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It Follows

It Follows

HORROR: USA, 2014
Regie: David Robert Mitchell
Darsteller: Maika Monroe, Lili Sepe, Jake Weary, Daniel Zovatto, Keir Gilchrist

STORY:

Es gräbt sich tief unter die Haut, ein Gefühl das dich nicht mehr loslässt. Es klopft an der Wand, es schmettert seine Fäuste gegen die Tür, es schlägt durch die Fenster: es verfolgt dich. Du kennst es vielleicht, manchmal kommt es in der Form eines Menschen den du liebst, nur um dich umso stärker zu zerstören oder um dir klar zu machen, dass es kein Entkommen gibt. Du kannst laufen, aber du kannst dich nicht verstecken. Es kommt langsam auf dich zu, sehr langsam, aber es kommt. Wo auch immer du bist, du vergisst nicht: es kommt.

KRITIK:

"Ein ausgesprochen ästhetischer Mindfuck. Streckenweise ernsthaft unheimlich.", schreibt der filmtipper Harald auf seiner Facebook-Seite und Kollege Gregor legt gleich nach und lobt den Score. Und Recht haben sie: IT FOLLOWS brilliert gleich von Anfang an mit seinen haunting pictures, seinem bizarren und hypnotisierenden Rhythmus und - ja - allen voran mit seiner hervorragenden Musik von Disasterpeace, wodurch die Intensität der Szene immens potenziert wird. Leider werden meine Reviews immer 1000 Wörter lang, an sich könnte man es bei diesem Statement belassen. Der Film ist ein obskurer Mindfuck, yes, und er zieht seine Bahnen tief in das Knochenmark, yes, aber eines musste ich dann doch loswerden: IT FOLLOWS ist streckenweise leider auch ernsthaft langweilig.

Die bekannteste Horrorfilm-Trope der Welt (nein, nicht die, dass der Killer immer ein zweites Mal kommt), dient hier als Aufhänger: nur die Jungfrauen überleben Death by Sex, sozusagen. Ist der Fluch den man sich in IT FOLLOWS einfängt doch durch Sex übertragbar (ob geschützt oder nicht spielt hier keine Rolle, obwohl es nach dem Film diesbezüglich ein wenig Diskussionsstoff gab). Die notgeilen Jugendlichen sind ja allesamt promiskuitiv, da vermehrt sich der Geistervirus quasi wie von selbst.

Eines Tages erwischt es die hübsche Jay (natürlich, in Horrorfilmen sind sie immer hübsch), die nach einem kurzen Liebesabenteuer von ihrem Sexpartner plötzlich entführt wird. Dieser fesselt sie an einen Stuhl um ihr - sonst würde sie es nicht glauben - vorzuführen, mit welcher Kraft sie es nun zu tun hat. Und holy fuck, was nun auf Jay (und uns) zukommt - im wahrsten Sinne des Wortes - ist unbestreitbar grausam, unbarmherzig und unaufhaltsam. Jeder Schritt Entfernung zählt.

Regisseur David Robert Mitchel hat DAS Filmmonster der letzten Jahre auf die Leinwand gezaubert. Und dabei stimmt der Terminus Filmmonster nicht einmal, denn Monster haben meist wenigstens ein Gesicht. Das Wesen in IT FOLLOWS lässt sich schwer beschreiben, es drängen sich Vergleiche wie albtraumhaft oder irreal auf, zwar hat das "Monster" einen Körper, doch keinen festen, erscheint nie in selber Form und es ist vor allem eines: allgegenwärtig. Der eine Schatten zuviel. Das Wissen, dass hinter der Tür jemand lauert. Der Grund für das Knirschen des Bodens zur Stunde des Wolfes. IT FOLLOWS ist viel zu gruselig, dass man genauer darüber nachdenken möchte und wer sich diesen Film spätnachts, alleine zu Hause antut hat sie nicht mehr alle. Selten hat mich ein Film NACH der Vorstellung so sehr gegruselt.

