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Haze

Haze

PSYCHOHORROR: JAPAN, 2005
Regie: Shinya Tsukamoto
Darsteller: Shinya Tsukamoto, Kaori Fujii

STORY:

Ein Mann erwacht ohne Erinnerung in einem Labyrinth aus klaustrophobisch engen Betonschächten voller Stacheldraht und Leichenteilen…

KRITIK:

TETSUO-Schöpfer und Radikalfilmer Shinya Tsukamoto zeigt uns 49 Minuten lang die Hölle.

Ein Irrgarten aus Beton. Kriechgänge, so niedrig, dass die Decke nur wenige Zentimeter über dem darunter liegenden Menschen beginnt. Korridore, die mit so perfiden Fallen ausgestattet sind, dass dagegen selbst der CUBE wie der reinste Erholungskurort wirkt.

HAZE ist in allen Belangen Tsukamotos Kind. Er hat das Drehbuch geschrieben, Regie und Kamera geführt. Er hat den Film produziert und auch gleich selbst die Hauptrolle, den Mann in der Falle, übernommen.

Und er hat mit allen filmtechnischen Kniffen dafür gesorgt, dass wir die Zuschauer den Spießrutenlauf durch eine alles verschlingende persönliche Hölle hautnah erleben.

So werden die ersten knochenharten, unglaublich intensiven zwanzig Minuten zu einer cineastischen Extremerfahrung. Da zwingt uns Tsukamoto zusammen mit seinem Protagonisten ansatzlos hinein in die Dunkelheit. Quetscht uns in die klaustrophobische Enge. Der Schrecken in Nahdistanz. Brillant wie erbarmungslos inszeniert. Das Geschehen immer aus der Perspektive, die am meisten wehtut. Wenn etwa Zähne über Leitungsrohre kratzen. Zahnschmelz an Metall zersplittert. Wenn sich Stacheldraht ins Fleisch gräbt. Oder wenn die Korridore erdrückend eng werden…

Dann trifft der Mann eine Leidensgenossin im Labyrinth und wir nähren uns gemeinsam dem Warum. Der Bedeutung und der Konsequenz dieses ewigen Gefängnisses. Und ob es vielleicht doch einen Ausweg aus der Auswegslosigkeit gibt…

Leider leidet unter dem Licht, das damit ins Dunkle der Handlung kommt, die Intensität. Sie verschwindet zwar nicht, aber sie erreicht nicht mehr diesen quälenden Grad wie in der ersten Hälfte dieses klaustrophobischen Alptraums.

Schade, aber dennoch lässt einen dieser Abstieg in die Abgründe oder besser in die engsten und dunkelsten und schmerzhaftesten Winkel der Seele, etwas beklommen und vor allem beeindruckt zurück.

FAZIT:

HAZE dauert nur 49 Minuten. Sagt da jemand "Zu kurz für einen Film!" oder gar "Lohnt sich nicht?" Nein, nein und nochmals nein. Die Laufzeit ist genau richtig. Denn in der stockfinsteren, Stacheldraht starrenden Betonhölle von HAZE wird sich euer Zeitgefühl verändern. Insbesondere die ersten zwanzig Minuten sind eine filmische Tour de Force, die ihresgleichen sucht. Hier wirft uns TETSUO-Macher Shinya Tsukamoto mitten hinein in einen unglaublich intensiven, quälenden, aber auch beeindruckenden filmischen Alptraum, der mit einfachen Mitteln und extremen Kamerawinkel uns einen ganzen Teller Panik auf einmal auslöffeln lässt. Der Würgegriff lockert sich zwar im letzten Drittel, aber dennoch ist HAZE ein absolut gelungenes filmisches Experiment mit teils schlichtweg genialen Schachzügen aus dem Reich des Psychohorrors.

WERTUNG: 8 von 10 Hammerschlägen
TEXT © Christian Ade
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Dein Kommentar >>
nicht schlecht | 18.12.2009 11:02
Hallo Leute

Hab mir gestern den Film angeschaut und mus sagen ich war begeistert, aber zugleich auch verwirrt (wie wahrscheinlich viele).
Kann mir mal jemand erklären, wie man das Ende verstehen soll?
Und was ist das "Wesen" dass die Leute so zerstückelt?
Handelt es sich jetzt um einen Psychopaten oder nicht?
Bin eigentlich nicht auf den Kopf gefallen und kann Filme dieses Genres ganz gut erklären, aber hier fehlt mir definitiv die ausreichende Kreatitvität.
Danke für eure Antworten
Chris | 18.12.2009 21:28
+++++++++++S P O I L E R !!!+++++++++++

Ja, HAZE ist wirklich ein Film, der sicherlich mehr als eine Deutung zulässt. Andreas´ Kommentar ist ja auch recht stimmig, obwohl ich die Geschichte so interpretiert habe, dass der Mann und die Frau ein lebensmüdes Pärchen sind, die in der realen Welt nach ihren Selbstmordversuchen verblutend in ihrer Küche liegen. Das Betonlabyrinth ist eine Art "Vorhölle", in welcher die beiden Sterbenden gelandet sind. Also eine Art Grenzgebiet zwischen Leben und Tod. Wobei dieser unsichtbare Verfolger der endgültige Tod, das Nichts ist. In dieser Vorhölle kehrt ihr Lebenswille zurück und der Mann kommt in der Küche wieder zu Bewußtsein und kann mit letzter Kraft schließlich einen Notruf absetzen, der die beiden wohl rettet (Daher sieht man die beiden zum Schluß als alte Menschen; ihn auf dem Dach und sie auf dem Foto.)
Also, soweit meine persönliche Interpretation des Films ohne Anspruch auf Richtigkeit. : )
nicht schlecht | 31.12.2009 10:49
Nicht schlecht Chris!
Finde deine Interpretation echt ziemlich gut und schlüssig! Vielen Dank.
Werd mir den Film gleich nochmal unter diesen Aspekten ansehen.
>> antworten
Andreas Berger | 26.08.2009 17:43
Schöne Kritik.

Das Interessanteste am Film ist aber sicher die Interpretation des Gezeigten:

Der Film ist eine Parabel auf das Leben des Menschens in der Großstadt. Immer mehr eingeengt - ohne zu wissen warum - zwischen Kargheit, Betonmauern und Einsamkeit, mit der Sehnsucht nach Freiheit und Liebe.

Doch am Weg sieht man die Toten, die es ebenfalls versuchen wollten, ihr zu entkommen und einen Sinn zu finden in ihrem aktuellen Dasein...

FAZIT:
Geniale Allegorie des Tetsuo (WÜRG!)-Machers.

7 von 10 treibende Leichen im Wasser
>> antworten
Harald | 26.08.2009 16:47
"Wenn Zahnschmelz an Metall zersplittert" - Gnade! Ich hab eh schon so genug panische Angst vorm Zahnarzt...
sara aka spinne | 15.01.2010 22:12
die japaner stehen im krassen kontrast zum roten blut, aufgrund ihrer gelben hautfarbe die den kommunissmus seinerseits wiederspiegelt. Die zunehmende entfremdung durch arbeit wird durch klaustrophobie ausgedrückt die in puren terror und schließlich wahnsinn endet. Das mädchen in dem stück steht für die die sehnsucht eines jeden menschens die ein biologischer grundbaustein der menschlichen psyche darstellt.
alles in allem ist der film ein gelungenes stück humanistischer kritik.
moosacher | 24.01.2011 13:21
49 Minuten, die fast ausschließlich in Dunkelheit spielen? Nein, danke!
>> antworten