MUSICALFILM: USA, 2016
Regie: Damien Chazelle
Darsteller: Ryan Gosling, Emma Stone, John Legend, Amiée Conn
Musiker Sebastian (Ryan Gosling) träumt von seinem eigenen Jazz-Club. Kellnerin Mia (Emma Stone) träumt davon, Schauspielerin zu werden ...
... und Regisseur Damien Chazelle träumt von mindestens sieben Oscars, die er, wenn es nach den euphorischen Pressestimmen geht, schon so gut wie gewonnen hat. Eine Auswahl:
"This season's most dazzling movie experience."
Entertainment Weekly
"Soaring and gorgeous."
Vanity Fair
"They don't make films like this anymore."
Evening Standard
Aber wie so oft gilt zumindest für meine Wenigkeit: Don't believe the Hype! Ich würde zwar keineswegs so weit gehen wie eine Facebook-Freundin, nennen wir sie Gini, die die Auffassung vertritt, dass Musicals generell verboten gehören. Aber Musicals SIND eine problematische Gattung. Noch dazu, wenn es um Jazz geht. Wer Gegenteiliges behauptet, lügt.
Andererseits muss man Damien Chazelle Respekt zollen: LA LA LAND ist nämlich eine vollkommen unironische Annäherung an die klassische Ära der Hollywood-Musicals - und gleichzeitig eine Modernisierung. Wie die Kamera in der Eröffnungssequenz fünf Minuten lang ohne erkennbaren Schnitt über eine Stadtautobahn gleitet, eine Autokolonne umkreist, bis alle Insassen auf den Autodächern tanzen, das würde ich jetzt glatt als Magic Moment verbuchen.
Ryan Gosling ist sowieso ein Spitzentyp, und gemeinsam mit Emma Stone kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Ja, ich hätte mir wirklich gewünscht, LA LA LAND genau so innig ins Herz schließen zu können, wie es die Kritiken versprochen haben. Obwohl es ein Musical ist.
Aber etwa zur Hälfte der mit 128 Minuten eindeutig zu üppig bemessenen Laufzeit hat sich bei mir etwas eingestellt, was ich den TONI ERDMANN-Effekt nennen möchte: Ja, eh toll und erstaunlich und eigenwillig und erinnerungswürdig, aber irgendwann einfach zu viel des Guten. Ja, der Kollege von filmstarts.de hat schon recht, wenn er von der "guten Art von Kitsch" schreibt. Aber auch guter Kitsch bekommt mir nicht, wenn er gar zu dick aufgetragen wird.
Wenn Ryan Gosling und Emma Stone zum gefühlt hundersten Mal zu singen beginnen und buchstäblich über die Sterne schweben, stellt sich Ermüdung ein. Hier hätte ein strenger Produzenten-Diktator im Schneideraum für Straffung sorgen müssen. Wo ist Harvey Weinstein, wenn man ihn einmal braucht?
Und da ist noch ein Punkt, der mir sauer aufgestoßen ist: Wenn Jazz-Liebhaber Sebastian über ach-so banale Popmusik die Nase rümpft, hat das einen ziemlich muffigen Beigeschmack. Okay, schon verstanden, Sebastian ist eine old soul, aber irgendwie hat mich sein trotziger Traditionalismus an meinen alten Lateinlehrer erinnert. Für den war nämlich auch jedes Stück Musik, das nach 1967 aufgenommen wurde, Teufelswerk.
Das mögen jetzt harte Worte sein für einen doch ziemlich guten Film. Freut euch auf den Kinobesuch. Es ist ein wirklich schöner Film. Ohne falsche Ironie und giftigem Zynismus. Ihr werdet den Saal mit dieser schwer fassbaren Mischung aus Euphorie und Melancholie verlassen, die in den letzten Jahren im Kino ziemlich selten geworden ist.
UPDATE (9.1.2017): LA LA LAND räumte bei den Golden Globes sieben Preise ab.
Kinostart in A: 13.1.2017
Damien Chazelles Musical-RomCom LA LA LAND war der umjubelte Abschlussfilm der Viennale 2016, wurde von der Kritik einhellig gefeiert und wird wohl mindestens drei Dutzend Oscars abräumen. Ich hätte mir wirklich gewünscht, von der allgemeinen Begeisterung angesteckt zu werden. Hat aber nicht ganz funktioniert, was wohl an meiner generellen Musical-Allergie liegt. Ein schöner, erstaunlicher und lohnender Film ist es allemal.