OT: The Last House on Dead End Street
EXPLOITATION: USA, 1977
Regie: Roger Watkins
Darsteller: Roger Watkins, Ken Fisher, Kathy Curtin, Bill Schlageter
Kaum aus dem Gefängnis entlassen sieht Terry Hawkins seine Zukunft in der Filmemacherei. Von dubiosen Produzenten erfährt er, dass sich mit Pornos keine Kohle mehr machen lässt. Also ziehen sich Terry und ein paar seiner degenerierten Drogenfreunde Göttermasken aus der griechischen Antike auf und foltern vor laufender Kamera Menschen zu Tode. Die Filme werden anschließend für viel Geld an perverse, reiche Kundschaft verhökert -
KRITIK:Der Sage nach ist LAST HOUSE ON DEAD END STREET das Werk eines Filmstudenten, dessen Abschlussarbeit es darstellt. Wenn das wahr ist, hätte ich die Reaktionen der Professoren, die diese Arbeit damals in den frühen 70ern bewertet haben, zu gerne erlebt, wenn sich gegen Filmende eine debil aussehende, schielende Frau barbusig und mit einem abgeschnittenen Rehbein als Phallusimitat im Jeansbund vor einem bedauernswerten knienden Typen aufbaut und diesen kurz vor seinem blutigen Ableben zu einem unnatürlichen Blowjob nötigt. Da habe sogar ich in meiner Funktion als mit Gore und Schmuddel getaufter Filmsonderling erst einmal etwas befremdlich aus der Wäsche schauen müssen.
Fakt ist, dass das bereits 1972 entstandene Watkin-Debüt 1977 als Neuschnitt unter dem Titel LAST HOUSE ON DEAD END STREET auf den Markt kam und seither zu den gesuchten und berüchtigten bösen Buben des Splattergenres gehört. Dabei ist LAST HOUSE ON DEAD END STREET nicht die Nonstop-Goreorgie, die die Legende suggeriert. Die derben Szenen sind von überschaubarer Zahl, aber äußerst wirkungsvoll. Drei Vorkommnisse im letzten Haus in der Sackgasse gibt es, die fies unter die Haut gehen: Eine quälend lang andauernde sehr blutige Zerstücklungs- und Ausweidungsszene irgendwo zwischen Herschell Gordon Lewis und dem zweiten Guinea Pig FLOWERS OF FLESH AND BLOOD.
Die Effektqualität ist natürlich kein KNB-Standard, aber das ist okay, wenn man Alter und das Trinkgeldbudget des Films berücksichtigt. Zumal die Szene ihre Wirkung ebenso nicht verfehlt wie jener bizarre Moment, wo ein offensichtlich geistig behinderter Zwerg unter den erregt-höhnischen Blicken einer aus wohlhabenden Menschen bestehenden Abendgesellschaft eine Frau auspeitscht. Und als letzter Schockakt folgt zum Schluss noch die eingangs beschriebene Tierhuf-Fellatio.
Diesen drei Szenen verdankt LAST HOUSE ON DEAD END STREET seinen bösen Ruf - und in Anbetracht deren Verstörungsgrad durchaus zu Recht. Allerdings sei auch gesagt, dass dies auch die rar gesäten Höhepunkte eines Films sind, der trotz kurzer Spieldauer etliche brutale Längen und absolut keinen Unterhaltungswert aufweist. Der aber dafür Mut zum Tabubruch bewiesen und die schon in Lewis´ WIZARD OF GORE (1970) aufkeimende Snuff-Thematik auf einer realistischeren Ebene konsequent weitergesponnen hat.
Somit ist LAST HOUSE ON DEAD END STREET sicherlich der erste in der Art von TESIS, 8MM oder AB-NORMAL BEAUTY, der im Gegensatz zu den Genannten allerdings kaum eine Distanz zum Geschehen aufweist, keine wahrnehmbare Medienkritik ausübt und abgesehen von der kurzen, aber prägnanten Szene, in welcher sich der Kameramann nach dem ersten Mord die Maske abzieht und sein Gesicht maßloses Entsetzen zeigt, auch keine Wertung vornimmt.
LAST HOUSE ON DEAD END STREET ist ein aus den Tiefen des Undergrounds kommendes, verstörendes Stück (Pseudo-)Snuff-Theater, welches in Splatterkreisen einen legendären Ruf besitzt. Und der Film hat ein Tripel an derben, alles verheerenden Szenen in der Hinterhand, die diesen Ruf auch gerechtfertigen. Mit kranker, räudiger Atmosphäre, einem Nullunterhaltungswert und den vielen zähen Passagen macht es Roger Watkins dem Zuschauer allerdings leicht, sein Werk zu hassen. Auch ich mochte den Film anfangs nicht, doch mittlerweile bin ich der Meinung, dass LAST HOUSE ON DEAD END STREET auf eine unbequem perverse Weise kraftvoll ist und dass man Watkins Mut zur Grenzauslotung einfach anerkennen muss.