OT: Halloween: The Curse of Michael Myers
HORROR: USA, 1995
Regie: Joe Chappelle
Darsteller: Donald Pleasence, Paul Rudd, Marianne Hagan, Mitch Ryan, Kim Darby, Bradford English
Und wieder ist Halloween in Haddonfield. Nachdem es einige Jahre verboten war, wird nun wieder gefeiert - klar, dass da auch Ehrengast Michael Myers nicht fehlen darf. Der ist nämlich auf der Suche nach Jamie Lloyds Baby, denn mit seiner Familie ist er immer noch nicht so richtig warm geworden. Klar auch, dass er eine gewaltiger Blutspur hinter sich herzieht.
Ja, es ist eine wahre Berg- und Talfahrt, diese Jamie Lloyd-Trilogie innerhalb der HALLOWEEN-Reihe. Mit HALLOWEEN 4 – DIE RÜCKKEHR DES MICHAEL MYERS waren wir ganz oben – oder zumindest fast – auf dem Berg und mit HALLOWEEN 5 – DIE RACHE DES MICHAEL MYERS – Rache am Zuschauer könnte man fast meinen – ging’s rasend schnell dem Abgrund entgegen. Mit dem sechsten Teil und damit dem FLUCH DES MICHAEL MYERS haben wir zwar nicht die berühmte goldene Mitte gefunden, aber zumindest ein kleines Plätzchen zum Ausruhen zwischen all dem Hoch und Runter.
Sechs ganze Jahre hat es gedauert bevor Michael Myers nach dem desaströsen Vorgängerfilm wieder auf die Leinwand und das Küchenmesser wetzen durfte. Kein Wunder bedenkt man, welch absolut ungünstigen Voraussetzungen für einen weiteren Teil gegeben waren. Teil 5 hatte absolutes geistiges und filmisches Brachland hinterlassen und zusätzlich noch den gar schröcklichen Man in Black Subplot eingeführt. So hatten die Produzenten im Prinzip zwei Möglichkeiten um weiter zu machen. Die eine Lösung wäre gewesen den fünften Teil schlichtweg zu ignorieren, was jedoch auch wenig zufriedenstellend gewesen sein dürfte. Die andere Möglichkeit – und gleichzeitig jene welche man ergriff – bestand darin zu versuchen den dahingerotzten Hirnschmodder den die Drehbuchautoren sechs Jahre zuvor verbrochen hatten aufzunehmen und irgendwie sinnvoll zu Ende zu führen. Ein im Prinzip aussichtsloses Unterfangen, ein Kämpfen auf verlorenem Posten, denn die Geschichte um den Mann in Schwarz und den, oh so mystischen, Runenkult ist absolute Grütze und hat mit HALLOWEEN in etwa so viel zu tun wie kleine Kätzchen… womit wir wieder bei Teil 5 wären, hrhr.
Davon hatten wir jedoch schon genug in der letzten Besprechung also widmen wir uns jetzt mal ganz und gar seinem Nachfolger, dem FLUCH DES MICHAEL MYERS. Dessen Drehbuch versucht, wie bereits geschrieben, die Handlung des fünften Teils zu Ende zu führen und möglichst viel Licht ins – geistige – Dunkel zu bringen. Die war bereits extrem hanebüchen und Teil 6 reitet sich noch weiter rein. Da hätten wir zum einen die Sache mit der Rune die plötzlich auf Michaels Handgelenk aufgetaucht ist. Plötzlich brennt Michael die nach dem lustigen Morden an seinen Familienangehörigen auch in Heuballen. Genauso plötzlich wie sie eben auf seinem Handgelenk aufgetaucht ist. Doch Doktor Loomis weiß mehr – „Das ist sein Zeichen.“ Achso, ja nee, is klar. Die Rune wird in Zusammenhang mit irgendeinem alten heidnischen Runenkult gebracht – scheinbar eben jener Kult dem auch der Mann in Schwarz und seine Kuttentragenden Kumpanen anhängen. Der Theorie nach mordet Michael also deshalb, weil er das Mal hat und für den Fortbestand seiner Sippe seine Sippe abmurksen muss – oder irgendwie so. Alles schön und gut, Michael scheint sich daran zu halten und nach jener „Sage“ zu handeln. Damit hätten wir wenigstens mal etwas Continuity und sei es nur in den letzten beiden Filmen. Doch dann allerdings lüftet das Drehbuch das Geheimnis um den sonderbaren Kult rund um den Mann in Schwarz und der entpuppt sich einfach nur als durchgeknallter Genforscher, der ganz nebenbei aussieht wie der nette Onkel von nebenan… wenn man’s recht bedenkt ja auch nicht unbedingt beruhigend.
