SCIENCE FICTION DRAMA: USA, 2012
Regie: Rian Johnson
Darsteller: Joseph Gordon-Levitt, Bruce Willis, Emily Blunt, Paul Duno, Jeff Daniels, Piper Perabo, Pierce Gagnon,
In einigen Jahrzehnten, wenn die Welt ganz genau so schlecht aussehen wird, wie wir uns das jetzt gerade vorstellen, werden sogenannte Looper die Drecksarbeit der Mafia, die dann wiederum einige Jahrzehnte später ihr Unwesen treiben wird, erledigen. Die schicken dann ihre Opfer per Zeitreise zurück, damit die Looper sie erledigen können. Zeitreisen sind aber so verboten, dass die meisten Looper an den Punkt kommen, ihre späteren Ichs (natürlich gibt es dafür einen Bonus) ebenfalls kaltzumachen um alle Spuren zu verwischen. So auch Joe (Joseph Gordon-Levitt), der eines Tages seinem älteren Ich (Bruce Willis) in die Augen sehen muss, und von diesem überwältigt wird. Jetzt ist die Kacke aber am Dampfen!
Regisseur Rian Johnson, Jahrgang 1973, ist einer von diesen jungen, wilden und äußerst kreativen Nachwuchstalente (so wie etwa Nicolas "Drive" Winding Refn, Jahrgang 1970, oder Jan "Dobermann" Kounen, Jahrgang 1964), die gerade in die Szene drängen um hoffentlich die alten Dinosaurier vom Sockel zu stoßen. Sie schreiben ihre Filme großteils selber und sprühen vor Talent. Nur ein Star Wars ist ihnen halt noch nicht gelungen. Aber das kann ja noch werden.
Nach dem schrägen Einstand Brick, ein Film Noir im College-Milieu, und dem nicht minder faszinierenden Brothers Bloom, der in meinen Augen völlig zu Unrecht von der Kritik geschasst wurde, legt Johnson jetzt seinen dritten Film vor und enttäuscht schon wieder nicht.
Looper ist ein beeindruckender kleiner Zeitreisenthriller, der es wagt die Zuseher mit erfrischendem Humor, existentiellen Fragen, dreidimensionalen Figuren und mehreren Bedeutungsebenen zu quälen. Ob die das einfach so verzeihen werden? Man wird sehen. Am herausstechendsten ist dabei Joseph Gordon-Levitt, der seine Figur sehr interessant anlegt und vollkommen glaubhaft zwischen dümmlicher "Du-kannst-mich-gar-nichts"-Attitüde und tiefer Seele hin und herpendelt und sich in diesem Film vom gewissenslosen Killer zum selbstlosen Retter entwickeln darf.
Nur seine komische Gesichtsmaske irritiert da. Er sieht auch so nicht wie sein späteres Ich Bruce Willis aus, warum hat man den Armen in einer seiner schauspielerisch besten Rollen also so hergerichtet, dass man ihn nicht wiedererkennt. - Was - Das war doch nicht Joseph Gordon-äh? Wie heißt der nochmal?? Wenn schon sollte er seinen Namen vereinfachen. Bruce Willis dagegen, noch immer gut im Geschäft, pflegt sein Doppelkinn und seine Augenränder weiterhin auf recht hohem Niveau, und kann diesen Film sicher als Perle seines Spätwerks betrachten - Mann, das klingt so als ob seine aktuellen Filme irgend eine Bedeutung hätten, was ja mal abgesehen von einigen wenigen Ausnahmen wie Moonsrise Kingdom eindeutig nicht der Fall ist.
Seine Figur ist aber etwas undankbar. Darf er sich durchaus als emotionales Zentrum des Films einführen lassen, verkommt er im Laufe des Filmes immer mehr zu einer Karikatur seiner archetypischen Rolle, wenn auch vielleicht etwas gewagter als sonst, da er moralisch vergleichsweise ungut daherkommt.
Es gibt da noch eine andere interessante Figur, die aber aus spoilertechnischen Gründen einfach mal unterschlagen wird. Jedenfalls weiß auch diese sehr zu überzeugen, auch der Schauspieler dahinter beherrscht seine Rolle, wer sich den Film dann ansieht, wird wissen, wovon ich spreche.
Kann man also sagen, dass Rian Johnson sein Blade Runner gelungen ist? Haben wir da eine raffinierte Zukunftsversion, unvergessliche Bilder, seelenzerfleischenden Tiefgang? Nein, leider nicht. Vielleicht ist unsere Nachwuchshoffnung doch noch nicht so weit. Da fehlt die Konsistenz und vor allem das Gefühl, dass das Werk aus einem Guss ist. Humor hier, Selbstreferenz da, Thema X dort, aber zur perfekten Einheit verschmilzt es nicht, sodass man mal wieder das abgedroschene Bild von weder Fisch noch Fleisch benutzen muss.
So haben wir es mit einem sehr guten Film zu tun, wo Genialität hin und wieder aufblitzt, aber einfach nicht nachhaltig ihre Wurzeln schlägt. Macht aber nichts, denn ein interessanter und origineller Kinobesuch ist allemal drin.
Looper ist eine clevere, selbstreferentielle Räuberpistole, bei der ein begeisterter Kinoauteur mit Elementen aus Science Fiction, Philosophie, Actionthriller, Entwicklungsdrama und Dystopie jongliert und dabei immer mal wieder sein überragendes Talent aufblitzen lässt. Für den Cirque du Soleil reicht es aber noch nicht, dafür ist die ganze Show dann doch noch ein wenig zu unrund. Aber, wir wissen er kann es. Daher: Sehr sehenswert!