TRASH: USA, 2010
Regie: Robert Rodriguez, Ethan Maniquis
Darsteller: Danny Trejo, Michelle Rodriguez, Jessica Alba, Robert De Niro, Lindsay Lohan, Cheech Marin
Machete wurde engagiert um den rassistischen Senator McLaughlin zu erschießen. Doch stattdessen wurde Machete gelinkt, denn man wollte an Machete ein Exempel statuieren. Doch ein Machete lässt sich nicht so leicht statuieren und begibt sich auf einen Rachefeldzug, bei dem so manches Körperteil auf der Strecke bleibt...
KRITIK:Wenn von Quentin Tarantinos und Robert Rodriguez Grindhouse-Projekt aus dem Jahre 2007 eins wirklich in Erinnerung geblieben ist, dann sind es die Fake-Trailer, die - im Originalformat vorgeführt - zwischen beiden Teilen für ein authentisches Bahnhofskino-Gefühl sorgten. Neben Werwolffrauen der Doppel-S-Fraktion und Messern in vaginalen Regionen war es jedoch vor allem Rob Rods MACHETE, das einiges Aufsehen erregte. Auch hierzulande war der Trailer von den Typen, die mit dem falschen Mexikaner fickten, in den Kinos - dem Hauptfilm PLANET TERROR vorangestellt - zu sehen.
Die Aufregung war groß, denn wer wünschte sich nicht mehr davon, Danny Trejo in Spielfilmlänge beim Rummachen - eher weniger - und Schlitzen und Metzeln - eher mehr - bewundern zu dürfen? Als Rodriguez im Anschluss auch noch verkündete, mehr Material denn nötig gedreht zu haben, das Projekt eh schon seit Jahrzehnten quasi in Planung zu haben und sich eine DVD-Auswertung ja sowieso vorstellen zu können, drehten vor allem die Benutzer einschlägiger Internetforen durch - Verdammte Scheiße, MACHETE als Film, das wär doch mal was.
Einige Zeit lang blieb es dann ruhig um das Projekt, es schien als wolle sich unser Rob Rod doch lieber an SPY KIDS Teil drölfzig in 4D setzen und seine wahre Zielgruppe ahnungs- und hoffnungslos zurücklassen. Doch dann, haha, das schon fast Unfassbare, es gab Neuigkeiten zum Macheten-Mann-Projekt und auch von einer Kinoauswertung war da die Rede. 2010 - also gut drei Jahre nach Erscheinen PLANET TERRORs - sollte es denn endlich so weit sein und MACHETE seinen Weg in die Lichtspielhäuser finden.
Doch schon lange vor seinem Kinostart erhitze Rodriguez neuestes Werk die Gemüter und sorgte für heftige Kontroversen und heiße Diskussionen. Was passiert war? Nun, das Drehbuch gelangte über Umwege ins Internet und wurde dort von, zwar des Lesens mächtigen, des Lesens aber nicht mächtigen, Leutchen aus bestimmten Kreisen in Augenschein genommen und prompt wurde lauthals deklariert, dass MACHETE extrem rassistisch und propagandistisch sei und zum Rassenkrieg auffordern würde.
Ist MACHETE denn nun tatsächlich ein rassistischer Film? Ja, lautet die Antwort. Doch nicht um des Rassismus Willen. Textverständnis ist nun mal nicht Jedermanns Sache und zwischen den Zeilen einen Text in einen gewissen Kontext zu bringen ist schwer. Oberflächlich betrachtet ist Rodriguez' Bahnhofskino-Nachzügler rassistische Hetzpropaganda erster Güte, eine filmische Diffamierung des weißen Mannes, offener und purer Rassismus. Oberflächlich, nach der Holzhammer-Methode, und daher missverständlich und gefährlich. Trotz der dahinter stehenden Intention.
MACHETE ist ein rassistischer Film, doch nicht um des Rassismus Willen. Spielerisch kokettiert Rodriguez mit gängigen Vorurteilen, mit Stereotypen, mit dem Bild der breiten amerikanischen Öffentlichkeit von ihren hispanischen Mitbewohnern - die, das darf man an dieser Stelle allerdings auch nicht totschweigen, allzu oft durchaus Futter an der Quelle finden - und dreht den Spieß kurzerhand um.
