ACTION: DEUTSCHLAND, 1985
Regie: Alexander Titus Benda
Darsteller: René Weller, Bea Fiedler, Peter Althof, Jacqueline Elber, Michael Messing
Der Boxweltmeister Dany Wagner und der Karatemeister Andreas streiten sich eigentlich um Sandra, die beide erst vor kurzem kennengelernt haben. Dann allerdings lernt Andreas Lisa kennen und die vier haben jede Menge Spaß zusammen.
Wäre da nicht eine fiese Bande von Drogendealern, die den Kiez unsicher machen. Dany beschließt, mit Andreas' Hilfe, den Typen eine ordentliche Abreibung zu verpassen, denn "er ist ein eiskalter Profi. Er ist hart im nehmen und großzügig im Geben. Er hasst Kompromisse. Seine Argumente sind knallhart - MACHO MAN".
Abt.: „Zieh ab, du Schnullie!“
MACHO MAN ist Legende. So einfach ist das. Und gerade die Nürnberger sind verdammt stolz auf diesen Film – gut, vermutlich nicht alle Nürnberger. Aber ein paar sicherlich. Schließlich ist es der einzige "große" Actionfilm der in der Nürnberger Provinz spielt. New York hat SPIDER-MAN, Miami hat die BAD BOYS und Nürnberg eben MACHO MAN - man muss halt nehmen, was man kriegt. Und deshalb wird der Film dort regelmäßig im Kino aufgeführt, vor einiger Zeit sogar mit hohem Besuch - René Weller und Peter Althoff waren höchstpersönlich mit dabei. Scheinbar hat der schöne René seinen Frieden mit dem Film geschlossen, immerhin hatte er ja gerichtlich veranlasst, dass alle Sexszenen mit ihm rausgeschnitten werden müssen.
Im Laufe des Films gibt es sogar extra eine kleine Rundfahrt vorbei an den - vermutlich - schönsten Sehenswürdigkeiten Nürnbergs. Bringt die Handlung nicht voran und ergibt auch keinen Sinn, aber man munkelt, der Nürnberger Tourismusverband hätte der Filmcrew einen Fuffi über den Tresen geschoben um ein bisschen Promo für die Stadt zu machen. Passt ja, denn im Endeffekt wirkt der ganze Film eh wie der verkorkste Versuch eines Image-Films für die beiden Koksnasen... äh, Supernasen René Weller und Peter Althoff, deren Rollennamen Dany und Andreas mehr schlecht als recht verschleiern, dass die heißen Stecher die da auf der Leinwand Heroindealer verkloppen, die wirklichen Box- und Karateweltmeister sind.
Althoff, der heute eine offenbar gut laufende Sicherheitsfirma sein Eigen nennt und wichtige Personen aus Politik und Wirtschaft schützt, war auch schon als Andreas ein gewiefter Geschäftsmann. Mit eigenem Karatestudio in dem koreanische Flaggen und falschherum hängende Deutschlandflaggen hängen und Leute in Karate-Gi trainieren, auf denen was von Taekwondo steht. Aber, da ist man gerne flexibel - die Asiaten sehen doch eh alle gleich aus, die Kampfkünste unterscheiden sich nicht weiter. Und wer mit Kampfsport nichts anfangen kann, der vergnügt sich einfach in der Sauna oder unterm Assitoaster. Aufm Nürnberger Kiez muss man sein Geschäftsfeld halt schon breit fächern.
Weller aka Dany Wagner hingegen ist Vollblut-Weltmeister im Kirmesboxen oder so und braucht so gut wie nicht zu arbeiten - und die maximal zwei Runden bevor der Gegner zu Boden geht, sind nicht wirklich als Arbeit zu beschimpfen. Wenn man allerdings bedenkt in was für Kaschemmen der Gute boxt und das vor einstelligen Zuschauerzahlen - obwohl die Tonspur vermuten lässt ein vollbesetztes Stadion in Dauerschleife wäre die Kulisse -, dann dürfte die Kohle die er verdient nicht mal reichen um die schäbige Bude zu bezahlen in der er später die kesse Biene Sandra knattert und ihr am nächsten Morgen ein "geiles Frühstück" zubereitet.
