja auch nicht immer wirklich Schmeichelhaft zu der Elite zu zählen, die auch Bay und Konsorten in ihren Reihen duldet -, aber durchaus kein unbeschriebenes Blatt ist. In der Rolle des Cooper scheint er ein klein wenig unterfordert, dementsprechend nicht so ganz bei der Sache, was im Endeffekt jedoch der Rolle zu Gute kommt. Die Lethargie, derer er nicht erst seit seinem Unfall erlegen ist, wird auf diese Art und Weise besonders deutlich. Schade jedoch ist die ansonsten etwas inkonsequente Darstellung seiner Beschwerden. In gewisser Weise sympathisch wird Cooper durch Brodericks Spiel jedoch so oder so.
Dann wäre da noch Alan Aldan zu erwähnen - seines Zeichens Captain Benjamin Franklin Pierce aus der zu Kult gewordenen Serie M*A*S*H -, dessen Leistung auch von der "offiziellen" Filmkritik lobend erwähnt wurde. Die Rolle des senilen und nervigen aber im Grunde doch eher kauzig wirkenden Rollie Zerbs ist ihm wie auf den Leib geschneidert - liest sich jetzt nicht gerade schmeichelhaft, ist aber so.
Über die restliche Besetzung lässt sich alldieweil nicht allzu viel Schlechtes sagen, der Großteil macht seine Sache im Prinzip durchaus nicht schlecht - von Jimmy Bennett alias Dillon einmal abgesehen; man wünscht sich gar, einer der Bälle, die er ständig in die Luft wirft, würde... aber nee, das kann ich jetzt nicht sagen. Die ein oder andere ungelenke Darstellung sei bei einem Film dieses Ranges durchaus verziehen.
Die deutsche Erstveröffentlichung aus dem Hause Koch Media kommt im Falle der DVD mit dem Film in deutscher und englischer Sprache, einer Trailershow sowie dem Original- und deutschen Tailer zu MEMORIES TO GO. Ebenso sind Bio- & Filmographien von Matthew Broderick, Alan Alda und Virginia Madsen enthalten.
An dieser Stelle sei übrigens dringlichst empfohlen, die gegebene Möglichkeit zu nutzen und den Film im Originalton zu schauen. Die deutsche Synchronisation schadet dem Film ob ihrer Trägheit und den zum Großteil undynamisch gesprochenen Dialogen erheblich.
MEMORIES TO GO, die erste Regiearbeit Terry Kinneys - der nun nach Jahren vor der Kamera auch einmal hinter der Kamera tätig werden wollte, ist nicht gerade das was man als großes Kino bezeichnet. Das genaue Gegenteil jedoch ebenso wenig. Im Endeffekt entpuppt sich Kinneys Film als Komödie mit durchaus leisen Untertönen, der es einfach an der richtigen Dynamik und dem gewissen Etwas mangelt. Durchaus einen Blick wert kommt DIMINISHED CAPACITY jedoch leider nicht übers solide Mittelfeld hinaus und lässt sich problemlos irgendwo in den Gefilden Sandlers 50 ERSTE DATES nieder.
In diesem Sinne: "Nein, ich nenne dich einen degenerierten Versager... und einen Verlierer!"