THRILLER: USA, 1999
Regie: Michael Mann
Darsteller: Al Pacino, Russell Crowe, Christopher Plummer, Diane Venora
Der Film erzählt die wahre Geschichte von Jeffrey Wigand, der nach seinem Rauswurf aus dem Tabakkonzern Brown & Williamson in der Öffentlichkeit, trotz unterschriebener Verschwiegenheitsklausel, aussagen will.
KRITIK:MIAMI VICE-Regisseur Michael Mann traf mit seinem epischen Thriller-Drama
HEAT 1995 bekanntlich voll ins Schwarze und räumte nicht nur beim Publikum,
sondern auch bei der Kritik deftig ab und wurde fortan als Regisseur, der immer für
Qualitätsarbeit gut ist, bekannt. Umso enttäuschender also das Einspiel- und
Gesamtergebnis von THE INSIDER, der gut vier Jahre, in Deutschland um ein weiteres
halbes Jahr, später in die Kinos kam.
Al Pacino war wieder mit dabei und an seiner
Seite stand diesmal Russell Crowe, noch vor seinen goldenen Zeiten, die mit Scotts
GLADIATOR begannen und der allgemeinen Sicht nach mit Howards A BEAUTIFUL MIND
ihren Höhepunkt fanden. Trotzdem können die großen Namen die Enttäuschung bei THE INSIDER kaum lindern.
Michael Mann wirft seinen Film zwar kräftig in Schale, orientiert sich vor allem
stilistisch an seinem letzten Film. Da fällt schnell die unkonventionelle
Kameraführung auf, perfekt getimt auch der Schnitt, der das spannende Kameraspiel
immer wieder ergänzt. Und dann eben nicht zuletzt die farbgesättigten Bilder, man
denke an dessen Brillanz bei COLLATERAL; fast schon obligatorisch bei Mann, dass
seine meisterhafte Visualisierung fasziniert.
Doch trotzdem vermag der Funke in THE INSIDER nicht überzuspringen. Das Problem liegt
dabei in der Vorlage: THE INSIDER basiert auf einem realen Fall, die beiden Namen
von den Hauptpersonen Jerry Wigand und Lowell Bergman entstammen, genau wie das lose
Story, der Realität, der Rest ist bis auf das Ende reine Fiktion - noch nicht mal
besonders ergiebige.
In Wirklichkeit zog der vermeidliche Skandalfall nur ein lahmes Interview nach sich,
ohne Antworten und überhaupt ohne wahren Inhalt, und so auch der Film. Das ist
angesichts des Potenzials schade, denn Manns Film weckt mit jedem Bild, jeder Szene
Interesse, die Enttäuschung kommt dann ebenfalls nicht von schlechten Eltern, weil
sich dahinter nicht viel mehr als Stereotypen und aufgeblasenes Over-Acting
verbergen.
Selbst wenn man alle Schwächen ausblendet, kann der Film nicht
funktionieren, weil er sich in Themenbereiche begibt, in die er eigentlich gar nicht
hin will: Es geht im Grunde genommen nur über Journalismus und dessen Moral. Über
das Rauchen weiß er nur: Rauchen ist ungesund - so viel Substanz bekommt man sogar
am Zigarettenautomaten verklickert.
Der Fall von Jeffrey Wigand, der trotz unterschriebener Verschwiegenheitsklausel
gegen die Tabakindustrie aussagen sollte, wirft zwangsläufig die Frage auf, wie es
in der Tabakindustrie denn nun aussieht, hinter der Fassade. Anwälte verschiedener
Tabakindustrien befanden das damals als gefundenes Fressen und versuchten mit aller
Gewalt die Veröffentlichung des Films zu verhindern - doch selbst die mussten leer
ausgehen, Mann hält keine Antworten parat.
Ein Film der Gesten und Stereotypen, über 150 Minuten suggeriert uns THE INSIDER
komplexe Charakterstudie zu sein, weckt Interesse, doch wie gesagt, dahinter steht
ausschließlich prätentiöse Pacino-Show. Wer den Pacino schon immer mal in der
schlechtesten Rolle seiner Kariere sehen wollte, kommt so selbstverständlich auf
seine Kosten. Narrative Rundungen fehlen, demzufolge reicht es nicht mal für
halbwegs goutierbaren Zeitvertreib.
Bislang der schlechteste Film im Oeuvre von Michael Mann, selbst die sonst guten Schauspieler können die gravierenden Schwächen nicht wettmachen.