BIOGRAPHIE: USA, 2016
Regie: Theodore Melfi
Darsteller: Taraji P. Henson, Octavia Spencer, Janelle Monáe, Kevin Costner, Kirsten Dunst, Jim Parsons
Virginia 1961 - im Süden der USA ist die Rassentrennung Alltag. Und die großen beruflichen Herausforderungen sind selbstverständlich den Männern vorbehalten. Doch weil die NASA mitten im Wettlauf mit der UDSSR um die Eroberung des Weltraums wirklich jeden brillianten Kopf dringend benötigt, gibt es im Langley Research Center - nahezu unter Ausschluss der Öffentlichkeit - eine Abteilung mit afroamerikanischen Mathematikerinnen, sogenannten Computern, deren Aufgabe es ist, mittels Errechnung komplexer Gleichungen die Voraussetzungen für den ersten Mann im All zu schaffen.
Die wahren Geschichten von drei dieser Computers erzählt "Hidden Figures": Die hochbegabte Katherine Johnson (Taraji P. Henson), die eines Tages wegen Personalmangels aus dem dunklen Kämmerchen der Computers mitten ins Zentrum der Planung des ersten bemannten Raumflugs berufen wird; Dorothy Vaughan (Octavia Spencer), die de facto als Supervisorin arbeitet, der ihre weiße, latent rassistische Vorgesetzte (Kristen Dunst) diesen Titel dennoch nicht offiziell zugestehen möchte; und Mary Jackson (Janelle Monáe), die sich nicht mit der Tatsache zufrieden geben möchte, dass afroamerikanische Frauen keine Chance haben sollen, Ingenieur zu sein.
Ein großer Hollywood-Film in dessen Zentrum drei afroamerikanische Frauen stehen, das ist nicht nur nach den letztjährigen #oscarssowhite bemerkenswert. Auch Stoffe rund um weibliche Hauptprotagonisten haben es 2017 immer noch ungleich schwerer, ein Budget aufzustellen, als solche mit männlichen Leads. Die Stars Kevin Costner (als Al Harrison, Leiter der Space Task Group), Kirsten Dunst und Jim Parsons (als Space Task Group-Ingenieur) sind den historischen Tatsachen geschuldet und lenken bei "Hidden Figures" nie vom wahren Kern der Geschichte ab, die auf so wenig bekannten, wie erstaunlichen Begebenheiten beruht.
Erzählt wird diese Story ungemein unterhaltsam und gleichzeitig überaus dringlich. Ein scheinbarer Spagat, der hier perfekt funktioniert. Zu verdanken ist das einem erstklassigen Drehbuch, das die Biografien dieser drei afroamerikanischen Pionierinnen geschickt verwebt, sie als selbstbewusste Frauen und, trotz widriger Umstände, nicht als Opfer zeichnet. Und das es versteht, der Absurdität der Rassentrennung sogar humoristische Momente abzugewinnen, welche diese Schande der amerikanischen Geschichte aber nie banalisieren. Getragen wird das Ganze freilich von den drei Damen. Henson, in den USA als Hip-Hop-Mogulin mit Hang zum Kriminellen in der Serie "Empire" endgültig zur Ikone aufgestiegen, erobert einmal mehr die Bühne mit ihrer mitreißenden Spielfreude. Spencer ist sowieso immer eine sichere Bank. Und für die vor allem als R&B-Sängerin bekannte Monáe markiert 2016 das Jahr, in dem sie sich quasi aus dem nichts (auch dank einer in den USA gefeierten Rolle in "Moonlight") in die Oberliga Hollywoods katapultieren konnte.
Das Ergebnis sind zwei lehrreiche Stunden über eine wesentliche Facette der Geschichte der Raumfahrt, die mir davor absolut unbekannt war (ähnlich ging es offenbar dem Team hinter "Apollo 13" - zumindest wurde auch hier unter den Tisch fallen gelassen, dass eben jene Katherine Johnson die Berechnungen für den Rückweg des Unglücksflugs anstellte). Dazu einige weitere WTF-Momente über die Geschichte der amerikanischen Bürgerrechte - ein Aspekt, der mich immer und immer wieder fassungslos nach Filmen über dieses Thema zurücklässt, denn nie werde ich begreifen können, wie Menschen so etwas einander (zumal in einem der zivilisiertesten Länder der Welt) antun konnten. Und schließlich hat man mit "Hidden Figures" mal wieder einen Film gesehen, in dem guten Menschen gute Dinge passieren. Ganz ohne unnötiges Drama. Und das ist zur Abwechslung wahrlich nicht das Verkehrteste.
Sicherlich in seiner Machart nicht der innovativste Film, sondern vielmehr absolut solide erzählt. Das Bemerkenswerte hier ist das, was erzählt wird. Wer sich mal wieder einen Film gönnen will, wo man nicht bangen muss, dass um die nächste Ecke was ganz Arges lauert, und wer ein bestens gelauntes Ensemble durch eine erhellende wahre Geschichte mit Sixties-Flair begleiten will, der wird mit "Hidden Figures" seine helle Freude haben.