SCIENCE-FICTION: USA, 2014
Regie: Christopher Nolan
Darsteller: Matthew McConaughey, Anne Hathaway, Jessica Chastain, Matt Damon, Michael Caine, Mackenzie Foy uvm.
Eine nicht allzu ferne Zukunft. Auf der Erde wächst nichts mehr. Pflanzenkrankheiten zerstören die Lebensmittel, die Menschen können auf lange Sicht nicht mehr ernährt werden. Der industrielle Fortschritt ist in den Hintergrund geraten, die wichtigsten Menschen sind nun die Farmer. Auch das Raumfahrtprogramm wurde eingestellt, die NASA bekommt keine Gelder mehr für ihre Forschung. Somit wurde Cooper vom NASA-Piloten zum Farmer. Allerdings fühlt er sich zu Höherem berufen.
Ja, ich muss es zugeben, ich bin verliebt. Verliebt in diesen Film, es ist keine dieser großen Lieben, die wir so nur aus Hollywood-Lovestorys kennen, nein, es ist ein kleiner Funke in der Magengegend, ein Kribbeln im Bauch, ein schüchternes Lächeln, das mir die Wangen rötet, wenn ich an Interstellar denke ...
Dieser Funke entzündete sich bereits vor knapp einem Jahr, als der erste Trailer verbreitet wurde. Wie auch sollte man einem Science-Fiction-Film widerstehen können, ich jedenfalls kann es nicht. Lang hab ich dem Tag unseres ersten Dates entgegengefiebert. Und da kommt dieser Film mit einer intensiven Wucht auf mich zu, dass mir die Schmetterlinge aus dem Arsch fliegen. Noch dazu ist gerade meine innige Liebe für Matthew McConaughey entbrannt, der seit True Detective auf meiner persönlichen Liste der besten Schauspieler sehr weit oben rangiert.
Auf der Erde vergehen 169 Minuten - in meinem Kopf ein Gefühl von unendlicher Zeitspanne, in der dieser Film nachhallen wird. Die Gravitation dieser Wucht von Film lässt meine Zeit gerade langsamer vergehen und presst meine Masse in den Kinosessel, aus der sie sich am liebsten nie wieder erheben würde. Unendlich könnte es so weitergehen. 10140 Sekunden für die Ewigkeit.
Keine einzige Sekunde habe ich mich gelangweilt, über etwas anderes nachgedacht, als über diesen Film, über das was Nolan da geschaffen hat, mit all seinen Stärken und Schwächen. Wie die Menschheit nunmal selbst und wie dieser Film am Ende auch. Denn all das, was kritisierbar ist, rückt angesichts der Stärken in den Hintergrund. Verschwindet am Horizont, und taucht vielleicht so oder so ähnlich am anderen Ende eines Wurmlochs in einem anderen Universum wieder auf. Es ist nämlich vollkommen egal, dass vielleicht einige Theorien so nicht vereinbar sind, denn andere sind es und alles was möglich ist existiert.
Sicherlich ist dies auch nur eine Theorie, und eine recht persönliche noch dazu. Natürlich hab ich mir auch Gedanken darüber gemacht, dass Interstellar der Vorwurf gemacht wird, zu hohe Ansprüche an sich selbst zu stellen. Das war aber beim Betrachten des Films für mich nicht existent. Ganz und gar nicht, da herrschte nur innige Zuneigung. Es ist, was es ist. Was, das muss jeder für sich selbst definieren.
Schon der Anfang führt so liebevoll in die Charaktere (die allesamt hervorragend besetzt sind) ein, und das braucht nunmal seine Zeit. Hier wird das Fundament gelegt und dieses trägt einen solide bis zum Schluss. Zu viele Köche verderben den Brei? Und zu viele Geschichten lassen den Blick für das Wesentliche verlieren? Nicht hier, hier nicht! Mein Blick war glasklar und ich denke Nolans auch. Er verliert sich eben nicht in unendlichen philosophischen Monologen, fällt nicht in ein schwarzes Loch aus dem es kein Entkommen gibt, nein, er präsentiert etwas erfrischend anderes, das uns doch so alltäglich erscheint. Er macht etwas begreifbar, was sowieso nicht begriffen werden kann und ist für meinen Geschmack eben nicht zu verkopft, sondern versprüht durchaus Freude an dem was er da tut.
Und das was er da tut, macht er verdammt gut! Gerade genug Science-Fiction und Drama, um die Spannung hochzuhalten. Vielleicht an manchen Stellen einen Tick drüber, aber nicht ohne Grund. Selbst gegen Ende, als ein kleiner Moment kommt, den ich mir so nicht gewünscht hätte, verfliegt dieser Gedanke so schlagartig wieder, weil es diesen Moment braucht, dieser Film braucht diesen Moment. Auch das Ende ist nur logische Konsequenz aus dem was wir vorher gesehen haben. Ursache und Wirkung.
Handwerklich perfekt, dramaturgisch bislang so noch nie gesehen. Hervorragend getragen von Hans Zimmers Kompositionen. Und eben doch ein großer Spaß, der auch den Humor nicht missen lässt, der vor allem durch die beiden Bordroboter entsteht, die sicherlich eine Hommage an Lautlos im Weltall sind. Interstellar ist sich seiner Vorbilder bewusst und versucht sie doch nicht zu kopieren, sondern erschafft eine eigene Welt, ein Universum im Universum. Verbunden durch ein von Menschen geschaffenes Wurmloch. Durch eine Verbindung die Nolan schlägt, und das so feinfühlig, dass wir gar nicht bemerken, was uns da eher zufällig berührt - was diesen Funken bei mir entzündete, der langsam zu einem Waldbrand heranwächst.
Interstellar jetzt im Kino und genau dort sollte er auch gesehen werden!
10140 Sekunden für die Ewigkeit - ja, ich sage es nochmal, denn einmal reicht hier einfach nicht! Nolans Interstellar ist ein Film der sich seiner Vorbilder bewusst ist und doch nicht in ein schwarzes Loch aus unendlichen Wiederholungen fällt, aus dem es kein Entkommen gibt. Nolan schlägt eine Brücke, erschafft etwas vollkommen Neues und berührt uns dabei so zufällig, dass wir auch die philosophischen Betrachtungen liebevoll in uns aufnehmen. Dass wir Mensch werden und unseren begrenzten Horizont überwinden können, denn Interstellar gibt uns ein Gefühl von Unendlichkeit in einem endlichen Leben. Zeit spielt keine Rolle, ist sie doch nur relativ. Deshalb sind 10140 Sekunden hier gut investiert.