OT: Mandela: Long Walk to Freedom
BIOGRAPHIE: UK/SA, 2013
Regie: Justin Chadwick
Darsteller: Idris Elba, Naomie Harris, Terry Pheto
Nelson Rolihlahla Mandela wird in Mvezo, einem kleinen abgeschiedenen Dorf, in der südafrikanischen Provinz Ostkap, zu einem Mann. Der Rest ist Geschichte...
Sehnlichst hat die Welt auf einen Film gewartete, der es sich zutraut, das bewegte Leben Nelson Mandelas in seiner "Ganzheit" zu zeigen. Diese Herausforderung nehmen Produzent Anant Singh und Regisseur Justin Chadwick (DIE SCHWESTER DER KÖNIGIN) nun also an. Für das Drehbuch konnte der großprojekterfahrene William Nicholson (LES MISÉRABLES, GLADIATOR) verpflichtet werden.
Dass sich die filmische Adaption stark von der in den 90ern erschienenen Autobiografie leiten lässt, und dabei versucht den Mensch Nelson Mandela nicht aus den Augen zu verlieren, merkt man MANDELA - DER LANGE WEG ZUR FREIHEIT zu jeder Zeit an. Persönliche Erfahrungen Madibas rücken in den Vordergrund, während größere politische Kontexte zurückgedrängt werden. Dass konsequenterweise trotzdem die wichtigsten (politischen) Lebensstationen abgehandelt werden, bringt vor allem im ersten Teil des Films gewisse Probleme mit sich. Bei Rezipienten die nur wenig mit dem Wirken des Anti-Apartheid-Kämpfers vertraut sind, wird sich innerhalb der schnell wechselnden Handlungsabfolge manchmal eine gewisse Orientierungslosigkeit breit machen. Auch eine Bindung an die Figur(en) fällt (noch) schwer.
Doch mit fortlaufender Dauer wird der Film immer stärker. Chadwick nimmt sich nun viel Zeit um dem Charakter eines außergewöhnlichen Mannes gerecht zu werden. Präzise wird die Wandlung vom engagierten Aktivisten, über den gewalttätigen Revolutionsführer, hin zum menschenfreundlichen Pazifisten gezeichnet. Auch wenn der Film hin und wieder zu gewissen Überhöhungen neigt, werden menschliche Schwächen Mandelas nicht außen vor gelassen. Die so erzeugte Art von Authentizität steht dem Film sehr gut zu Gesicht.
Weniger gut steht MANDELA, die sich durch den ganzen Film ziehende Sentimentalität. Viele wichtige gesellschaftspolitische Entwicklungen verlieren durch die starke Bezugnahme auf persönliche Beziehungen und individuellen Gefühle Nelson Mandelas, an Kontur. Eine zugegebenermaßen eher subjektive Einschätzung eines politikinteressierten Rezipienten, für den einige unnötig gefühlsbeladene Flashbacks den Film manchmal auch etwas langatmig erscheinen lassen. Zuweilen nervig empfand ich den immer wiederkehrenden Fokus auf Mandelas Liebesbeziehungen. Insbesondere deshalb, weil trotz diesem, die emotionale Bindung zu Winnie Madikizela(-Mandela) nicht sorgfältig herausgestellt und somit der, für Mandela psychisch schwerwiegende Bruch, kaum deutlich wird.
Die Darstellung dieser emotionalen Belastung hätte man Idris Elba (THE WIRE, PROMETEUS, THOR - THE DARK KINGDOM) aber durchaus zumuten können. Der britische Schauspieler porträtiert den südafrikanischen Nobelpreisträger hervorragend. Egal ob als junger Aktivist in Johannesburg, reifender Revolutionskämpfer im Exil, alternder Häftling auf Robben Island oder betagter Präsident Südafrikas, Elba schafft es jederzeit die außergewöhnliche Persönlichkeit und das Charisma Nelson Mandelas herauszustellen. So wie Madiba selbst, agiert Idris Elba dabei bestimmt, aber nie wirklich aufdringlich. Bedingt durch die unglaubliche Präsenz der Figur Mandela, fallen andere Akteure natürlich etwas ab. Die schauspielerische Leistung ist jedoch durchwegs fabelhaft. Zusätzlich positiv ist hierbei anzumerken, dass genügend Screentime zur Verfügung steht um immerhin einen Eindruck von Winnie Madikizela (Naomie Harris) zu erhalten.
Auch bildsprachlich ist die Produktion sehr stark, die Kameraarbeit von Lol Crawley (FOUR LIONS) einwandfrei. Sorgfältig inszenierte Mise en Scènes bringen kraftvolle Massenszenen hervor, gut montierte Affektaufnahmen führen zu emotionaler Nähe, geschickt eingesetzte Originalaufnahmen wirken mitreißend und schön gestaltete Schauplätze erreichen Authentizität. Dies alles macht MANDELA zu einem wirklich guten Film.
MANDELA - DER LANGE WEG ZUR FREIHEIT ist ein epochales Biopic - made in South Africa. Dramaturgie, schauspielerische Leistung und Bildgestaltung sind, mit einigen kleinen Abstrichen, durchwegs stark. Als problematisch erscheint lediglich eine mögliche Orientierungslosigkeit des Publikums, aufgrund der schnellen Handlungsabfolge im ersten Teil.