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Holiday

Holiday

DRAMA: DK, 2018
Regie: Isabella Eklöf
Darsteller: Victoria Carmen Sonne, Lai Yde, Thijs Römer

STORY:

Es war wahrscheinlich keine besonders gute Idee von der jungen Sascha, vom hart verdienten Drogengeld ihres Lovers, dem Clan-Boss Michael ein paar Hunderter abzuzweigen. Es war wahrscheinlich auch keine besonders gute Idee, sich überhaupt mit diesem Typen einzulassen. Aber was verstehen Außenstehende schon? Wo er doch so ein reiches, mächtiges, sexy Arschloch ist. Egal, wie sehr er sie erniedrigt, manipuliert und misshandelt ...

KRITIK:

Mit einigen Jahren Verspätung hat es endlich den Weg in meinen Player gefunden, das als "Skandalfilm" gehandelte Regie-Debut HOLIDAY der dänischen Regisseurin Isabella Eklöf.

Mit sonnendurchfluteten, fast schon geometrisch durchkomponierten Bildern, die an Ulrich Seidl erinnern, begleitet die Kamera einen dänischen Gangster-Clan beim gemeinsamen Urlaub an der türkischen Riviera. Der Fisch schmeckt vorzüglich, der Wein detto, und zur Entspannung wird der jungen Frau, die etwas angespannt wirkt, ein weißes Pulver ins Getränk gemischt. "Das wird lustig", verkündet Michael, der schmierige Gangleader, nach dessen Pfeife alle tanzen. In der nächsten Szene sehen wir die junge Frau regungslos im Hotelbett liegen, Michael auf ihr, und man fühlt sich extrem unangenehm an die breit diskutierte Geschichte über den einen alternden deutschen Rockstar erinnert.

Es wird noch entschieden unschöner. Ein Schleier konstanter Bedrohung liegt über jeder Szene, und die Befürchtung, dass jederzeit mit dem Schlimmsten zu rechnen ist. Das Geschehen kumuliert in "der einen" viel diskutierten Szene, die mich mangels Vorab-Recherche ziemlich unvorbereitet getroffen hat. Es ist jedenfalls einer dieser Momente, bei denen man sich verwundert die Augen reibt und nicht glauben will, was man da gerade sieht. Ist das Gezeigte gar "unsimulated"? Nein, werde ich auf Facebook aufgeklärt. In einem Publikumsgespräch bei einem Festival-Auftritt erklärte die Regisseurin, dass eine Art "Prothese" eingesetzt wurde. Und dass sehr viel choreographische Vorbereitung nötig war.

HOLIDAY ist ein Psychogramm einer abusiven Beziehung, die, je länger sie läuft, immer mehr ins Psychopathische kippt. Man fragt sich (naiverweise):  Mädel, warum lässt du das mit dir machen? Warum verlässt du das Arschloch nicht einfach? Und dann erinnert man sich an zahlreiche Zeitungsartikel der #metoo-Ära, in denen Frauen beschreiben, wie schwierig es ist, sich von einem gewalttätigen Partner zu trennen. Neben den nachvollziehbaren Erklärungen - Scham, Verdrängung, Gaslighting, die Weigerung, sich selbst als Opfer zu sehen, Selbstbetrug - liest man da auch irritierende Aussagen. Dass die Beziehung mit dem Täter - von den gewalttätigen Auszuckern abgesehen - doch auch so verdammt leidenschaftlich gewesen ist. Dass es ein Stück weit "romantisch" sei, in einer Beziehung zu sein, die Außenstehende nicht verstehen. Davon handelt der Film letztlich: Von der irrationalen erotischen Anziehungskraft von männlichem "sexy" Alphatier-Arschloch-Verhalten.

Holiday Bild 1
Holiday Bild 2
Holiday Bild 3
Holiday Bild 4
Holiday Bild 5
FAZIT:

Filmisches Psychogramm einer abusiven Beziehung, in durchkomponierten, sonnendurchfluteten Bildern. Als hätten Gaspar Noe, Catherine Breillat und Ulrich Seidl gemeinsam Urlaub gemacht. Letzteren nennt Regisseurin Isabella Eklöf (Drehbuchautorin von "Border" und "So finster die Nacht") als zentralen Einfluss.

WERTUNG: 8/10
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