DRAMA: A, 2006
Regie: Jasmila Zbanic
Darsteller: Mirjana Karanovic, Luna Mijovic, Dejan Acimovic
GRBAVICA heißt ein Stadtteil von Sarajewo. Im Bosnienkrieg wurde Grbavica von der serbischen Armee besetzt und in ein Gefangenenlager verwandelt.
Der Film GRBAVICA erzählt die Geschichte der allein erziehenden Mutter Esma und ihrer Tochter Sara:
Esma wurde im Balkankrieg vergewaltigt. Ihre Tochter lässt sie im Glauben,
ihr Vater wäre im Krieg gefallen ... die Wahrheit verheimlicht sie ihr ... das kann auf Dauer nicht gut gehen.
Diesem Film hat man den heurigen Goldenen Bären (der Berlinale) aufgebunden.
Schrieb Rudolf John, der Großmeister der plumpen Wortspiele, im Kurier.
Für mich gilt ja schon lange: Wenn ein Film im Kurier verrissen wird,
ist die Chance, dass er mir gefällt, ziemlich hoch.
Wirklich 100%ig überzeugen konnte mich der Überraschungssieger der diesjährigen Berlinale jedoch nicht.
Warum?
An der Thematik kann's nicht liegen, im Gegenteil.
Die junge bosnische Regisseurin Jasmila Zbanic verdient größtes Lob für ihren Mut,
die organisierten Massenvergewaltigungen von bosnischen Frauen durch serbische Kämpfer zum Thema eines Spielfilms zu machen.
Tatsache ist jedenfalls, dass die Berlinale den Hauptpreis nicht nur nach künstlerischen, sondern auch nach politischen Gesichtspunkten vergibt.
Wie lange dürfen die Massenmörder Mladic und Karadzic eigentlich noch frei herumlaufen?
Die Schauspieler agieren allesamt
höchst überzeugend, ganz besonders die fünfzehnjährige Film-Debutantin Luna Mijovic.
Woran krankt es dann? Zu allererst an der unprofessionellen deutschen Synchronisation.
Ich frage mich langsam, wer Synchronfassungen von Nicht-Mainstreamfilmen wirklich braucht.
Das anvisierte Arthouse-Publikum sicher nicht -
die wenigen Leute, die sich an diesem Samstag Nachmittag in den hintersten Kinosaal der Millennium City verirrt hatten,
sahen mir jedenfalls nicht danach aus, als würden sie wutschnaubend ihr Geld zurück verlangen,
wenn der Film in Originalsprache mit Untertiteln läuft ...
Bezüglich Drehbuch und Regie gäbe es durchaus noch Verbesserungspotential:
Es ist ja nicht so, dass sich die junge Regisseurin nicht auf klare,
atmosphärische Kino-Bilder verstehen würde.
Bloß: Es sind zu wenige.
Das Gros des Films ist für meinen Geschmack leider zu statisch, zu trist, zu farblos inszeniert.
Die Regisseurin verlässt sich so stark auf die Brisanz ihrer Thematik,
dass sie auf etwas Wesentliches vergisst: Ein wirklich guter Film benötigt auch eine prägnante Bildsprache.
"Nur" politische Anliegen transportieren ist m.E. nicht genug.
Hört sich das nach Verriss an? Sollte es eigentlich nicht.
Unterm Strich ist der Film definitiv sehenswert.
GRBAVICA ist zuerst eine Geschichte über die LIEBE. Über eine Liebe, die unrein ist, weil sie mit Hass, Abscheu, Trauma und Verzweiflung vermengt ist. Es ist auch eine Geschichte der OPFER die - obwohl sie kein einziges Verbrechen begangen haben - immer noch nicht vollkommen unschuldig sind was kommende Generationen betrifft.
Sagt Regisseurin Jasmila Zbanic über ihren Film.
Das Ende ist wirklich beklemmend - und der Hauptpreis der Berlinale gerechtfertigt.
Äußerst couragierter Film über die Auswirkungen eines der schlimmsten Verbrechen des 20. Jahrhunderts: Die organisieren Massenvergewaltigungen im Bosnien-Krieg. Leider nicht ganz frei von Längen, aber definitiv sehenswert. Die deutsche Synchro ist leider furchtbar; wir empfehlen die OmU im Topkino.