Nun ist nicht mehr Danny Trejo der Böse - oder der Gärtner oder der Geschirrspüler oder
Der Weiße ist es, der Ärger macht, der mordet und raubt. Korrupt ist er ja sowieso, Geld und Macht seine größten Freunde, der grüne Dollar sein Götzenbild - und schlechte Hollywood-Remakes produziert er ganz nebenbei auch noch. Schwärzer und weißer kann ein Film eigentlich gar nicht sein, auf den ersten Blick, unreflektierter auch nicht. Anders als amerikanische Western jedoch - über die sich ein Amerikaner niemals echauffieren würde -, hinterfragt MACHETE mit einem ordentlichen Schuss Selbstironie und einem Augenzwinkern seinen eigenen Rassismus und hält somit der amerikanischen Gesellschaft - die ihre illegalen Einwanderer nicht will, sie aber braucht - einen Spiegel vor. Und - wer hätte Rodriguez das zugetraut - mit nur einem einzigen Satz entlarvt er die allgemeine, dem Kapitalismus vorherrschende "Ich zuerst"-Kultur.
Soviel soziale Kritik in einem von der Bahnhofskino-Kultur geprägten Film hätte man nie im Leben erwartet. Schon gar nicht aus der Feder von Herrn "Schreiben nervt"-Rodriguez. Denn Drehbücher waren ja noch nie seine große Stärke, der Mann lebt eben fürs Handwerk. Ist ja auch in Ordnung, in der Regel sorgt dies jedoch dafür, dass wichtige Elemente des Films, die bereits im Drehbuch definiert werden - sei es die Charakterentwicklung, seien es wirklich ausgefeilte Dialoge - in seinen Filmen bisher ein wenig zu kurz kamen. Nun, da ist so ein Grindhouse-Filmchen ja genau das Richtige für unseren Roddy, bedeutet die Übernahme filmischer Konventionen dieser Filme ja auch, dass Drehbücher nicht unbedingt Bücher sein müssen und sporadisch auf Küchenpapier gekritzelte Ideen, wann wer nackt im Bild zu sehen ist völlig ausreichen. Bedeutet dementsprechend auch, dass Dialoge nicht mehr sind als lästiges Beiwerk oder lässige Oneliner. Und lässig sind sie, das kann ich euch sagen, denn "Machete dont text!"
Wie Danny Trejo hier, in seiner ersten großen Hauptrolle den Gelegenheitsautisten und machetenschwingenden Auftragskiller vom Dienst gibt, ist eine wahre Freude. Man merkt ihm an, dass er sich auf diese Rolle freute wie Kinder auf Heilig Abend - sofern man es ihm denn anmerkt, steht er doch Steven Seagal in Sachen "Bloß nicht mit der Wimper zucken" in nichts nach.
Apropos Steven Seagal. Mr. "Ein Gesichtsausdruck im Leben reicht völlig aus" wurde ja gnädigerweise von Rodriguez aus seiner osteuropäischen Billigkurbelei-Vorhölle befreit und für seine Rolle als fieser mexikanischer Verbrechens-Mogul reaktiviert. Reanimiert wäre da allerdings - so hat man das Gefühl - die bessere Methode gewesen, denn der Gute spielt wie eh und je jenseits von allem Lebendigen, und das ganz ohne Botox - ha, take that, Stallone. Da hat Seagal eindeutig die bessere Rolle erwischt. Und bleibt sich und seiner gesamten filmischen Karriere locker treu.
Wagen wir uns von einem Extrem ins andere, denn mit Robert De Niro hat Rodriguez für sein Bahnhofskinofilmchen auch noch einen der ganz Großen verpflichten können - genau wie die Auftritte der zahlreichen anderen, mehr oder minder großen Stars, wohl auch auf Grund der Befürchtung, Trejo könne keinen ganzen Film alleine stemmen größtes schauspielerisches Talent legt der ja nun nicht gerade an den Tag.
