OT: Quel maledetto treno blindato
ACTION/KRIEG: I, 1977
Regie: Enzo G. Castellari
Darsteller: Bo Svenson, Peter Hooten, Fred Williamson, Michael Pergolani
Frankreich, 1944: Die amerikanische Militärpolizei will eben eine Gruppe Deserteure abtransportieren, als ein Überraschungsangriff der Nazis den Männern die Flucht ermöglicht. Zwischen den Frontlinien müssen sich die titelgebenden verwegenen Hunde mit amerikanischen Spionage-Trupps, bösen Nazis und der französischen Resistance herumschlagen. Werden Sie ihr Ziel, die sichere Schweiz erreichen? Oder wird der Krieg aus ihnen Helden wider Willen machen?
KRITIK:Man ahnt es schon: Die Story ist eher Nebensache und dient
lediglich als Aufhänger für zahllose Actionsequenzen,
in denen Italiens Action-Regisseur Numero Uno - die Rede ist natürlich von
Enzo G. Castellari (Keoma, Metropolis 2000) - einmal mehr zeigen kann, wieviel kurzweiliges Kawumm man aus einem Budget in der Größe
einer Thunfischpizza herausholen kann:
Hämmernde Maschinengewehrsalven sorgen für hohen Bodycount an allen Fronten,
die Pyrotechnik wirbelt die Stuntmen meterhoch durch die Lüfte (eingefangen in schicken Zeitlupen-Aufnahmen),
halsbrecherische Motorrad-Stunts und waghalsige Sprünge auf fahrende Züge sorgen für Staunen.
Der Tonfall ist locker-flockig, wobei ich vermute, dass es sich um Humor der
unfreiwilligen Sorte handelt. Wenn britische Theatermimen SS-Männer darstellen und mit steinerner Miene
Befehle wie "Errrschießn Sä dä Gäfangänän" bellen,
drängt sich der Verdacht auf, dass Comicautor Walter Moers am Drehbuch
mitgeschrieben hat. Da passt auch trefflich, dass ein deutscher Deserteur den schönen Namen
Adolf trägt, was in der Deutschfassung aus unerklärlichen Gründen auf Armin geändert wurde.
Die Grundsatzfrage, ob es moralisch vertretbar ist, das Dritte Reich zum
Abenteuerspielplatz für großmaulige Ganoven umzufunktionieren, stellt sich
italienischen Exploitationfilmern naturgemäß eher nicht.
Schieben wir also die Political Correctness-Bedenken einmal elegant beiseite und freuen
wir uns lieber auf ein Wiedersehen mit charismatischen B-Film-Recken wie Bo Svenson und Fred Williamson,
die hier Coolness-Punkte am laufenden Meter sammeln.
In einer der schönsten Szenen treffen unsere coolen Haudegen auf eine
Gruppe nackter Nazi-Mädels, die ausgelassen in einem Wasserfall
plantschen. Die Männer können ihr Glück kaum fassen und springen umgehend
aus der Uniform. Doch als die deutschen Mädels Fred Williamson in seiner ganzen
dunkelhäutigen Pracht erblicken, packt sie die Angst vorm Schwarzen Mann.
Zum Glück liegen die Schießeisen in Griffweite, und die Gretchen ballern wild um sich.
Wenn das nicht nach einem Tarantino-Remake schreit. *g*
Rechtzeitig zum Kinostart des Remakes bringt Koch Media Inglorious Bastards - Das Original als ungekürzte Neuauflage in die DVD-Regale.
Aufgewertet wird diese rundum erfreuliche Veröffentlichung durch ein eigens produziertes 45-minütiges
Making Of und Interviews mit Quentin Tarantino und Enzo G. Castellari. Wer sich auch nur ansatzweise für gute schlechte Filme begeistern kann,
bestellt noch heute.
Die aufwändige DVD-Veröffentlichung von Enzo G. Castellaris kurzweiligen, erstaunlich spannenden und actionreichen Abenteuerfilm mit Schauplatz Zweiter Weltkrieg sollte das Herz jedes Italo-Exploitationfreunds höher schlagen lassen - und die Wartezeit auf Tarantinos heiß ersehntes Remake ein wenig verkürzen.