THRILLER: USA, 1988
Regie: William Lustig
Darsteller: Tom Atkins, Bruce Campbell, Laurene Landon, Richard Roundtree, William Smith, Robert Z'Dar
Angst und Schrecken herrschen in New York City, seit ein Wahnsinniger in Polizeiuniform wahllos Zivilisten massakriert. Ein Verdächtiger ist rasch gefasst. Er sieht aus wie Bruce Campbell, doch der beteuert seine Unschuld. Und die Mordserie geht weiter ...
Wiedersehen mit einem Klassiker aus meiner Kindheit. Ich bin extrem positiv überrascht, wie gut der Film gealtert ist: Nämlich gar nicht. Vorausgesetzt natürlich, man bringt die Bereitschaft auf, die spezielle Ästhetik, die das Kino der Achtziger Jahre auszeichnet, die Vorliebe für grelles Neonlicht, dominante Rot- und Blautöne, ruhige Schnitte und unverwackelte Kamerafahrten, grundsätzlich als zeitlos zu betrachten.
Dank der jahrzehntelangen Indidizierung eilt William Lustigs MANIAC COP ein Ruf voraus, dem der Film keineswegs gerecht wird. Nach einer Neuprüfung durch die FSK kam die ungeschnittene Fassung nämlich mit einer 16er-Freigabe davon. Ein brachiales Splatter-Fest a la MANIAC, William Lustigs bekanntestem Film, ist folglich nicht zu erwarten.
MANIAC COP mixt Elemente des Slasher- und Cop-Films zu einem düsteren, nihilistisch-pessimistischem Großstadtthriller, der den Werken des frühen Abel Ferrara atmosphärisch näher steht als der Splatterwelle der Achtziger, als deren Teil er vermarktet wurde. Vor und hinter der Kamera werkten jedenfalls einige prominente Köpfe: Drehbuchautor Larry Cohen (THE AMBULANCE, THE WINGED SERPENT) gilt als einer - ich zitiere aus dem Programmheft der Viennale 2010, zu der Larry Cohen als Stargast eingeflogen wurde - "der letzten Progressiven des Genre-Films, eines der Großen des New Yorker Kinos, einer veritablen Indie-Ikone".
Egal, ob Cohen "nur" das Drehbuch schreibt oder selbst inszeniert: Die meisten seiner Filme fallen in die Kategorie "gut gemachte B-Movies", und sind doch meist mehr, als die Inhaltsangabe vermuten lässt. Stets mit wenig Geld und simplen Mitteln, aber großem handwerklichen Können realisierte Genre-Unterhaltung, die wohldosierte Action, Suspense und waghalsige Stunts in einer wendungsreichen Geschichte vereinen. Mit sorgfältig ausgearbeiteten Charakteren, die, wie der Bildungsbürger sagen würde, von der Conditio Humana, also vom Menschsein als solches erzählen wollen. Das mag im Kontext eines Slasher-Films, in dem ein Cop Amok läuft, vielleicht seltsam anmuten: Aber ja, die Charaktere in MANIAC COP wirken sympathisch und interessant. Keine nervigen Knallchargen, denen man den schnellen Exitus durch Jason Voorhees' Machete wünscht.
Ein paar kurze Worte noch zu den Darstellern: Laurene Landon (bekannt am ehesten aus dem vernachlässigenswerten CONAN-Plagiat HUNDRA, 1983) wird in diesem Leben wahrscheinlich keinen Oscar mehr gewinnen. Hier gibt sie eine löwenmähnige Scream Queen in Polizeiuniform, die zwar meistens von ihren männlichen Kollegen gerettet werden muss, aber doch ein paar Schüsse auf den Killer abfeuert. Das ging in den Achtzigern schon als "toughe Frauenfigur" durch. Tom Atkins hatte damals vermutlich die Aufschrift "desillusionierter Cop" auf die Stirn gebrannt. Blaxploitation-Veteran Richard Roundtree (SHAFT) gibt den feigen Chefsesselfurzer im Polizeipräsidium. Robert Z'Dar, der sich hier als "Jason mit Polizeimarke" durch New York metzelt, hat bizarrerweise im richtigen Leben kurzzeitig als Polizeibeamter gearbeitet. Und EVIL DEAD-Ikone Bruce Campbell spielt einen jungen Cop, der zwischen alle Fronten gerät. Dass er laut IMDb MANIAC COP lediglich drehte, weil er dringend Geld brauchte und behauptete, der Film "wasn't any good", irritiert mich. Ich finde diesen Film nämlich ausgesprochen gut.
Warum William Lustigs MANIAC COP jahrzehntelang indiziert war, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Interessanterweise steht die eigenwillige Mixtur als Slasher- und Cop-Film den düsteren Großstadtthrillern eines Abel Ferrara näher als der Achtziger-Splatterwelle, als deren Teil er vermarktet wurde.