Auch diese Rechnung geht auf, denn obwohl unser TAXI DRIVER das ein oder andere Mal leider ein wenig lustlos wirkt - wohl ob des geringen Anspruchs, den seine Rolle da zu bieten hat -, scheint er doch einiges an Spaß gehabt zu haben - Spaß, den auch der Zuseher haben dürfte, kann man doch einen Star von Welt dabei erleben, wie er neben abgetrennten Gliedmaßen und anderen Absurditäten - doch dazu gleich mehr, also schön weiterlesen, newa - in hispanischer Bandenkleidung durchs Bild hüpft. Weiters gibts für die Fanboys da draußen noch jede Menge - unter anderem aus PLANET TERROR - bekannte Gesichter zu entdecken und Lindsay Lohans Brüste zu be ach, ich sags wies ist - zu begaffen.
Darüber hinaus erfreut sich der trashfilmgestärkte B-Film-Veteran an Rodriguez ganz eigenem Sinn für Komik sowie gewalttätigen und sexuellen Absurditäten jenseits moralischer und geschmacklicher Konventionen, ganz in der Tradition jener filmischer Perlen der wilden Bahnhofs-Ära - jaha, das hat RobRod eindeutig drauf. Da werden Handys aus Mumus ge flutscht - gut, das gabs jetzt früher nicht, aber wer da nen Mobiltelefon in seine Mumu bekommen hätte, hätte an ihr auch keine Freude mehr gehabt, nech -, Eingeweide zweckentfremdet und Gesichter aufgeschlitzt, Mütter und Töchter verführen sich gegenseitig, Drogenlaboranten, zufällig vorbeilaufende Mexikaner und ganz nebenbei erfährt man so auch noch, wofür diese ganzen Ghetto-Karren eigentlich wirklich hüpfen können.
Bei aller Euphorie bleiben jedoch auch Schattenseiten leider nicht aus. Schwerwiegend ist hier vor allem Rodriguez penetrante und nervige Vorliebe für digitales Filmen. Alleine der Begriff Film wird durch diese schrecklich anzuschauende Technik aufs Übelste pervertiert. Es heißt Film, weil es auf Filmmaterial aufgenommen wird. Ich verstehe die Abneigung die Roddy gegen aufwendige Schneidemethoden zu haben scheint. Vor allem nach den Torturen, die der gute Mann beim Schnitt für seinen ersten Film EL MARIACHI über sich ergehen lassen musste - im übrigen spannend und amüsant nachzulesen in seinem Buch Rebel without a Crew -, aber ganz ehrlich, dieser ganze digitale Schwurbel saugt und zwar gewaltig - von den CGI-Bluteffekten wollen wir mal gar nicht erst anfangen.
Aber wie heißt es so schön - man kann nicht alles haben.
Auf den ersten Blick scheint MACHETE nichts weiter zu sein als ein Film über einen Mann, der viele andere Männer mit einer Machete abschlachtet. Im Prinzip ist er das auch. Und doch ist er noch ein wenig mehr, denn Robert Rodriguez schafft es auf spielerische und äußerst leichtfüßige Weise, nicht nur amerikanischen Alltags-Rassismus ad absurdum zu führen, sondern ganz nebenbei auch noch das amerikanische Western-Genre zu demontieren. Ohne jedoch den Zeigefinger zu heben oder diese Botschaft dem Zuseher aufdringlich aufs Auge zu drücken. Stattdessen gibt's ordentliche Arschtritte für den Sehnerv, abgetrennte Körperteile en masse, einen - ein wenig - autistisch wirkenden MACHETE, der seine Gegner zerlegt und ganz beiläufig einen Tacco verputzt und nicht zu vergessen unzählige äußerst lässige Oneliner.
Dabei ist das Ganze zwar nicht so kurzweilig wie es sein könnte und durch CGI-Splatter-Effekte übelst verschandelt, aber dennoch ein unterhaltsamer Spaß - nicht für die ganze Familie.
In diesem Sinne: "Machete improvise!"