FANTASY-SCIENCE-FICTION: I/USA, 1983
Regie: Luigi Cozzi
Darsteller: Lou Ferrigno, Sybil Danning, Brad Harris, Ingrid Anderson, William Berger, Gianni Garko
Zeus spielt Schicksal und erschafft einen Helden: Herkules. Doch Herkules wird zum Spielball zwischen guten und bösen Göttern, die eine Prüfung nach der anderen für ihn bereithalten. Er verliert seine Eltern, und auch seine große Liebe Cassiopeia ist bereits König Minos versprochen - Herkules' größter Feind.
Mein lieber Herr Gesangsverein, da holt Luigi Cozzi aber mal so richtig weit aus. Der Film beginnt gleich mit einem Knall. Mit dem Urknall. Oder das, was sich italienische Effektkünstler darunter vorstellen: ein hübsch buntes Feuerwerk.
Und dabei bleibt es nicht. Was in den folgenden 100 Minuten folgt, lässt einem erheblich an der Funktionalität seiner Sehnerven zweifeln. Aber egal, wie sehr man die eigenen Augen reibt - es ändert sich nichts. Es wird höchstens schlimmer: Sämtliche griechische Sagen, Götter und Mythen werden durcheinandergewirbelt ... und noch einiges mehr. Troja, Atlantis, Athene, Circe, Phoenix, Charon, der Fährmann des Todes, der Koloss von Rhodos und die Büchse der Pandora.
Ich bin nicht so belesen, ob das alles auch nur ansatzweise richtig nacherzählt ist. Aber da Cozzi selbst schon sagt, er hätte auf andere - ältere - Quellen zurückgegriffen, darf man das stark bezweifeln.
Anyway. Wir sehen einen Zeus, der aussieht wie Nikolaus, einen verfilzten Stofffetzen, der als Bär durchgehen soll und jede Menge scharfen Fummel, der die weibliche Formen vorzüglich zur Geltung bringt. Wir sehen putzige Miniaturaufnahmen, die aussehen, als hätte jemand den Fischer-Technik-Baukasten seiner Kindheit wieder herausgekramt. Wir sehen die Erfindung des Perpetuum Mobile, gemalte Lasereffekte en masse und einen richtig bunten Weltraum.
Und ich glaube fest, dass Luigi Cozzi ein Autorenfilmer ist. Er schrieb das Drehbuch. Nach seinen Anweisungen entstanden die Sets. Er führte Regie. HERKULES spielt nicht nur in der gleichen Liga, sondern auch im gleichen Universum wie STAR CRASH. Das alles kann kein Zufall sein.
Der Zufall wollte es aber, dass Cozzi tatsächlich immer mehr die ursprüngliche Idee, nach CONAN auch die alten Herkules-Filme wieder auferstehen zu lassen, zu seiner eigenen Vision machte. Seine Idee, Herkules als Science-Fiction-Film zu inszenieren, war dabei so absurd wie naheliegend. Gerade in Italien war man mit solchen Grenzgängern durchaus vertraut.
Und die Produzenten erkannten schnell den Charme dieser Idee. Zumal die ursprünglich geplante Pornovariante nicht unbedingt dem erwarteten Zielpublikum (nämlich Kinder) entsprach. Cozzi wusste Rat und stand bereit, als der Produzent ihn auf den Regiestuhl setzte.
Filme sind für Cozzi Spielzeug. Ein Mittel, um seine Kindheitserinnerungen wieder zurückzuholen. Sein unverbesserlicher Glaube an das Gute und seine bedingungslose Begeisterungsfähigkeit sind ansteckend. Er lebt seinen Traum. Und er weiß, dass er ein Spinner ist. Er weiß es, und er ist trotzdem überrascht, dass andere das akzeptieren. Dafür muss man ihn einfach knuddeln.
Herkules hebt ab und lässt Superman wie eine präzise forensische Analyse über den Kulturcrash zweier Zivilisationen erscheinen. Jede Szene atmet den unbedingten Willen Luigi Cozzis, uns zum Staunen zu bringen. Dass er dabei grundsätzlich neben der Spur fährt, ist nur konsequent.
Circe: Wer bist du?
Herkules: Herkules.
Circe: Ich weiß!
Vermutlich kann man auch nur so schwerelos und umrahmt von quietschbunten Sternen irgendwo im Weltraum über griechische Mythologie sinnieren.
Koch Media veröffentlicht HERCULES erstmalig als Blu-ray im Mediabook mit drei Discs und Booklet.