FILMTIPPS.at - Die Fundgrube für außergewöhnliche Filme

www.filmtipps.at
GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
James Bond 007 - Ein Quantum Trost

James Bond 007 - Ein Quantum Trost

OT: Quantum of Solace
ACTION: GB/USA, 2008
Regie: Marc Foster
Darsteller: Daniel Craig, Mathieu Amalric, Judi Dench

STORY:

Ähm. Das ist wahrlich eine gute Frage. Es geht jedenfalls unmittelbar nach dem Vorgänger Casino Royale weiter. Bond hat nur das Hemd gewechselt um Jagd auf diese Organisation namens Quantum zu machen, die er nur kennen gelernt hat, weil Vesper (seine Geliebte aus dem Vorgänger) scheinbar Informationen an die verkauft hat....

KRITIK:

Dieser Film erinnert stark an den letzten avantgardistischen Actionblockbuster Miami Vice. So auf die Art: Es geht eh um nix, aber die Form ist völlig daneben. Die Kollegen von jump-cut.com haben damals womöglich treffend erkannt: Michael Mann nahm Miami Vice und machte daraus ein Arnulf Rainer Bild. Also einfach eine Vorlage nehmen und mit möglichst dunklen und schweren Farben darüberschmieren bis man gar nichts mehr erkennen kann.

Ich muss jetzt gestehen, bei Miami Vice fand ich das einfach grottig, aber bei Ein Quantum Trost löste das doch eine gewisse Faszination bei mir aus.

Die erste Hälfte des Films war scheinbar purer Schrott. Bond kämpft sich durch drei Länder. Keine Dialoge, keine Handlung, nur Trostlosigkeit und Actionszenen, die so schnell geschnitten sind, dass man nichts erkennen kann und teilweise sogar versucht ist zu glauben es handelt sich schlicht und einfach um Filmfehler.

Bei jedem zweiten Schlagabtausch hat man das Gefühl es fehlt die entscheidende Aufnahme, die dem ganzen einen Sinn oder Übersichtlichkeit verleihen könnte. Und gerade als man versucht ist diesen Film abzuschreiben besucht Bond- jawohl !!! - Österreich, die Bregenzer Festspiele, Tosca.

Wir waren völlig verloren im Gewirr, die Realität war nicht mehr fassbar, aber plötzlich der erste Haltegriff in diesem Chaos. Großartige Szenen, in denen Bond eine Konferenz der "Bösen" aufdeckt, parallel montiert mit der Opernaufführung. Und Stück für Stück wird von nun an das Grundgemälde wieder freigelegt, zumindest so gut es geht, ohne es zu beschädigen.

Der Tachismus weicht den Strukturen, vereinzelt brechen da wieder Harmonien zwischen dieser Atonalität hervor und gerade da wissen wir diese umso mehr wirklich zu schätzen, wo sie sich gegen den widerlichen Lärm des Rauschen durchsetzen können.

Wir erkennen Fetzen von Menschen und ihren Schicksalen, von der Welt und wie sie zu funktionieren scheint. Aber was wir da zwischen all den Unschärfen erkennen, muss uns nicht unbedingt gefallen, denn es zeigt uns, dass wir zwischen Gut und Böse nicht mehr unterscheiden können. Selbst Bonds Gegenspieler, von Marc Amalric als diabolisch-skrupelloser Geschäftsmann angelegt, ist nur ein Spielball des Marktes.

Wenn er Öl liefert (oder zumindest so tut), dann braucht er sich keine Sorgen zu machen, dann sind CIA und MI6 auf seiner Seite, egal ob- in diesem Film sind's Bolivianer - die Armen kein Wasser haben, was in einer für einen Bondfilm ungeheuerlich sozialkritischen Bilderfolge mit eindeutigen Anleihen an Babel sehr eindringlich dargestellt wird. Und wenn nicht, dann wird er halt umgebracht...