Der gute Herr Genforscher in Schwarz möchte also Michaels DNA um daraus die perfekte Tötungsmaschine zu schaffen. Warum auch immer – vermutlich will er die an die US-Regierung verkaufen, ich hab gehört, die haben Bedarf an sowas. Geklärt wird’s allerdings nicht. Vielleicht sammelt er auch einfach unglaublich gerne Föten in Einmachgläsern oder hängt gerne in alten, verlassenen Irrenhäusern rum. Soll’s ja alles geben. Der ganze Runenkultmist ist also genau das – Mist. Bleibt nur die Frage warum Michael sein Zeichen hat und entsprechend der Runen-Sage handelt, wenn die genauso ein Quatsch ist wie das Drehbuch zu diesem Film. Oder warum Karas dauernd dämlich glotzender Sohn im Traum und auch sonst den Mann in Schwarz sieht und seine Stimmte hört – so wie angeblich auch Michael in der Nacht in der er seine Schwester tötete… und ganz nebenbei noch einen Babysitter hatte. Was zum Geier? – wenn’s im Endeffekt doch eh nur Wynn der fiese Genklempner war.
Fragen über Fragen und Quatsch über Quatsch. Daneben hätten wir noch einige Plotholes, denn das Drehbuch zu HALLOWEEN 6 – DER FLUCH DES MICHAEL MYERS ist auch vom Man in Black-Subplot einmal abgesehen nicht immer schlüssig. Da stellt sich die Frage was es mit dem sehr undurchsichtigen Ende auf sich hat, das zwar gut inszeniert sein mag, aber ein großes Fragezeichen zurücklässt. Da stellt sich die Frage wieso der Trockner auch ohne Strom funktioniert oder wieso Michael einen Abstecher auf den Unicampus macht um ein nerviges Arschloch von Radiomoderator kalt zu machen – wobei, da seh ich drüber hinweg, das fand ich ‘ne nette Sache von Michael.
Doch, ohoo, um nicht nur zu meckern, will ich noch ein, zwei gute Worte über das Drehbuch verlieren – schließlich bewegen wir uns ja hier nicht in den Abgründen eines HALLOWEEN 5, nech. Zum einen wäre da die Idee Tommy Doyle als Michaels Gegenspieler und – quasi –Gefährten Dr. Loomis‘ zu establieren. Tommy Doyle – wir erinnern uns, und wenn wir’s nicht tun, erinnert der Film uns dran… oder hier eben ich – war der Junge auf den Laurie Strode in der Nacht aufgepasst hat in der Michael Myers das erste Mal nach Haddonfield zurückkam um seine offenen Rechnung mit seiner Familie zu begleichen. Da Tommy DIE NACHT DES GRAUENS überlebt hat, ist es nur logisch, dass er ein ernsthaftes Trauma davon getragen hat. In seinem Fall hat dieses Trauma dafür gesorgt, dass er eine gar manische Faszination für Myers und seine Taten entwickelt hat. So lebt er gegenüber dem alten Myers Haus und beobachtet es rund um die Uhr – wobei die Tatsache, dass er Kara beim Umziehen beobachten kann, mit Sicherheit nicht ganz unwichtig ist – und bereitet sich auf eine eventuelle Rückkehr Michaels vor. Ebenso ist es nicht ganz uninteressant, dass die Strodes im alten Myers Haus wohnen und das ohne zu ahnen welch tödliches Erbe sie damit antreten und welcher Gefahr sie damit theoretisch ausgesetzt sind. Von Papa Strode mal abgesehen, aber der ist ein Arschloch – und den Tod hat der eh verdient, sieht Michael ähnlich.
Darüber hinaus bietet das Drehbuch – lässt man die hirngrützige Hintergrundgeschichte um Schwarze Männer und Genetik für Grenzdebile mal beiseite – einige doch recht solide Sequenzen, die vor allem durch die Inszenierung dafür sorgen, dass HALLOWEEN 6 – DER FLUCH DES MICHAEL MYERS doch stellenweise ein ziemlich solider Slasher geworden ist. Regisseur Joe Chappelle der sich nach dieser Arbeit hauptsächlich der Arbeit beim Fernsehen verschrieben hat – einzig erwähnenswerte Ausnahme stellt vermutlich THE SKULLS II dar –, unter anderem führte er Regie bei den Serien CSI: MIAMI und dem AKTE X für Arme FRINGE – DIE GRENZFÄLLE DES FBI, hat eine sehr flotte Sohle aufs Parkett gelegt.
