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Höllenjagd auf heiße Ware

Höllenjagd auf heiße Ware

OT: New York chiama Superdrago
EUROSPY: I/F/BRD, 1966
Regie: Giorgio Ferroni
Darsteller: Ray Danton, Marisa Mell, Margaret Lee, Jess Hahn

STORY:

Merkwürdige Dinge geschehen in einem Provinzkaff irgendwo in Michigan: Frauen prügeln sich ohne Anlass! Und Männern rast das Herz. Superagent Super Drago bzw. Dragon (je nach Synchronfassung) ist zwar im Urlaub, soll aber der Sache auf den Grund gehen, nachdem bereits zwei seiner Kollegen bei den Ermittlungen das Zeitliche gesegnet haben. Dabei stößt auf einen etwas umständlichen Welteroberungsplan. Und eine Spur, die nach Amsterdam führt. Dort wachsen nicht nur Tulpen...

KRITIK:

...sondern auch Kaugummis, die mit der Psychodroge Synchro 2 bzw. Sychron 2 (je nach, nunja, Synchronfassung) verseucht sind. Nun sind die Holländer ja durchaus für ihre Coffeeshops bekannt, in denen man alles andere als Kaffee bekommt. Aber auf so eine Schnapsidee muss man erst kommen.

Nur wie effektiv kann ein Welteroberungsplan sein, der darin besteht, dass hinterher alle glücklicher sind? Wie kann man mit Drogen die Welt erobern, wenn der einzige Effekt darin besteht, dass sich ein paar Damen gegenseitig zu Boden schmeißen? Es soll Männer geben, die für so ein Spektakel bezahlen! Und warum müssen sie in Mingvasen geschmuggelt werden? Wäre die übliche Wrigley's-Verpackung nicht unauffälliger? Von den Verpackungskosten will ich erst gar nicht reden.

Das soll jetzt bitte nicht als Kritik verstanden werden. Denn genau für solch realitätsverweigernde Hirnverschwurbelungen liebe ich den Eurospy. Wo Bond noch zurückzuckt, weil es einfach zu absurd ist, im Eurospy geht das locker durch. Und SUPERDRAGO ist einer der Filme, auf man sich wie ein Kind freut.

Denn alles ist für Eurospy-Fest da: Eine unfassbar bescheuerte Ausgangssituation. Jede Menge Gadgets, zum Beispiel Kuckucksuhren mit Geheimnachrichten. Ein obercooler Agent, der den Damen die Zigarette anzündet, sie ihnen dann aber wegnimmt und selbst raucht. Eine Poolszene. Eine Tanzszene, bei dem alle Mädel zum Twist zucken. Dazu Marisa Mell! Und Margaret Lee! Hach...

Leider, leider funktioniert davon kaum etwas. Je länger man zuschaut, desto länger wird auch das Gesicht. Der Funke springt einfach nicht rüber. Mal ist die Kamera zu weit weg vom Geschehen, mal stimmt die Dramaturgie nicht: Der edle Maskenball in der feudalen Villa ist zum Beispiel nicht der Höhepunkt, sondern kommt viel zu früh. Verschenkt. Dafür ist das Finale ist ein Witz (Achtung, so called Spoiler: Bösewicht in der Mühle, Agent kommt rein, erschießt ihn, Bösewicht jammert, fertig).

Überhaupt der Bösewicht: Ich war erst erschrocken, als da ein Typ steifer Butler präsentiert wird. Zum Glück ist er tatsächlich nur der Helfershelfer. Bloß - so richtig angsteinflößend war der Supergangster nun auch nicht. Da hätte ich angesichts der beknackten Welteroberungsidee doch etwas deutlich diabolischeres erwartet. Dabei hat es Hitchcock doch allen Filmstudenten ins Lehrbuch geschrieben: Ein Film ist nur so gut wie sein Bösewicht!

Und die Damen? Es ist bezeichnend, dass unser Agent am Ende in die Arme einer Nebendarstellerin fällt, die bis dahin nur einmal kurz zu sehen war. Marisa Mell sieht erstaunlich eingefallen und alt aus, dabei wird sie ein Jahr später bei Bava endgültig zum Sexsymbol werden. Und die personifizierte Sexbombe Margaret Lee ist schlicht fehlbesetzt, sie geht als Sidekick einfach nicht durch.

So weit, so schlecht. Ein paar Sachen funktionieren natürlich doch. Etwa das "Strombad", das wird nicht nur genüßlich süffisant vorgestellt, es sieht auch hübsch bunt aus, wenn es im Betrieb ist. Und dann ist da noch das Gespräch auf der Bowlingbahn zwischen unserem Helden und einem Mitglied der Organisation. Kurz bevor der sein Geheimnis preisgibt, wird er aus einem vorbeifahrenden Auto erschossen. So ist es deutlich zu hören. Wunderbar, denn das lässt gleich zwei Schlüsse zu:

Erstens geht da eine Straße mitten durch die Bowlinganlage. Zweitens ist das Auto unsichtbar. 

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FAZIT:

Auch Agenten schießen mal daneben. Super Drago rettet zwar die Welt, aber nicht den Film. Der gibt zu Beginn ein Versprechen, das er nicht einlösen kann. Egal in welcher Synchro- oder Synchronfassung. Aber richtig böse sein kann man ihm auch nicht. Bei einer so dämlichen Ausgangsituation. Und solch charmanten Einladungen: "Tell me, had you ever a bath in electricity?"

WERTUNG: 5 von 10 Luftmatrazen in der Hosentasche
TEXT © Marcel
Dein Kommentar >>
Axel K. | 19.02.2022 09:28
... spiegelt doch den Zeitgeist angemessen wider, bestimmt billig produziert, die Kameraführung versucht doch, fehlendes Budget durch Einfallsreichtum auszugleichen - für diese Art B-Movies sollte man die dazu notwendige Empathie aufbringen, neuzeitliche "Rosinenpickerei" unpassend.
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Erich H. | 28.01.2017 17:15
Sehr schön, endlich wieder Eurospy. Meine Hoffnung auf Matt Helm-Film-Besprechungen steigt. ;-)
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