HORROR: USA, 1971
Regie: John D. Hancock
Darsteller: Zohra Lampert, Barton Heyman, Kevin O'Connor, Gretchen Corbett, Marieclare Costello
Jessica, ihr Mann Duncan und deren gemeinsamer Freund Woody ziehen in ein abgelegenes viktorianisches Farmhaus mitten auf dem Land. Gerade erst von einem mehrmonatigen stationären Aufenthalt in einer Nervenklink entlassen, hofft Jessica, inmitten der idyllischen Umgebung ihre psychische Gesundheit wieder vollends herstellen zu können. Die Dorfbewohner verhalten sich den Neuankömmlingen gegenüber seltsam reserviert, fast schon feindselig.
Im Haus angekommen, stellen die drei Freunde fest, dass dieses bereits bewohnt ist: Emily, eine hübsche rothaarige Frau, hat es sich in dem vermeintlich verlassenen Haus gemütlich gemacht. Da sie allen sympathisch ist, wird sie in der Hausgemeinschaft aufgenommen und darf bis auf Weiteres bleiben. Doch irgendetwas scheint mit ihr nicht ganz zu stimmen ... Nicht nur, dass sie einer Frau auf einem alten, vergilbten Foto, das Jessica auf dem Dachboden des Hauses findet, zum Verwechseln ähnlich sieht. Sie hat auch etwas Bedrohliches, Unwirkliches an sich. Jessica ignoriert vorerst die warnenden Stimmen in ihrem Kopf, bis sie immer mehr Hinweise findet, dass ihr aller Leben in Gefahr ist ...
KRITIK:Der Regisseur dieses Films, John D. Hancock, sollte unter CineastInnen hinlänglich bekannt sein.
... Noch nie gehört? Kein Wunder!
In Wirklichkeit handelt es sich um einen unbekannten Regisseur, von dem in der ofdb außer ein paar 80er-Jahre-Serien nur ein paar wenige (9 an der Zahl) Filme aufscheinen.
Sein erster Spielfilm "Let's scare Jessica to death" (1971), der stilistisch, von der Qualität sowie vom Bekanntheitsgrad her vergleichbar ist mit Messiah of Evil (an dieser Stelle sei unserem lieben Chris nochmal herzlich gedankt für das tolle Review!), ist eine zu Unrecht nur wenig bekannte Genreperle aus den 70er Jahren.
Die Geschichte ist aus der Perspektive Jessicas erzählt. Wir können Teil haben an ihrer Gedanken- und Gefühlswelt, ihren emotionalen Berg- und Talfahrten und ihrer zunehmenden Verunsicherung und Angst. Bis zum Ende wird nicht klar, ob Jessica aufgrund ihrer Labilität besonders sensibel und somit imstande ist, als Einzige zu erkennen, dass auf dem Dorf ein Fluch liegt und Emily ein bösartiges Wesen mit düsterer Vergangenheit ist oder ob Jessicas eigene angeschlagene Psyche der Auslöser für die geisterhaften Phänomene ist.
Egal, zu welcher Interpretation man selbst tendiert, der Film wirkt in erster Linie durch seine alptraumhafte Atmosphäre. Sogar an sich recht banale Szenen wirken furchteinflößend, weil durch die Art der Aufnahme und die Musik ständig vermittelt wird: "Nimm dich in Acht, hier stimmt etwas nicht!"
Nebelverhangene Landschaften, ein immer wieder unvermittelt auftauchendes stummes Mädchen in einem weißen Kleid und eine im See ertrunkene Frau, die plötzlich im Wasser auftaucht und nach Rache sinnt, jagen dem Gruselfan wohlige Schauer über den Rücken.
Die Wirkung dieses besonders unheimlichen Films entfaltet sich auf subtiler Ebene und wird zudem gekonnt ergänzt vom psychologischen Horror: dem Gefühl der Entfremdung von ehemals vertrauten Personen; dem Erkennen der drohenden Gefahr und dem Unvermögen, die anderen davor zu warnen und der schlussendlich bitteren Erkenntnis, ganz auf sich allein gestellt den Kampf um Leben und Tod auf sich nehmen zu müssen.
Ein auf Zelluloid gebannter Alptraum aus den frühen Siebzigern, der durch eine absolut klaustrophobische Atmosphäre besticht und dadurch -im Gegensatz zu aktuellen Gruselfilmen - ohne Gongschläge, Kreisch-Einlagen oder überlaute Geräusche auskommt.
Darf's mal etwas leiser und subtiler sein?
Dann tauch zusammen mit Jessica in diesen unheimlichen Traum ab. Aber pass gut auf, dass du auch wieder daraus erwachst ...