Dass liegt auch daran, dass hinter der Idee viel mehr liegt, als hinter der Präsentation. Das /slash-Programm bringt es gut auf den Punkt "IT FOLLOWS ist ein abgründiger Urangstfilm" und gerade diese Angst macht ihn so stimmungsvoll und bemerkenswert. Leider hält sich die Stimmung nicht durchgehend und das liegt hauptsächlich an den Figuren und dem mageren Drehbuch.

Warum müssen Horrorfilme auch immer im Milieu von irgendwelchen Teenies spielen? Nicht einmal SCREAM 4 schafft es abseits der hormongetriebenen Zielgruppe zu fischen. Der hätte allen Grund dazu gehabt, zur Abwechslung mal Erwachsene an das Messer zu liefern, ist Sidney mittlerweile keine Studentin mehr. Bei IT FOLLOWS liegen die Gründe auf der Hand, ist das "Monster" eindeutig eine metaphorische Missbildung des generischen Teenage-Angst Begriffs: IT FOLLOWS sprüht aus jeder Pore die jugendliche Angst vor der körperlichen Zweisamkeit und lässt vor allem nicht mehr los. Leider reicht das nicht, um bei den "Opfern" das selbe Interesse zu wecken, die das "Monster" bereits geweckt hat.

Die erste Assoziation meiner besseren (und klügeren) Hälfte war augenblicklich die Graphic Novel BLACK HOLE, in welcher den Jugendlichen nach dem Geschlechtsverkehr abnorme Deformationen wachsen und sie sich deswegen gezwungen fühlen, verstoßen und abseits der Zivilisation von nun an ihr Dasein zu fristen. Eine weitere Assoziation bildete sich beim Revue passieren des Filmes: der Film erinnere sehr an Sofia Coppolas THE VIRGIN SUICIDES und auch das stimmt in meinen Augen auf mehreren Ebenen: Coppolas Film ist ebenso ein langatmiger Film mit selbstverliebten Figuren und einer angeblich authentischen Darstellung der jugendlichen Lebensweise. Er ist einer dieser Filme, der lieber Fragen aufwirft, als Antworten zu geben (und das ist okay, ich muss auch zugeben, ich bin weder Fan von Sofia Coppolas Filmen - mit der einen Ausnahme - oder der Romanvorlage von Eugenides). IT FOLLOWS verhält sich mit seinen Figuren ebenso: es wird wenig geredet, Blicke werden gewechselt und der Dialog besteht vorwiegend aus dem, was nicht gesagt wird. Und wie gesagt - das ist vollkommen okay, wenn die Figuren so gezeichnet sind, dass es klar ist, was zwischen ihren Nicht-Wörtern schwebt, oder dass es mich zumindest interessiert. Und das tut es nicht.

Die Jugendlichen in David Robert Mitchells (zwei Vornamen-Namen werden ab jetzt immer ausgeschrieben!) Film sind idealisierte Heranwachsende, deren Persönlichkeiten genau so viel Originalität tragen, wie die leicht bekleideten Fleisch-Pakete in Slasherfilmen. Statt den Cheerleadern und den Jocks haben wir hier stattdessen die Dostojewski-lesenden einfühlsamen, die-Welt-versteht-uns-nicht-aber-wir-verstehen-die-Welt Dreamboys- and Girls, die sich (wie in Gedichten 15-jähriger) in ihre Vorstellung eines erwachsenen und reifen Lebens flüchten. Und nein, mich stören Dostojewski-lesende Jugendliche keineswegs und ich finde sie auch keineswegs unglaubwürdig - mich stören nur diese, die das auf ihrem Ariel-BH-iPad tun und ihr Leben in der heilen-Vorstadt-Welt-mit-Kanten durch scheinbar tiefsinnige Zitaten im richtigen Augenblick kommentieren. Who the fucks does that? "Hey, ich hab hier ein Kafka-Zitat, das passt sehr gut zu unserer ausweglosen Situation" ist das neue "Wir sollten uns trennen", zumindest in Indie-Horrorfilmen. IT FOLLOWS trieft von diesen Zweck-Figuren, die nicht zur Stimmung beitragen, sondern mich träge aus dem Film gerissen haben.

