OT: Kites
BOLLYWOOD / ACTION: INDIEN, 2010
Regie: Anurag Basu
Darsteller: Hrithik Roshan, Bárbara Mori, Nicholas Brown, Luce Rains
Bollywood-Sixpack Hrithik Roshan in der Rolle des Jai - mittendrin statt nur dabei in Las Vegas. Und er tanzt wie einst in Indien. Allerdings zunächst mit einer Freundin, die er nicht wirklich liebt. Dann verguckt er sich unsterblich in eine Frau die natürlich einem anderen versprochen ist. So far, so bollywood. Doch plötzlich ist da diese familia Mit ihren kruden Gepflogenheiten. Wie Ohren abschneiden und Leute erschießen. Und Hrithik Roshans Problem ist folgendes: Das Mädchen, mit dem er zusammen ist, aber welches er nicht liebt, ist des Paten einzig geliebte Tochter. Und die Frau, mit der er gerne bis ans Ende aller Tage mit den Fingern Schattenhäschen an die Wand werfen würde, ist - ihr ahnt es schon- die Verlobte des Paten einzig geliebten Sohn. Verständlich, dass Hrithik Roshan fortan auch ohne Mittelohrentzündung irgendwie immer unterschwellig Ohrenschmerzen hat. Doch eines Tages brennt er mit des Paten Schwiegertochter in spe gen Mexiko durch. Was ihm die familia natürlich nicht durchgehen lässt -
KRITIK:Hat etwa ein Mad Scientist in seinem unterirdischen Laboratorium in einem verfluchten Schweizer Kastell einen unschuldigen drollige, süße Schattenhäschen an die Wände schmeißenden Zuckerbollywoodstreifen mit einem garstigen ohrenabschneidenden, andere Leute mit Blei voll pumpenden Mex-Mafiaflick gekreuzt und das Ergebnis KITES genannt? Oder sollte hier ein indischer Filmemacher (namentlich Anurag Basu) doch tatsächlich dem Irrglauben verfallen sein, dass die vorgenannten Genres zusammenpassen wie Sharukh und Khan?
Hollywoods Brett Ratner, der einen X-MEN-Teil und zwei RUSH HOURs mit Jackie Chan inszenierte, hat diesen indischen Film im Nachhinein sozusagen re-mixed. Er hat Szenen anders geschnitten und einige Tanzszenen herausgenommen, um den Film für den internationalen Markt noch goutierbarer zu machen, bzw. eventuell einige Action-Ländereien zu erschließen. Und die ergriffenen Maßnahmen zeigen Wirkung. Dieser Bollywoodstreifen wirkt in der Tat westlich. Doch gleichzeitig wurde ihm seine naive, knuffige, farbenfrohe, indische Seele geraubt.
Die Mischung ist nicht gänzlich ungenießbar, dürfte aber weder der einen noch der anderen Zielgruppe so wirklich munden. Zu inkompatibel sind die beiden Elemente - indischer Tanz- und Liebesfilm auf der einen, bleihaltiger Mex-Western auf der anderen Seite. Viel zu gelackt sind die Bilder in der Wüste, die mehr nach Haarspray als nach Staub schmecken. Es gibt ein paar leidlich spektakuläre Autoverfolgungsjagden und überdramatisierte Schießereien; beides ist aber eher nicht dafür geeignet, um einem Actionfan in Verzückung zu versetzen. Zumal der sich wohl eher an TRUE ROMANCE, DESPERADO oder MACHETE halten wird, wenn er Pärchen auf der Flucht oder schießwütige Mexikaner sehen will.
Alles was er hier verpasst sind eine kitschige indisch-mexikanische Hochzeit und ein Ende im Stile einer griechischen Tragödie.
Und natürlich die in Montevideo geborene Hauptdarstellerin Bárbara Mori in ihrer sexy BH-Szene. (PS: Um nicht in den Ruf eines Sexisten zu kommen, wünsche ich allen weiblichen Bollywoodfans süße Träume von Hrithik Roshans eindrucksvoller Bauchmuskulatur, die man in der gleichen Sequenz zu Gesicht bekommt.)
Und was haben die Bollywood-Girlies von KITES? Außer ein bißchen Schmachten ob Roshans Sixpacks wohl auch nicht viel. Das Cover, welches die beiden Leading Roles in romantischer Umarmung zeigt, ist jedenfalls nur die halbe Wahrheit. Die zuckersüße Bollywood-Schnulze dürfte derart mit seelenloser Hollywood-Action verwässert sein, dass auch bei den Zeuginnen Roshans ein fader Nachgeschmack bleiben wird.
Bollywood und der urbane mexikanische Western - das ist wie Zuckerwatte und Corona. Zusammen schmeckts nicht