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MaXXXine

MaXXXine

HORROR: USA, 2024
Regie: Ti West
Darsteller: Mia Goth, Halsey, Elizabeth Debicki, Kevin Bacon, Bobby Cannavale

STORY:

Sechs Jahre nach dem "Texas Porn Massacre": Maxine Minx, die einzige Überlebende der blutigen Geschehnisse auf der Farm in Texas, hat es zu einem bekannten Namen in der Erwachsenenfilm-Branche gebracht und versucht nun, im seriösen Fach Fuß zu fassen. Kein leichtes Unterfangen im Hollywood des Jahres 1985, wo christliche Fundamentalisten gegen "Schmutz und Sünde" in der Popkultur demonstrieren, während da draußen ein irrer Serienmörder umgeht. Gefühlt jede Person aus Maxines Umfeld landet früher oder später mit einem Pentagramm im Gesicht im Leichenschauhaus. Doch mit Maxine hat sich der "Night Stalker" das falsche Opfer ausgesucht ...

KRITIK:

Ich weiß nicht, wie es Euch geht, aber für meine Wenigkeit war MAXXXINE (nur echt mit 3 großen X) wohl einer der am sehnsüchtigsten erwarteten Filme von 2024. Aber wie es bei extrem hohen Erwartungshaltungen halt so ist, darf man nicht zu enttäuscht sein, wenn der Film dann doch ein bisschen enttäuscht. Ergibt dieser Satz Sinn? Egal, dazu später mehr.

Im Grunde macht Ti West im Finale seiner Fame-Trilogie (X, PEARL und jetzt eben MAXXXINE) alles richtig. MAXXXINE ist eine genauso liebevolle wie fast schon streberhaft ambitionierte Verneigung vor dem Kino der Achtziger Jahre. Regisseur Ti West, der eigentlich aus der sogenannten Mumblecore-Bewegung stammt, einer Richtung, die Anfang der 2000er-Jahre mit minimalen Budgets extrem dialoglastige und - sind wir uns ehrlich - eher nur mittelgute Indie-Filme hervorbrachte, scheint an den Achtzigern einen echten Narren gefressen zu haben.

MAXXXINE ist ein spitzenmäßig ausgestattetes Stil- und Sittenbild dieser Ära, die oft zu Unrecht auf ihre modetechnischen Fragwürdigkeiten (wir reden hier von Schulterpolstern, Föhnwellen und Oversize-Anzügen) reduziert und deswegen verlacht wird. Kulturell war die Dekade geprägt von einem zunehmend repressiveren Klima: Während im Kino der Seventies komplette künstlerische Narrenfreiheit herrschte und die wohl besten Filme aller Zeiten entstanden (New Hollywood!), setzte in den Eighties ein Backlash ein: Von rechter wie auch von progressiver Seite wurde die Popkultur angefeindet und für gesellschaftliche Missstände verantwortlich gemacht:

Gewalttätige Filme würden reale Gewalt provozieren, so die Lehrmeinung von wahrscheinlich eh nur gut meinenden Psychologen der damaligen Zeit. Die Filmzensur kam auf, Horror-Filme hatten es zunehmend schwerer, und der Heavy Metal, der damals die Charts dominierte (heute eher unvorstellbar) galt sowieso als Teufelswerk. Die USA wurden von einer regelrechten "Satanic Panic" erfasst: Bis in höchste Regierungskreise vernetzte satanische Geheimbunde würden fröhlich Babys foltern und deren Blut trinken - eine Verschwörungstheorie, die als Vorläufer von QAnon gelten kann, konnte sich damals noch ganz ohne Internet ausbreiten - und bizarrerweise ist sie bis heute nicht tot zu kriegen. Lest mal diesen Zeitungsartikel!

Dies ist der Hintergrund, vor dem MAXXXINE spielt, und Ti West hat weder Kosten noch Mühen gescheut, diese gleichzeitig so beklemmende, aber auch künstlerisch extrem fruchtbare und fiebrige Stimmung so authentisch wie möglich auf die Leinwand zu bringen: Ständig laufen reale Nachrichten-Clips im Hintergrund, man sieht den Serienmörder Richard Ramírez und die Schauprozesse gegen angebliche satanische Metal-Musiker, man hört den legendären Casey Kasem die American Top 40 ansagen, im Kino läuft St. Elmos Fire, in den Clubs Frankie goes to Hollywood. Als (pop)kulturelles Stimmungsbild funktioniert der Film ganz fantastisch, und wenn wir alle Referenzen aufzählen wollten, wären wir morgen noch nicht fertig.

Aber MAXXXINE sollte auch ein Horrorfilm sein - und diesem Anspruch wird er leider nicht ganz gerecht. So souverän Mia Goth (mit blonder Föhnwelle) als Maxine Fuckin Minx auch agiert und für den Fame über sprichwörtliche Leichen geht: Man hat immer ein bisschen das Gefühl, dass die Geschichte der optischen Wirkung untergeordnet wird. Und der Showdown ist leider wirklich ein Käse, sorry.

Was aber niemandem vom Kinobesuch abhalten sollte: Allein die Szene, in der Maxine die Aufforderung ihrer Regisseurin (spitzenmäßig: Elizabeth Debicki), sie solle alles, was sie von ihrer Rolle ablenkt, abschütteln und zerquetschen, wörtlich nimmt, ist die Kinokarte wert. Armer Kevin Bacon!

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FAZIT:

Style over Substance ist normalerweise kein Kompliment. Im Falle von MAXXXINE, dem Abschluss von Ti Wests Fame-Trilogie, ist das anders: Mehr Achtzigerjahre-Stilbewusstsein und cinephiles Verständnis für diese Dekade in einem Film ist wohl kaum mehr vorstellbar. Dass die Handlung dabei zum schmückenden Beiwerk verkommt, ist fast schon wieder konsequent. Nur über das schwächelnde Finale müssen wir noch einmal reden. Schade, ich hätte gerne mehr Punkte vergeben als

WERTUNG: 7/10
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