Das Tempo wird zwar nicht durchgehend gehalten, doch über weite Strecken ist HALLOWEEN 6 sehr rasant, so zum Beispiel der Eröffnungssequenz mit Jamies wilder Flucht die in einem verdammt fiesen Tod endet. Auch sorgte Chappelle gerade im zweiten Akt für eine doch recht bedrohliche und halloweenresque Atmosphäre die jedoch spätestens mit dem Eintreffen des Manns in Schwarz ein Ende hat. Von da an geht’s blödsinnig weiter –textlich wie inszenatorisch. Nicht ohne jedoch zuvor mit der ein oder anderen durchaus sehr spannenden Szene zumindest halbwegs entschädigt worden zu sein. So muss Kara ins Myers Haus zurück und in den ersten Stock obwohl sie genau weiß, dass irgendwo da oben Myers auf sie wartet. Das ist spannend. Und, Ehre wem Ehre gebührt, ich muss sagen, dass diese Idee verdammt noch mal mehr Biss hat als der gesamte fünfte Teil zusammen.
Was die Gewalt anbelangt – und die ist in diesem Fall erwähnenswert – geht’s hier so richtig zur Sache. HALLOWEEN war, im Gegensatz zu FREITAG DER 13., ja noch nie dafür bekannt wirklich brutal zu sein – der erste Teil wird sogar niemals richtig explizit – aber zwei Filme schlagen da aus der Art. HALLOWEEN 2, den die deutschen Jugendschützer bis heute vor erwachsenen mündigen Bürgern verstecken möchten, ist schon ziemlich heftig. Doch auch in HALLOWEEN 6 ist Michael wenig zimperlich – so wenig sogar, dass ich mich frage, wieso dieser Film frei verkäuflich ist, Teil 2 aber immer noch im Giftschrank steht. Hier wird geschlachtet und gespritzt – mit Blut! – bis zum abwinken. Höhepunkt dürfte wohl ein explodierender Kopf sein. Für mich braucht’s das jetzt nicht unbedingt bei HALLOWEEN, aber es schadet dem Film auch nicht.
Genauso wenig wie die meisten Darsteller. Donald Pleasence verstarb leider noch während der Dreharbeiten und den wenigen Szenen in denen er auftritt, sieht man ihm an, dass er nicht mehr der Jüngste war. Und doch spielt er noch recht überzeugend und da auch die Figur des Dr. Loomis entsprechend gealtert ist, passt das. Paul Rudd mag ich sowieso, in meinen Augen die ideale Besetzung für Tommy. Rudd hat es ja noch weit gebracht und ist ziemlich erfolgreich im Geschäft. J.C. Brandy als deutlich ältere Jamie Lloyd hat recht wenig Screentime kann aber in ihren Szenen durchaus überzeugen. Devin Gardner als Danny wiederum spielt als wäre er eine Inkarnation des schlechten Teils des Drehbuchs – grottig und nervig. Ansonsten bieten die restlichen Darsteller Slasher-Standardware auf relativ gutem Niveau. Keine Totalausfälle, aber auch keine Anwärter auf den Oscar.
In diesem Sinne. „Enough of this Michael Myers bullshit!”
Das war‘s, damit ist die Jamie Lloyd-Trilogie abgeschlossen und das darf sie auch gerne bleiben. Was mit HALLOWEEN 4 noch gigantisch anfing, verwandelte sich mit Teil 5 in hanebüchenen Schwachfug der schlimmsten Sorte. Mit HALLOWEEN 6 – DER FLUCH DES MICHAEL MYERS konnte die Trilogie zwar nicht mehr gerettet werden, doch man verhinderte ihren Totalabsturz. HALLOWEEN 6 ist kein besonders guter HALLOWEEN-Film aber er ist auch nicht wirklich schlecht. Die Handlung – die man notgedrungen aus Teil 5 weiterführen musste – ist absoluter Quatsch, doch immerhin rasant inszeniert und mit guten Effekten versehen. Alles in allem bekommt man so einen recht soliden Slasher, der teilweise durchaus spannend und atmosphärisch dicht ist und sogar Spaß machen kann. Durch einen ziemlich guten zweiten Akt rettet sich HALLOWEEN 6 noch einmal vor einem Absturz und platziert sich fesch im Mittelfeld. Kein Muss, kann aber.