Sandra ist auch eine schillernde Persönlichkeit, die sich von Dany auf eine Verabredung einladen lässt und seinen Oberlippenschnauzer mit ihren Lippen streichelt, kurz nachdem sie nur knapp einem brutalen Angriff entkommen ist. Und als ihr Bruder sie informiert, dass eine gute Freundin von ihr von den bösen Drogentypen kaltgemacht wurde, hat sie nicht allzu lange Zeit zu trauern, denn abends muss sie zum Boxen. Schließlich muss sie „sehen was da so passieren kann“. Sandra arbeitet nämlich als neue Sprechstundenhilfe für Dr. Pedo – so heißt der nicht, er sieht nur so aus – und der ist Ringarzt in der versifften Spelunke in der Dany seinen Weltmeistertitel verteidigt.
Aber auch die Polente scheint sich wenig für den Tod der kleinen Junkie-Tussie zu interessieren, denn außer, dass sie am Tatort erscheint und feststellt, dass sie abgemurkst wurde, tun sie nicht viel. Oh, und deren besten Freund direkt neben der Leiche befragen – damit sich das Bild seiner Bekannten auch schön einbrennen kann. Da sich die Polizei also um nichts kümmert, müssen eben Dany und Andreas ran, um mit dem Drogengesindel und Verbrecherpack ordentlich aufzuräumen. An dieser Stelle würde ein Charles Bronson „rot sehen“, die Knarre entsichern und die ganze Bande wegpusten. Aber da wir in Deutschland auch in den 80ern schon Waffengesetzte hatten, die sowas verhindern sollen, müssen die beiden eben die Fäuste sprechen lassen und den Typen so ordentlich was vor die Kauleiste donnern.
Wobei das mit dem „ordentlich“ dann auch wieder so eine Sache ist. Klar, die Karatevorführungen sehen schon halbwegs nach was aus – wenn man mal von einem kleinen Unfall absieht, den man aber dank geschickter Schnitttechnik kaum bemerkt, oder so – und auch das Rumgeboxe sieht halbwegs gut aus – wobei ich mich mit Boxen nicht auskenne, aber für diesen Film hier reicht‘s. Aber wenn Dany, Andreas und ihre Jungs dann die Rocker in der Kneipe aufmischen – aber auch später im Hauptquartier der Bösewichter –, sieht das alles so unkoordiniert und unästhetisch aus, dass man sich fragt, ob die das überhaupt mal geprobt haben… oder sich wenigstens Gedanken gemacht, wie der Scheiß hinterher aussehen soll.
Gut, jetzt könnte man einwerfen, eine Kneipenschlägerei sieht selten aus wie die Schlägerei in einem Jackie Chan-Film. Stimmt, das ganze vermittelt somit halbwegs Realismus. Aber seien wir ehrlich – wer den Film bis zu dieser Kneipenkeilerei geguckt hat, wird nicht mal ansatzweise glauben, dass das die Intention der Macher war. Im Endeffekt ist das Ganze einfach bloß dem Dilettantismus des Regie-Genies Benda geschuldet.
Überhaupt besteht der ganze Film eigentlich nur aus Unzulänglichkeiten und Schwachfug. Hier passt hinten und vorne nichts. Die Sets? Kaum vorhanden und sie sehen selten aus wie das, was sie darstellen sollen. Die Kostüme? Gut, Kostüme passt, aber vielleicht hätte sich die Kostümabteilung mal überlegen sollen, ob man die Pappnasen hinterher noch ernst nehmen soll, die mit riesigen Schulterpolstern und grellbunten Ski-Overalls durch die Gegend stapfen – selbst für die 80er ist das peinlich. Schauspiel? Davon will ich gar nicht erst anfangen. Musik, Choreographie, Inszenierung, Schnitt – MACHO MAN ist Versagen auf höchstem Niveau. Und das ist auch gut so. Denn so macht MACHO MAN einfach Spaß. Ob in der launigen Runde oder alleine, dieser Film bringt Stimmung – und das nicht zu wenig.
In diesem Sinne: „Alles klar, Keule?“
MACHO MAN ist die deutsche Antwort auf den reaktionären US-Actionfilm der 80er Jahre. Sozusagen ein reaktionärer Prollfilm. All die Unzulänglichkeiten, der pure Wahnsinn jeder Spielminute, die unglaubliche und spaßbringende Inkompetenz aller Beteiligten und hornhautablösende Modesünden, die selbst für die 80er in die Kategorie Geschmacksvergewaltigung fallen, - was MAD FOXES für den Rape and Revenge-Film ist, ist MACHO MAN für den Kampfsportfilm. 90 Minuten Nürnberger Kiez auf Koks. Ein Opus Magnum des schlechten Geschmacks.