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Johnny Handsome - Der schöne Johnny

Johnny Handsome - Der schöne Johnny

OT: Johnny Handsome
ACTIONDRAMA: USA, 1989
Regie: Walter Hill
Darsteller: Mickey Rourke, Ellen Barkin, Morgan Freeman, Elizabeth McGovern, Forest Whitaker, Lance Henriksen

STORY:

Johnny ist gar nicht so ansehnlich wie man eigentlich vermuten möchte. Gegenteilig ist sein Gesicht seit seiner Geburt stark missgebildet. Die Häme seiner Umwelt ertragend schlägt sich Handsome als Ganove durchs Leben. Als sein einziger Freund Mikey bei einem gemeinsamen Raubüberfall von ihren Komplizen getötet wird und Johnny ins Gefängnis wandert, wird sich sein Leben für immer ändern. Er lernt den Plastischen Chirurgen Dr. Steven Fisher kennen, der ihn in ein medizinisches Resozialisierungsprojekt aufnimmt - "They changed his looks, his life and his future... But they couldn't change his past..."

KRITIK:

Ich glaube kurz den guten alten Marv vor mir zu sehen, aber es ist Johnny Handsome der das Bild betritt.

"Mut zur Hässlichkeit" ist heutzutage in (obwohl das - insbesondere unfreiwillige - Aussehen von Menschen in einer aufgeklärten Gesellschaft schon längst kein Thema mehr sein sollte), "Mut zur Hässlichkeit" hat Charlize Theron einen Oscar eingebracht (obwohl die Schauspielerin ohne Maske als äußerst eitel gilt) und "Mut zur Hässlichkeit" beweist auch Mickey Rourke im späten 80erjahre Streifen DER SCHÖNE JOHNNY (obwohl - dieser "Spoiler" sei mir verziehen - nicht sehr lange). Ab Filmminute 28 ist es soweit und Rourke darf sein damaliges Schönlings-Gesicht in die Kamera halten. Kurz glaube ich einen mitteljungen Bruce Willis zu sehen. Unfassbar eigentlich wie sich das Gesicht dieses Mannes (das von Rourke, nicht das von Willis) in den letzten siebenundzwanzig Jahren verändert hat.

Eines muss man dem guten Mickey allerdings lassen - schauspielern kann er. Neben der wirklich hervorragenden Leistung in THE WRESTLER fand ich ihn persönlich (man möge mich geißeln) obendrein in IRON MAN 2 und den beiden SIN CITIES richtig gut. Und auch als Johnny macht Rourke eine durchaus gute Figur (wie toll, dieser Satz ist nicht nur doppel- sondern dreifachbödig ;-). Sowohl mit als auch ohne Maske weiß er das Publikum von seinen seelischen Qualen als (ehemals und weiterhin) gesellschaftlich Ausgestoßener zu überzeugen. Immer wieder balanciert er geschickt zwischen aufflammender Euphorie und tiefer Dysthymie und vermittelt so glaubhaft, dass sich erfahrene Stigmatisierungen aufgrund körperlicher Entstellungen kaum rückgängig zu machen sind, auch dann nicht, wenn diese (künstlich) korrigiert werden - dass sich also zugefügte psychische Wunden nicht so einfach schließen lassen.

Rourkes darstellerische Leistung - das muss man wirklich sagen - hebt sich im Vergleich zu allen anderen dieses eigentlich ziemlich hochkarätig besetzten Filmes nochmals deutlich ab. Morgan Freeman (als Lt. A.Z. Drones) spielt zwar sehr solide, legt seine Rolle aber für meinen Geschmack aber etwas zu lässig aus. Forest Whitaker (als Dr. Steven Fisher) scheint sich als Schönheitschirurg zwischen Ehrgeiz und Moral nicht ganz so wohl zu fühlen, wie in vielen anderen seiner Rollen und Elizabeth McGovern (als Johnnys Neofreundin Donna) fällt nicht positiv aber auch nicht negativ auf. Das Spiel von Lance Henrikson (als Rafe) und vor allem jenes von Ellen Barkin (als Sunny) ist zwar ganz interessant, allerdings auch ziemlich aufdringlich, sprich mir wurden die beiden mit der Zeit etwas zu nervig.

Alle diese Charakterinterpretationen können natürlich auch als äußerst positiv gewertet werden, da sie, obwohl nicht ganz meinem Darstellungsgeschmack entsprechend, zugegebenermaßen perfekt zu Walter - vor allem bekannt für seine Spektakelfilme (SHOOTOUT, LAST MAN STANDING, RED HEAT) - Hills Actiondrama passen. "Action" darum, weil Hill auch in diesem Film einfach nicht auf seine (anscheinend) geliebten Baller-Sequenzen verzichten möchte, was übrigens nicht immer gut tut. Und "Drama" weil sich Hill der Bedeutsamkeit, der Traurigkeit und der Düsterns der Thematik durchaus bewusst ist und deshalb Matthew F. Leonetti (POLTERGEIST, BUTTERFLY EFFECT) weitgehend finstere, bedrückende Bilder machen lässt. Relativ konstante Low-Key-Ausleuchtung, eine erhebliche Anzahl an Medium- und Close-Shots sowie dunkel gehaltene Kostüme sind der tragischen Stimmung äußerst zuträglich.

Hill schafft, auch Dank des eigens für den Film komponierten Soundtracks von Ry Cooder (ebenfalls LAST MAN STANDING), was er schaffen will. Nämlich orchestrierte Affekte und vorhersehbare Emotionen beim Publikum wecken - insbesondere die actiongeladene Schlusssequenz lässt hier keine Zweifel aufkommen. Genau dies wiederum macht JOHNNY HANDSOME etwas mühsam. Man hat als Zuseherin und Zuseher nämlich einfach zu wenig Entscheidungsspielraum.

Johnny Handsome - Der schöne Johnny Bild 1
Johnny Handsome - Der schöne Johnny Bild 2
Johnny Handsome - Der schöne Johnny Bild 3
Johnny Handsome - Der schöne Johnny Bild 4
Johnny Handsome - Der schöne Johnny Bild 5
FAZIT:

In einem ohnehin hochkarätig besetzen Film überflügelt Mickey Rourke als schöner Johnny seine Schauspieler-Kolleginnen und Kollegen nochmals deutlich und schafft so ein sensibles Bild eines von der Gesellschaft gegeißelten Mannes. Durch die Mischung von Actionsequenzen und einer der Tragik der behandelten Thematik angemessenen Grundstimmung gelingt Walter Hill mit JOHNNY HANDSOME ein Actiondrama, welches diesen Namen auch verdient hat. Einzig die zu offenkundige Affektsteuerung des Publikums durchkreuzt einen ansonsten gelungenen Film.

WERTUNG: 6 von 10 rekonstruktiven Eingriffen
Dein Kommentar >>
Erich H. | 10.03.2016 11:47
Schöne, durchaus gerechte und gerechtfertigte Kritik. Ein toller Film mit einem damals auch noch recht tollen Rourke.
a-l-e-x | 10.03.2016 13:09
Danke für die lobenden Worte... auch i.V. Mikey Rourkes ;-)
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