Dieser Film hat rein gar nichts mit den herkömmlichen Bond-Klischees zu tun. Es geht um gebrochene Menschen, die in einer gebrochenen Welt nur noch um des Kämpfen Willens kämpfen und dabei nicht mehr verstehen wofür.

Die Realität scheint zu komplex geworden zu sein. Dieser Film fühlt sich an wie eine weitere Facette der Finanzkrise. Man erfährt hier und dort etwas, legt sich hier und da eine Kausalität zurecht, warum und wie irgendwas passiert ist, aber kein Mensch versteht wirklich was da abgeht.

Und deshalb behaupte ich jetzt mal, dass dieser Film überraschenderweise überhaupt nicht kommerziell war. Actionszenen, die keinen Spaß machen, fast kein Humor, Depressionen an allen Ecken und Enden, eine visuelle Form, die einfach nur anstrengend war und dazwischen noch das pure Chaos. Das war alles andere als gemütlich. Ausgerechnet aus seinem größten Film hat Regisseur Marc Forster, der immer Filme am Rande der Hollywood'schen Legalität (aber leider niemals die Gesetze so richtig gebrochen hat), doch tatsächlich einen 230 Millionen Dollar Kunstfilm gemacht und hält uns dabei zwei riesig erigierte Mittelfinger vor die Nase.

Ich sage nur Vorsicht, wenn ihr so weiter macht, dann hat der übernächste Bond kein Publikum mehr. Aber wahrscheinlich wollen uns die Broccolis eh nur wieder auf Spaß-Bonds hinkonditionieren und quälen uns jetzt ein bisschen mit diesem Quäntchen Trostlosigkeit.

James Bond 007 - Ein Quantum Trost Bild 1
James Bond 007 - Ein Quantum Trost Bild 2
James Bond 007 - Ein Quantum Trost Bild 3
James Bond 007 - Ein Quantum Trost Bild 4
James Bond 007 - Ein Quantum Trost Bild 5
FAZIT:

Kein Bond, kein Bourne, einfach ein depressiv-komplex-verschachtelt-verwackelter Bilderrausch gehalten in diffizilen Grautönen der Armut und Überforderung. Schwer zu fassen, aber gerade deshalb ein Erlebnis!

WERTUNG: 8 von 10 Schnittfehlern
TEXT © Ralph Zlabinger
Dein Kommentar >>
Wolfgang | 26.11.2008 10:17
Für mich einer der besseren Bonds, und einer der unpeinlichsten. Ich habe mich prächtig unterhalten und es stimmt dass Craig einen markanten Bond abgibt. Ich hatte wenig Probleme mit den schnellen Schnitten der Actionszenen da ich diese eher auf mich einwirklen ließ als zu versuchen jeden Handgriff zu verstehen.
Die Story ist eine der besten überhaupt, ich mein, samma uns ehrlich, die alten Bond-Handlungen sind ja teilweise grottenschlecht und lächerlich, im Vergleich dazu ist das hier die reinste Dokumentation. 8/10 fehlenden "mein name ist bond. james bond."
Ralph | 27.11.2008 00:04
Danke!!!! Ich war schon so einsam auf meiner Pro-Seite ;-)
>> antworten
Nico | 18.11.2008 13:19
Hm. Ich bin enttäuscht. Enttäuscht, dass es nach dem fulminanten Casino Royale so weiter geht und enttäuscht, dass Marc Forster da Regie führte... -

Ich saß im Kino und langweilte mich schon fast... sogar bei den wenigen Actionszenen... - keine einzige überzeugte mich und drückte mich in den Stuhl.
Es wurde Bourne gecovert, wo nur ging... und, ganz schön frech im Schnitt kachiert.
Nicht die Wackelkamera empfinde ich als enervierend... es ist in QuoS einfach dieser unverschämte, desorientierende Schnitt und der Wahn einen Augenblick in 6 Einstellungen zu zeigen... - Was zur Hölle soll das??? Meinte da Forster, er könne so Dynamik entstehen lassen??

