OT: The Samurai Avenger: The Blind Wolf
SUSHI-WESTERN / EXPLOITATION: USA, 2009
Regie: Kurando Mitsutake
Darsteller: Kurando Mitsutake, Jeffrey James Lippold, Domiziano Archangeli, Mariko Denda
Nathan Flesher hat Frau und Kind eines japanischen Immigranten umgebracht und diesen darüber hinaus noch gezwungen, sich selbst zu blenden. Gesetzlich belangt wurde er dafür nie. Allerdings ist Flesher für ein anderes Verbrechen zu acht Jahren Gefängnis verurteilt worden. Der nun blinde, aber rachedürstende Vater nutzt die Zeit, in der sein Todfeind hinter Schloss und Riegel sitzt und lässt sich zum Samurai ausbilden.
"Um 6 Uhr 30 kommt er raus. Und um 6 Uhr 30 stirbt er!" sagt der blinde Samurai. "Bring me the fuckin' head of that blind fucker!" sagt Nathan Flesher und setzt sieben skurrile wie tödliche Attentäter auf den einsamen Rächer an. Der erhält die Unterstützung eines geheimnisvollen Drifters. Gemeinsam bestreiten die beiden Duell um Duell, bis sich der Blinde Wolf und Nathan Flesher endlich Auge um Auge gegenüberstehen ...
"This movie is our blood, sweat and tears...", richtet Regisseur, Drehbuchautor, Produzent und Hauptdarsteller Kurando Mitsutake das Wort an sein Publikum. Damit spielt er darauf an, dass sein Debüt ohne große Studiogelder realisiert wurde und somit eine reine Independentproduktion ist. Was bedeutet: Herzblut galore!
Denn Mitsutake ist ein Verehrer des Genre- und Exploitationkinos der Sechziger und Siebziger. Das merkt man sofort. Sein LONE WOLF: THE SAMURAI AVENGER (oder auch: SAMURAI AVENGER: THE BLIND WOLF) ist eine Verbeugung vor Leones DOLLAR-TRILOGIE, vor Katana-Klassikern wie LONE WOLF & CUB, ZATOICHI oder LADY SNOWBLOOD; meinetwegen auch KILL BILL. Wobei letzterer eigentlich gar nicht mitgezählt werden dürfte; stellt er doch selbst eine Ode an die blutigen japanischen Samurai-Filme, an die italienischen Rache-Western und an hellrote Blutfontänen im Herbstwind dar...
Für sein Filmdebüt hat Mitsutake jedenfalls die oben genannten Zutaten -will sagen: roher Fisch, Texas Barbecue und Blutwurst- durch den Mixer gejagt und das Ergebnis "Sushi-Western" genannt. Und jep, das passt.
Die Dialoge bestehen zu einhundertprozent aus markigen (bis abgedroschenen) One-Linern, die frisch aus dem Poesiealbum einsamer Rächer herauszititert wurden. Oder gleich direkt von den mächtigen Vorbildern aus den Siebzigern stammen. Einige heftige Ohren-Déjà-Vus ließen mich beispielsweise ziemlich oft an meine Lonewolf & Cub-Mangas denken. Begleitet werden sie von einem saucoolen Dean Harada-Soundtrack, der mit E-Gitarre, Bass, Drums und lässigen, staubtrockenen Riffs musikalisch umsetzt, was man sich gemeinhin unter zünftiger Desert Vengeance vorstellt.
Und Mitsutake zieht das Ding mit aller Konsequenz durch. Der blinde Wolf metzelt sich praktisch ohne Raucherpause einmal quer durch die amerikanische Wüste, bis die sieben Assassinen im Staub liegen und der Obermotz in Hiebweite seines Katanas ist. Manchmal ist etwas weniger erquickliches CGI-Gore darunter; doch viel öfter spritzt das Blut und fliegen die Körperteile handgemacht (wie's sein sollte) über den Bildschirm. Und da gehen so viele Gliedmaßen und Lebenssaftliter verlustigt, dass man auch die eine oder andere nicht ganz astreine Kampfchoreographie verzeiht.
Zwischendurch wird der Nonstop-Rachefeldzug von informativ-augenzwinkernden Kurzlehrfilme über den Bushido (damit ist nicht der Herr Rapper vonna Mafia, sondern die alttraditionellen japanischen Wege des Kriegers gemeint) sowie diversen Schwert- und Harakiritechniken aufgelockert. Und durch etliche Ideen, die mal krude, mal albern, mal aberwitzig daherkommen. Soll heißen, unser blinder Rächer bekommt es nicht nur mit einem staubmanteltragenden Haufen Cowboys zu tun, sondern auch mit einer waschechten Nekromantenhexe - samt Samurai-Zombies!
Die Hommage an die Vorbilder wird nicht eben subtil erzählt. Sie präsentiert sich eher als bloße Anneinanderreihung blutig(st)er Duelle. Und die Story ist vielleicht sogar noch ein Tacken dünner als die altbekannten Rache-Mären aus der Welt der Samurai und Pistoleros. Möchte man es positiv formulieren, könnte man auch schreiben, Mitsutake hat sich auf das Wesentliche konzentriert.
Auch wenn es manchmal hart an der Ermüdungsgrenze ist; im Großen und Ganzen macht THE SAMURAI AVENGER ziemlich Spaß. Vorausgesetzt man kennt dessen Vorbilder. Ohne das Wissen um diese dürfte es allerdings einfach sein, dieses bluttriefende Stück Sushi-Western im jugendlichen Leichtsinn oder aus blanker Unwissenheit als billigen Trash-Abklatsch von KILL BILL abzutun; wobei der Trash hier freilich tatsächlich großgeschrieben wird...
Anyway, die visuellen Grüße ans Exploitation- und Grindhousekino in Form von plötzlich auftretender schwankender Bildqualität, wenn's richtig derb ans Eingemachte geht, sind durchaus Absicht und auch angekommen. Und keine Angst: Man verpasst dennoch keine Blutfontäne und keine aus dem aufgeschlitzten Leib flutschende Kuttel! In diesem Sinne: "A life without the sword is no life!"
Kleine Warnung: Die deutsche FSK 18-Veröffentlichung ist cut. Die Review bezieht sich auf die ungeschnittene Fassung.
Für die einen (die Jüngeren und Unwissenden) ein billiger, trashiger Abklatsch von KILL BILL; für die anderen eine unabhängig produzierte, augenzwinkernde bluttriefende Verneigung vor LONE WOLF & CUB, ZATOICHI und all den anderen ehernen Chanbara-Filmen sowie den wüstenstaubtrockenen Rache-Mären des Italo-Western aus den Sechzigern und Siebzigern. Freundliche Grüße ans Grindhouse & Exploitationkino inklusive!