OT: I walked with a Zombie
HORROR: USA, 1943
Regie: Jacques Tourneur
Darsteller: James Ellison, Frances Dee, Tom Conway, Edith Barrett
Eine kanadische Krankenschwester wird nach Haiti beordert, um die Frau eines reichen Plantagenbesitzers zu pflegen. Dort angekommen verliebt sich die Krankenschwester nicht nur in den Plantagenbesitzer, sondern findet auch heraus, dass ihre Patientin Opfer eines Voodoozaubers geworden ist ...
Wer nicht nur Interesse für die fraglos nicht unwesentlichen Gore und Kutteln des Zombiefilms, sondern auch für dessen Geschichte hegt, wird so sicher wie die Made beim ZOMBIE HING AM GLOCKENSEIL irgendwann auf Jacques Tourneurs ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE stoßen.
Dieser Film, aus der Hand des französischen Regisseurs, dem wir neben diesem noch weitere Horrorfilmklassiker wie KATZENMENSCHEN oder NIGHT OF THE DEMON zu verdanken haben, ist im Jahre 1943 entstanden. Somit ein Urahn jenes Genres, das zwar nicht mit Romeros NACHT DER LEBENDEN TOTEN geboren wurde, aber durch diese eine Revolution erfuhr.
Mit dem Zombie als schlurfenden Menschenfresser, wie er 1968 in Pittsburgh neudefiniert wurde, haben Tourneurs lebende Tote nichts gemein. Seine Zombies sind noch nicht losgelöst von ihren haitianischen Wurzeln, die selbstredend in den alten Mythen, Legenden und Wundern des Voodoos liegen. Demnach ist der Zombie hier (noch) nicht der untote Kannibale, zu dem ihn Romero und das moderne Horrorkino gemacht haben, sondern wird als willenloses, schlafwandlerisches, entseeltes, ja, irgendwie verlorenes und tragisches Geschöpf dargestellt. Kein Virus, keine Umweltverschmutzung, keine Strahlen aus dem All verweigern ihm das Grab; es ist viel mehr der Zauber des Bokor, eines haitianischen Hexenmeisters.
Wo bei Romero die lebenden Toten in Horden auftreten, gibt es bei ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE nur deren zwei. Die gespenstische Traumwandlerin Christine Gordon und der äußerst bedrohlich wirkende Darby Jones geben dennoch ein denkwürdiges Zombie-Pärchen ab. Sie haben dem Genre ein ebenso bedeutsames Gesicht gegeben wie der unvergessene Bill Hinzman, jenem berühmten "Zombie", dem die Geschwister Barbara und Johnny in Romeros NACHT DER LEBENDEN TOTEN auf diesem gottverlassenen Pittsburgher Friedhof zuallererst begegnen.
Und wo DIE NACHT DER LEBENDEN TOTEN, obgleich ebenso wie ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE noch in altehrwürdigem Schwarz/weiß gedreht, bereits geballten modernen Zombiehorror zelebriert, bedient Tourneur die stille Klaviatur des Grauens. Keine Menschenfresseraktivitäten, keine Belagerungen, keine Tabubrüche; ja nicht einmal Spannungsdramaturgie nach den Regeln des heutigen Genrekinos. Dafür immer wieder unheimliche, subtile Bilder und ein meisterliches Spiel mit Licht und Schatten.
Ohnehin sind die wohligen Schauer bei diesem Klassiker abseits seiner oberflächlichen Handlung zu suchen. Diese entpuppt sich nämlich recht schnell als Drama, als Liebesgeschichte mit Mystery-Elementen; ganz ähnlich wie auch Hitchcocks REBECCA eher eine solche denn ein hundertprozentiger Psychothriller gewesen ist. Apropos REBECCA: Von Sidomaks Drehbuch zu ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE lassen sich so einige Parallelen zu REBECCA's Geschichte ziehen; welche übrigens bekanntermaßen auf einem Roman von Daphne Maurier basiert.
Somit stand beim ZOMBIE nicht nur Baron Samedi Pate; sondern auch die Maurier.
Was leider bedeutet, dass wir selbst an einem düsteren Ort wie dieser unheimlichen, von Voodoo-Trommeln erfüllten Plantage irgendwo in Haiti nicht von kitschigen Romanzen verschont werden. Doch selbst zuckersüße Liebesschwüre verwandeln sich in beklemmende Bedrückung angesichts der düsteren Bilder und den lauernden Schatten, die J. Roy Hunts Kamera vor unseren Augen erschafft. Dazu die gespenstische Musik von Roy Webb und grabestiefe Zeilen wie "The glitter of putrescence. There is no beauty here; only death and decay. Everthing good dies here, even the stars..." Auch wenn dieser Zombiefilm völlig auf Bisse in menschliche Kehlen verzichtet; einige ausgesuchte Leckerbissen an morbider Gesinnung sowie Bild- und Wortgewalt gibt es sehr wohl.
I WALKED WITH A ZOMBIE ist allerdings ein Traumgang, der zwar reich an Atmosphäre ist, aber auch etwas arm an Laufzeit. Nach 66 Minuten ist der Spuk auch schon vorbei. Trotzdem: Wer eine gänzlich anders geartete, weil sehr viel gemäßigtere, aber dennoch gespenstische NACHT DER LEBENDEN TOTEN erleben will, kann diesem Zombie getrost folgen. Er wird zu einem Film geführt werden, der zwar nicht auf Hochspannung und Schocks setzt, aber dafür mit anderen Qualitäten besticht. Seine wenig berührende Liebesgeschichte wird man zugegebenermaßen schnell vergessen haben. Doch Szenen wie die, als Frances Dee in einem Turm des Nachts einem Zombie begegnet, bleiben für immer.
Ein Film, der es versteht, so lyrisch in den dunklen Mythen Haitis zu schwelgen wie I WALKED WITH A ZOMBIE, darf sich mit Recht zu den Klassikern seines Metiers rechnen.
Mit ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE hat der alte Meister Tourneur eine Art REBECCA in der Haiti-Voodoo-Variante geschaffen...- Auch ohne Fleischfresser und trotz angekitschter Love-Story ein ganz früher Klassiker des Zombiefilms. Nicht Hochspannung oder Schockeffekte bestechen, sondern die gespenstische Fotografie von J. Roy Hunt und diese großartige, zwischen subtilem Grauen und Melancholie pendelnde Atmosphäre. Dabei ist ICH FOLGTE EINEM ZOMBIE weder großes Drama noch ein auf Rabiates ausgelegter Horrorfilm, sondern eine leise, doch stimmungsvolle Beschwörung der alten Geister des Voodoos. Wem das alles zu unblutig ist, sollte eines nicht aus den Augen verlieren: Die Wiege des Zombies steht nun einmal nicht in Pittsburgh, sondern auf Haiti.