THRILLER: USA, 2024
Regie: Rose Glass
Darsteller: Kristen Stewart, Katy O'Brian, Ed Harris, Dave Franco
Lou (Kristen Stewart) hat zwei Probleme: Einen gewalttätigen Schwager und einen schwerkriminellen Vater, dem das FBI auf den Fersen ist. Doch jetzt hat sie Jackie (Katy O'Brian), eine junge Bodybuilderin, die die Probleme auf ihre Art regelt. Damit eskaliert die Situation völlig.
LOVE LIES BLEEDING. Was soll bei so einem Titel noch schief gehen? Mit Kristen Stewart in der Hauptrolle. Produziert von A24. Inszeniert von SAINT MAUD-Regisseurin Rose Glass. So einem Film fiebert man doch entgegen. Bzw. man nimmt sich, wie in meinem Fall, vom Dayjob frei, um die Pressevorführung besuchen zu können.
Höchste Erwartungshaltung also, und sie wird keineswegs enttäuscht. Kennt ihr das Gefühl, neunzig Minuten lang permanent eine Gänsehaut zu spüren, weil bei einem Film einfach ALLES stimmt? Die Atmosphäre, die Bilder, der Sound, die Darsteller, der wilde Mix aus Leidenschaft, Sex und Gewalt, der die Leinwand beinahe explodieren lässt. Okay, das klingt vielleicht ein bisschen pathetisch, aber genau so muss sich das Medium Film anfühlen: Wie ein euphorisierender, körperlich spürbarer Bilderrausch, der dich mitreißt und durchschüttelt.
Der Film handelt von einer Drifterin, Jackie heißt sie. Wir erfahren wenig von ihr. Außer, dass sie aus der tiefsten Provinz stammt und vor etwas davon läuft. Man sieht, dass sie sichtlich viel Zeit in der Muckibude verbringt. Jackie will nach Las Vegas, zur Body-Building-WM. Doch jetzt ist sie in einem trostlosen Wüstenkaff in New Mexiko gestrandet. Hier lernt sie Lou (Kristen Stewart) kennen, die im örtlichen Fitnesscenter Mädchen für alles ist und nebenbei einen schwungvollen Handel mit Medikationen zweifelhafter Herkunft und Wirkung betreibt. Lou und Jackie teilen sich bald Tisch, Bett und Steroide. Letztere wirken sich eher nachteilig auf Jackies Impulskontrolle aus. Wenn Jackie ihre Muskeln anspannt, sollte ihr niemand blöd kommen, schon gar nicht Lous degenerierte, kriminelle Verwandtschaft ...
Queere Lovestory, bluttriefender Noir-Thriller, acidgetränkter Neo-Western mit Horror-Anleihen. Genregrenzen sind für Regisseurin Rose Glass nur da, um sie niederzureißen. Der Film wurde am Sundance präsentiert und hat, wenn man Berichten glauben darf, für heftige Reaktionen im Publikum gesorgt. Übertriebene Rücksichtnahme auf etwaige "Generation Snowflake"-Sensibilitäten kann man LOVE LIES BLEEDING tatsächlich nicht vorwerfen: Die Gewaltspitzen sind von selten gesehener Härte, noch verstärkt durch schmerzhaft realistische Make-up-Effekte.
Im letzten Drittel hatte ich kurz das Gefühl, dass der Film seine fiebrige, sexuell aufgeladene Energie zu Gunsten eines zwar ausgesprochen ereignisreichen, aber im Grunde doch recht konventionellen Thriller-Plots opfert. Bis das völlig weirde, comic-hafte Finale wieder für Euphorie und - zumindest bei mir - für ein breites Grinsen sorgte.
Für mich definitiv ein Lieblingsfilm von 2024. Und dann lese ich von Tumulten auf einem Festival-Screening in Belgien, wo eine kleine Minderheit von Neandertalern im Publikum mit homophobem Gegröle Stunk gemacht hat, bis die Polizei einschreiten musste. Kein besondes gutes Gefühl, zu wissen, dass die Welt da draußen den größeren Knall hat als der weirdeste Film.
Queere Lovestory, bluttriefender Noir-Thriller, acidgetränkter Neo-Western mit Horror-Anleihen im 80er-Retro-Look. Der zweite Film von SAINT MAUD-Regisseurin Rose Glass reißt Genregrenzen ein und lässt die Leinwand beben. Und Kristen Stewart ist selbst mit Vokuhila eine Göttin.
LOVE LIES BLEEDING ist ab 18.7. in den österreichischen Kinos zu sehen.