Eine Sequenz war dann doch ganz hübsch anzusehen... der CGI- Sprung aus dem Flugzeug. Das wars auch schon. Alles andere hab ich woanders schon besser aufgelöst gesehen...

Und wo war der Charme des neuen Bond in diesem Teil? Craig Daniel hart und verbissen... und so weit weg von Sympathie. Schön und gut, die Entfremdung, die Zerstörung der Bondfigur... aber irgendwie schien es mir, als wäre man da einen Schritt zurück gegangen und nicht den nötigen Schritt nach vor.

Die Mängel an Figur und Handlung muss man da den Autoren in die Schuhe schieben.
Handlung plätschert so dahin, Figur wird von einem zum nächsten Level getreten... oft scheint Bond selbst nicht zu wissen, was er da grad sucht... (etwa am Hafen?)

Bondgegner, okay. Mathieu Amalrics Blick, sein Lächeln, sein für seine Größe und harmlose Ausstrahlung unheimlicher Auftritt im Finale... - sehr überzeugend. Hat mir gefallen.

Olga und Arterton... hübsch anzusehen. Bei Olgas Background... naja... ein bisschen mehr Komplexität hätt ich mir schon gewünscht... ein bisschen mehr Undurchschaubarkeit. So brav, so zerbrechlich... - hmmmm. zu wenig.

Auch der vielgelobte Tosca-Teil hat mich nicht gerade umgehauen. Schnitttechnisch ein Gräuel. Aber das ist Geschmackssache.

Von mir gibs 5 von 10.. für den Score aber einen Punkt mehr, also 6 von 10 hochauflösende Handycamaufnahmen


Andreas Berger | 20.11.2008 21:50
Nächstes mal gehen wir alle vorher Hand in Hand mitm Ralph spazieren und schnappen "frische Luft". Oder Whatever. :-)
Nico | 21.11.2008 00:19
;) da nehm ich dann meine Sauerstoffflasche gleich
mit... -

Ich glaub, damit würde ich sogar Far Cry
aushalten... euphorisch.-
>> antworten
Bernhard | 10.11.2008 10:25
Ich finde deine Sichtweise sehr interessant und denke, dass man das durchaus reininterpretieren kann ... allerdings es trotzdem nur reiner Zufall ist, dass es funktioniert. Oder der Stolz darauf, dass Bregenz mit dabei ist, hat dich verblendet ;) - wobei ich die Szene in Bregenz auch gut fand - um ehrlich zu sein, die einzig halbwegs gelungenen 5 Minuten des ganzen Films. Wäre das ganze wirklich als Kunstfilm angelegt gewesen, hätte es dafür viele andere peinlich-konstruierte Szenen (zB der "Mordversuch" im Auto von Camille an Bond) nicht geben dürfen. Ausser man will sein Kunstwerk gut tarnen, damits wirklich nur die wenigsten verstehen ... aber das geht dann vermutlich doch zu weit :-)

PS: Miami Vice ist hingegen wirklich klasse und Stinkefingerkino :-)
Ralph | 10.11.2008 14:18
Ich fand ja den Film lustigerweise auch ziemlich mies während er lief. Beim Abspann wusste ich dann gar nicht mehr was ich davon halten sollte. Aber als sich das alles langsam zu setzten begann, war ich dann irgendwie begeistert...

Und wie gesagt, ich habe Miami Vice genau umgekehrt erlebt. Deine Quantum of Solace Kritik passt für mich haargenau auf Micheal Mann's Film...
>> antworten
Nic | 10.11.2008 08:15
was hast du konsumiert vor der filmvorstellung? ;-)

die masse, mich eingeschlossen, erwartet sich bond zu finden wenn bond draufsteht...ned mehr, ned weniger, nix anderes :p
Ralph | 10.11.2008 09:06
Ich hatte sehr viel frische Luft an diesem Sonntag:-)
Harald | 10.11.2008 11:15
"Natural High" also. sehr vernünftig :)
>> antworten