LOVESTORY: Korea, 2006
Regie: Chan-wook Park
Darsteller: Su-jeong Lim, Rain, Yong-nyeo Lee
Young-goon muss als Kind miterleben, wie ihre geliebte Großmutter, die sich für eine Maus hält und nur mehr von eingelegtem Rettich ernährt, von Männern in weißen Kitteln in eine Anstalt gebracht wird. Wäre Sie ein Cyborg gewesen, wäre dies nicht passiert. Denn Cyborgs sind stark, Cyborgs sind unaufhaltsam und Cyborgs haben kein Mitgefühl. Bei ihrer Arbeit in einer Radiofabrik stellt Young-goon überraschend fest, dass sie die Stimmen der Maschinen hört. Logische Schlussfolgerung: Sie ist doch ein Cyborg, muss jedoch erst mit Energie aufgeladen werden. Die Pulsadern werden aufgeschnitten, ein Stromkabel angesteckt und mit der Steckdose verbunden.
Als Young-goon wieder erwacht, findet sie sich in einer Anstalt wieder. Von da an beginnt Sie mit den Maschinen zu reden. Ihr großes Problem: Sie braucht Energie und Cyborgs vertragen aber kein normales Essen.
Ein weiterer Insasse ist Il-sun. Er zeigt sich immer mehr fasziniert von Young-goon, beobachtet mit zunehmender Sorge wie sie wegen Nahrungsmangel immer schwächer wird und versucht verzweifelt eine Möglichkeit zu finden, sie wieder zu Kräften kommen zu lassen. Il-Sun ist der Überzeugung, dass er, sobald er auf seine wenigen Eigenschaften als Mensch reduziert wird, für die Welt dermaßen unbedeutend wird, so dass er wie ein kleiner Punkt von der Welt verschwinden muss. Daher hat er die Fähigkeit entwickelt, anderen Personen ihre Eigenschaften und Seelen zu stehlen und sie auf sich selbst zu übertragen.
Young-goon hört die Stimme ihre Großmutter, die ihr befiehlt, die Ärzte in den weißen Kitteln zu töten. Jedoch kann sie dies nicht, da sie von ihrem Mitgefühl zurückgehalten wird. Da bittet Sie Il-Sun diese Eigenschaft von ihr auf ihn zu transferieren. Der junge Mann tut wie ihm befohlen und Young-goon startet zum blutigen Rachefeldzug
So ganz scheint Park Chan-wook (Oldboy, Lady Vengeance) nicht so recht wegzukommen von seinem Lieblingsthema
Rache - auch wenn er einmal eine Liebeskomödie macht.
Jedoch sollte man davon Abstand nehmen, diesen Film mit seinen anderen Werken zu vergleichen.
Allgemeiner noch, vielleicht sollte man Abstand nehmen, diesen Film ÜBERHAUPT mit irgendeinem anderen Film zu vergleichen.
Wir tun es trotzdem: Es ist eine Liebesgeschichte im Stil von My Sassy Girl oder Science of Sleep, jedoch mit einer Stringenz von Big Bang Love, Juvenile A in Brecht'scher Erzählweise.
Mancher wird sich fragen, ob Park Chan-wook vielleicht wahnsinnig geworden ist - und tatsächlich findet man seinen Namen im Vorspann u.a. auch auf dem Namensschild eines Irren.
Dies ist auch gleich ein Beispiel für den subversiven Humor, der den Film prägt. Natürlich muss man über die geistesgestörten Insassen und ihre Ideen immer wieder mal schmunzeln - jedoch vergisst der Film nie darauf hinzuweisen, dass hinter dieser lustigen Fassade tiefgründige philosophische und psychologische Ansätze stehen - und verwirrt absichtlich dadurch sicher 85% der RezipientInnen, denn nicht immer ist alles so leicht zu verstehen wie der Titel: Es ist OK ein Cyborg zu sein, solange es nur niemand merkt. Und wenn es jemand merkt, muss man sich entweder selbst ändern - oder die Umwelt solange sich ändern, bis es eben OK wird.
Gespielt wird alles hervorragend von Lim Su-jeong (A Tale of Two Sisters, Sad Movie)
sowie Neuling Jung Ji Hoon, der für seine Leistung gleich zweimal den Preis als bester Newcomer-Schauspieler einheimste.
Auch der Soundtrack ist wie immer exzellent und knüpft nahtlos an den überarbeiteten klassischen Stil von "Lady Vengeance" an.
Schade, dass der hierzulande nicht aufzutreiben ist. Bildtechnisch gibt es wie immer bei Park Chan-wook nichts zu meckern. Klare, bunte Bilder prägen den Film, Schnitt und Cuts wie gewohnt Spitzenklasse.
Dieser Film wird sicher dem großen Tross der Leute nicht gefallen: Er wird nicht allen Freunden des koreanischen Films gefallen. Er wird nicht allen Fans von Park Chan-wook gefallen. Und schon gar nicht wird er allen Verehrern der Vengeance Trilogie gefallen. Zu anders, zu besonders ist dieser Film - vermutlich seiner Zeit zu weit voraus um von jedermann verstanden zu werden - aber: That's OK.
Der Film lief selbst in Korea nur zwei Wochen lang. International erfreute er sich aber größerer Beliebtheit und gewann sogar auf der Berlinale den Alfred Bauer Preis, der für Filme vergeben wird, die neue Perspektiven der Filmkunst eröffnen. Ein passender Award.
Auf jeden Fall hat das Celluloid großen "Replay"-Faktor für PhilosophInnen und auch Freunde von originellen Liebeskomödien werden voll auf ihre Kosten kommen - sofern sie nicht ruhigen Sequenzen und verwirrenden Zwischensprüngen abgeneigt sind. Mir auf jeden Fall hat's sehr gut gefallen.