OT: Koyaanisqatsi
DOKUMENTARFILM: USA, 1982
Regie: Godfrey Reggio
Darsteller: -
Der erste Teil Qatsi-Trilogie von Godfrey Reggio, in dem es um das Eingreifen des Menschen in die Natur und um das Leben in der Zivilisationsgesellschaft geht.
Wo anfangen? Und vor allem wie?
Koyaanisqatsi ist einer dieser Filme, die es einem nicht leicht machen ihn zu beschreiben. Sofern man überhaupt von einem Film sprechen kann. Oder von einer Dokumentation. Eine stringente Handlung, Bezugspersonen, Erklärungen, so etwas gibt es in Koyaanisqatsi nicht. Ja, es gibt nicht einmal Worte.
Stattdessen prasseln mit Musik unterlegte Bildsequenzen auf den Zuschauer ein. Und das für knappe 90 Minuten. Man sieht Landschaften, Städte, Menschen, Autos, Hochhäuser und vieles mehr. Koyaanisqatsi muss man sehen und kann man sich nicht beschreiben lassen.
Denn wie kann man sich den Film vorstellen? Teilweise vielleicht wie eine Universum-Folge ohne einen Erzähler. Atemberaubende Bilder unterlegt mit der von Philip Glass für den Film komponierten Musik. Das Besondere an Koyaanisqatsi ist es, dass Regisseur Godfrey Reggio dennoch schafft, eine Art Botschaft rüberzubringen. Ohne, dass ein Sprecher diese ständig runterbrettern müsste, sondern nur durch die Auswahl seiner Bilder und den Schnitt. Und natürlich durch die Musik.
Koyaanisqatsi ist ein Film, der zum Nachdenken anregt. Ein Film der den geneigten Zuschauer drastisch vor Augen führt, wie sehr sich die Gesellschaft von der Natur und damit auch von sich selbst entfremdet hat.
Anfangs hat Koyaanisqatsi durchaus etwas leicht meditatives, nimmt den Zuseher mit in eine ebenso karge wie atemberaubende Felsenlandschaft. Eine Wüste aus Stein, die jedoch schon bald durch eine Betonwüste ersetzt wird.
Im Laufe des Films wird die Musik immer unruhiger und der Schnitt immer hektischer, Zeitlupe kommt vermehrt zum Einsatz und als Zuseher beginnt man sich förmlich nach einer Pause, einer etwas ruhigeren Sequenz zu sehnen, so drastisch wird einem die Hektik des modernen Lebens vor Auge geführt.
Interessant ist auch der Blick auf die Menschen. Sieht man sie oftmals nur schemenhaft herumwuseln, gibt es Sequenzen in denen die Kamera drauf hält und einzelne Individuen für einen kurzen Moment aus der Anonymität der Großstadt holt. Natürlich erfährt der Zuseher nicht mehr über die Menschen die die Kamera einfängt, als über Leute die er auf der Straße beim Vorbeigehen beobachtet und dennoch bleiben sie ihm in Erinnerung.
Koyaanisqatsi ist ein Erlebnis, auf das man sich als Zuschauer aber auch einlassen muss. Nicht jeder wird seine Freude mit dem Film haben, denn klassische Unterhaltung sieht anders aus. Koyaanisqatsi ist wohl eher ein Film für Menschen, die für Neues aufgeschlossen sind und auch keine Abneigung gegenüber Kunstfilme haben. Denn auf den ersten Blick erinnert der Film sicher auch ein wenig an Installationen, wie man sie in Museen vorfindet. Wohlgemerkt nur auf den ersten Blick, denn Koyaanisqatsi ist ein Film, den man nicht nur gestückelt sondern als Ganzes sehen sollte, damit sich seine Kraft ganz entfalten kann.
Koyaanisqatsi ist wohl einer der ungewöhnlichstem Filme die mir jeh untergekommen sind und das Konzept hätte auch leicht in die Hose gehen können. Ist es aber nicht.
Denn Koyaanisqatsi ist einfach stimmig. Bilder und Musik bilden eine perfekte Einheit. Die Bilder sind teilweise schön und bizarr zugleich. Und vor allem: Sie bleiben in Erinnerung. Sicher, spektakuläre Bilder findet man heutzutage zuhauf, nicht zuletzt da die Technik sich ja auch weiterentwickelt hat, doch das besondere an Koyaanisqatsi ist, dass wie bei einem Gemälde oder einer schönen Photographie die Perspektive stimmt. Und auch der Blick aufs Detail.
Ein wichtiger Bestandteil ist natürlich der von Philip Glass komponierte Soundtrack. Einige der für den Soundtrack komponierten Lieder wie beispielsweise "Pruit Igoe" sind heute schon längst Klassiker und fanden auch schon den Weg in andere Filme.
Keine Schauspieler, keine stringente Handlung, kein Dialog: Koyaanisqatsi ist ein ungewöhnlicher Doku(?)-Film, der es dank seinem genialen Mix aus spektakulären Bildern und Musik schafft den Zuseher zu fesseln, ja mehr noch, zum Nachdenken anzuregen und für einen kurzen Moment einen anderen Blick auf die Welt in der wir leben zu erhalten.
Koyaanisqatsi ist bei Koch Media auf Blu-ray erschienen.