Es ist durchaus klar, welches Lebensgefühl David Robert Mitchel einfangen wollte: die Liebe in den Zeiten des Hedonismus, bestehend aus Bier, Sex und lauen Sommernächten und einer Schulpflicht wie in Brezinas Knickerbockerbanden-Büchern. Hier ist das Auto das ultimative Symbol der Freiheit, Freundschaft ist der stille Blick zwischen zwei wunderhübsch-ängstlichen Menschen und alle Gefühle werden durch zwei Adjektiven mit einem Bindestrich in der Mitte umschrieben (ja, der Autor weiß, wovon er redet - ihr solltet mal seine Gedichte lesen, die er mit 15 verfasst hat). Das unterstreicht der Film auch sehr schön mit seinen Bildern, seinem beängstigenden Score (da hat jemand von den letzten Fincher-Filmen abgeschrieben) und seiner feinen Ästhetik. Die Kamera dreht sich in 360° und alles um dich herum ist eine Bedrohung, alles um dich könnte dich verfolgen, doch das Gefühl erlischt, wenn du in die kalten und nichtssagenden Gesichter des Casts blickst.

Und das Gefühl von Paranoia, schleichender Angst, ständiger Bedrohung und schierer Ausweglosigkeit wird einem plötzlich genommen (klingt wie eine Allegorie fürs Erwachsen werden, Coming-of-Age and stuff, ihr wisst schon, whatever). Und das ist schade, denn das ist genau das Gegenteil, was mir der Film vermitteln will.

Trotzdem. IT FOLLOWS ist schon ziemlich, ziemlich gut und er funktioniert auf einer Ebene, die ich bei Horrorfilmen so schmerzhaft vermisse. Mich hat der Film letztendlich auch ein bisschen an den Poltergeist-Thriller ENTITY und/oder das fantastische Musikvideo "Fantasy" von DYE erinnert (nur, halt, ohne das ganze Call of Cthulhu Ende). Irgendwie ist der Reiz der Angst an der aufkeimenden Liebe/Sexualität auch da, ja wirklich. Ich mag Coming-of-Age-Geschichten eigentlich sehr gerne und die Angst sitzt bei dem Film auch tief in den Knochen, wäre nicht dieses große ABER: diese faden und typisch idealisierten Figuren, die mich so genervt haben, so sehr, dass der Film seine soghafte Wirkung verloren hat. Zum Glück hat er sie in den Szenen in denen er funktioniert, auch sofort wieder gefunden. IT FOLLOWS ist zwar nicht immer, aber wenn, dann so richtig: ein wahrhaftiges haunting picture.

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FAZIT:

Wenn IT FOLLOWS funktioniert, dann richtig. Ein unheimliches und verstörendes Stück Film das mit einer mächtigen Portion Angst aufwartet, das sich lediglich in seinen faden Figuren verliert, die leider zu viel Raum einnehmen. Dennoch ein albtraumhafter Grusel und ein "Monster" das seinesgleichen sucht.

Ziemlich genau ein Jahr nach seiner Premiere am /slashfilm-Festival ist IT FOLLOWS jetzt regulär im Kino zu sehen.

WERTUNG: 7 von 10 Schritten Entfernung
Dein Kommentar >>
uncut71 | 25.07.2020 16:18
Top Film mit einer ganz eigenen Handschrift und vor Allem der Score! Fand ihn absolut Klasse! Genau wie bei The Neon Demon, das Subtile macht die Mischung und den Reiz aus!
>> antworten
Cheetah | 03.12.2018 01:50
Magere Kost. Von Horror kann wohl nicht die Rede sein! Nicht einmal die Story ist durchdacht.
>> antworten
Tim | 07.08.2015 23:04
Großartiger Film. Und die Charaktere fand ich persönlich endlich mal wieder glaubwürdig. Aber Geschmackssache halt, nech? 9/10
P.S. Dank deiner Freundin für den Tipp mit "Black Hole". Sofort gekauft beim Comichändler meines Vertrauens. Auch großartig.
>> antworten
Rolf | 16.07.2015 19:10
Also ich würde den Film auf eine Stufe mit "Nightmare On Elm Street" stellen. Wieder einmal fand ich einen Film derart konstant unheimlich und bis zum Schluss völlig unberechenbar, dass ich gar keine Schwächen analysieren konnte, weder währnd noch nach der Vorstellung. 9 von 10 Punkten auf jeden Fall.
>> antworten
Anon | 14.07.2015 23:44
Hey, schon der 5 gute Filmtipp in jetzt ca 5 Jahren der nicht auf meinem Radar war! :Danke
Dabeim mit 7/10 unterhalb der Note hier für Ramsch bewertet.
Der Film gruselig? Nie, dafür aber unterhaltsame Comedy.
>> antworten
Andreas | 14.07.2015 00:30
"Schulpflicht wie in Brezinas Knickerbockerbanden-
Büchern"...
lol! großartig.
>> antworten
Pat Bateman | 29.09.2014 01:14

