OT: Hell - Die Sonne wird euch verbrennen
ENDZEIT/HORROR: D, 2011
Regie: Tim Fehlbaum
Darsteller: Hannah Herzsprung, Stipe Erceg, Angela Winkler, Lars Eidinger, Lisa Vicari
Gewaltige Sonnenstürme haben die Erdatmosphäre sprunghaft um 10 Grad aufgeheizt. Mit fatalen Folgen für Vegetation, Tier und Mensch. Das Land ist versengt, die Hitze unerträglich. Nur wer sich gegen das gleißende Sonnenlicht schützt, hat eine Chance zu überleben. Phillip (Lars Eidinger), Marie (Hannah Herzsprung) und ihre kleine Schwester Leonie (Lisa Vicari) sind in einem abgedunkelten Auto unterwegs in die Berge, auf der Suche nach Wasser und Nahrung. Leider sind sie nicht die Einzigen, und der Kampf ums nackte Überleben beginnt ...
"Ist das wirklich ein deutscher Film", fragten sich sich die ansonsten so verrissfreudigen Kollegen von dasmanifest.com und rieben sich verwundert die Augen. Die Frage ist natürlich berechtigt. Sagen wir's mal so: Bislang war Deutschland ja nicht unbedingt als Hochburg des Endzeit-Horrorkinos bekannt.
HELL ist ein deutscher Endzeit-Film. Und ein verdammt guter noch dazu.
Regisseur Tim Fehlbaum hat in seinem Debut praktisch alles richtig gemacht: Hier ist nix mit nobler Zurückhaltung und (typisch?) deutscher Kopflastigkeit. Von Beginn an wird das Gaspedal voll durchgedrückt. HELL - der Titel lässt sich wahlweise deutsch oder englisch lesen - ist astreines, schnörkelloses, hochprofessionell gemachtes Genre-Kino.
Tim Fehlbaum kreiert eine beklemmende Atmosphäre permanenter Bedrohung und versetzt sein Publikum in Spannungszustände, wie es seit DAS EXPERIMENT keinem deutschen Film mehr gelungen ist. Dabei setzt er auf einen grimmigen Realismus, der der Versuchung, sich in CGI-Exzessen oder Torture-Porn-Sauereien auszutoben, dankenswerterweise widersteht. Die Rolle des ausführenden Produzenten Roland Emmerich dürfte sich auf finanzielle Hilfe beschränkt haben. Emmerich-typische CGI-Materialschlachten bleiben dem Zuseher glücklicherweise erspart.
Gedreht wurde auf Korsika und in einer borkenkäferverseuchten Waldlandschaft in Bayern, was den unangenehmen Realismus des Films noch unterstreicht.
So weit, so gut. Das einzige Problem von HELL ist, dass er knapp drei Jahre zu spät kommt. Anno 2009 war mit John Hillcoats meisterlichem THE ROAD ein inhaltlich und atmosphärisch sehr ähnlicher Endzeit-Film im Kino zu sehen. Nun wäre es aber ein Leichtes, den jungen Regisseur Fehlbaum des Plagiarismus zu bezichtigen. Ernsthaft, welche inhaltlichen Alternativen gäbe es denn für ein realistisches Apokalypse-Szenario? Vielleicht Mad Max-Rennen auf deutschen Autobahnen? Mit aufgemotzten Opel Astras und Til Schweiger als Lord Humungus? Hmm ...
Hitzeflirrendes THE ROAD-Pendant made in Germany. Technisch und atmosphärisch ist dieser Endzeit-Streifen nicht weniger als brilliant. Und verdammt spannend noch dazu. Ansehen!