Beim diesjährigen FFF mit als Favorit gehandelt,
werde ich ihn wohl bei Gelegenheit sichten. Btw.
würde mich freuen, wenn über kurz oder lang eine
Rezension zu Next of kin (1982) erscheinen würde,
darf auf dieser Seite unter der Rubrik "Classics"
eig. nicht fehlen.
Federico | 29.09.2014 02:43
Ich entblöße mich hiermit mal als unwissende
Nudel, aber, hä? Ich werd's googeln und bei
Gefallen besorgen, versprechen kann ich ohnehin
nie etwas aber 80er Jahre Filmtipps können ja
fast gar nicht schlecht sein. Danke. :)
Pat Bateman | 30.09.2014 20:00

Immer gern. Next of kin (nicht zu verwechseln mit
dem gleichnamigen Film von `89) ist eine
weitestgehend vergessene Ozploitationperle. Leider
bis dato außerhalb Australiens auf DVD
unveröffentlicht.
vimeo.com/58148798
HELLVIS | 01.10.2014 10:30
Und hier die gute Nachricht: den Film gibt's auch bei uns auf DVD,
der deutsche Titel lautet:

"Montclare - Erbe des Grauens".

Auf jeden Fall ein super Streifen!!! Hier ein wunderschöner Trailer:
youtube.com/watch?v=P1ksujq3JNc
HELLVIS | 01.10.2014 10:35
also, genauer: "Next of kin" ist unter dem Namen "Montclare - Erbe
des Grauens" bei X-Rated (hat dieses obskure Label also doch die eine
oder andere Perle in seinem Exploitation-Misthaufen vergraben) auf
deutsch erschienen.
>> antworten
Harald | 28.09.2014 21:03
"Wer sich diesen Film spätnachts, alleine zu
Hause antut hat sie nicht mehr alle."


Die Steigerung wäre: Den Film in einer fremden
Wohnung ansehen und dann spätnachts alleine nach
Hause gehen, irgendwohin, wo keine U-Bahn
hinfährt und die Straßenbeleuchtung ausfällt ...
brrr.
Dabei hat der Film die meiste Zeit bei übrigens
wunderschön gefärbten Tageslicht gespielt. Und
photografisch war das sowieso die reinste Orgie.
Mit den Figuren hast du schon auch ein bissl
recht, aber du bist zu streng zur Jugend ;-)
8/10
Fedi | 28.09.2014 23:07
Ich weiß, ich weiß. Aber als die Brillenträgerin
ganze Passagen aus dem Idiot vortrug, ohne auf
ihrem Minibildschirm auch nur einmal
umzublättern, hats mir gereicht. Ich wollte
aufstehen und "kauf dir ein Buch du ipad-opfer!"
schreien. Und bis auf die Hauptfigur und der Typ
der in sie verliebt war, kann ich nicht wirklich
sagen, WARUM der Rest des Casts überhaupt
anwesend war. Um hübsch auszusehen,
wahrscheinlich. Und russische Autoren zu
rezitieren, offensichtlich. ;)
Fedi | 28.09.2014 23:08
Und was du da vorschlägst grenzt an Wahnsinn. Ich
hab mich nach der Vorstellung ab und zu umgedreht,
bis mir dann gedämmert ist warum ich das mache.
Brrr.
>> antworten